Auf dem Synodalen Weg wird gerade sichtbar, dass unsere „deutsche“ Kirchenverfassung ein Produkt des 19. Jahrhunderts ist. Was sich im Preußischen Kulturkampf als geniales Überlebenskonzept der katholischen Minderheit erwies - die Formierung der Kirche nämlich als ein von couragierten Laien getragener Schwarm von Vereinen und Verbänden – hat sich unter den Bedingungen der Gegenwart überlebt. Noch in der Nazizeit ermöglichte diese schwer domestizierbare Kirchengestalt bedeutende Manifestationen katholischen Widerstands. Nach dem Krieg aber erwies sich das einstige Erfolgsmodell sukzessive als strukturelle Verengung.  

Teils führte es in die Vereinsmeierei mit Aktivisten und Karteileichen, dem „Herrn Präses“ und der Jahreshauptversammlung im Zigarrendunst, teils in einen schlecht legitimierten repräsentativen Alleinvertretungsanspruch der katholischen „Laien“ durch das „ZDK“ - ein Korsett, in welches das Fleisch der Kirche spätestens seit den frühen Siebzigern nicht mehr hineinpasste. Oben quoll „Wir sind Kirche“ aus dem Gestänge heraus, unten die Alte Messe, und in den Zwischenräumen konnten die spirituellen Aufbruchsbewegungen nie integriert und ordentlich „eingeschnürlt“ werden. 

Sichtbar wurde das bei Katholikentagen. Einstmals waren sie machtvolle Demonstrationen des Katholizismus, - wenn etwa 1956 in Köln etwa 800.000 Gläubige zur Schlusskundgebung einfanden und die Republik den gesellschaftspolitischen Anspruch der Kirche vor Augen geführt bekam.  So viele sollten nie wieder zusammenkommen. Und auch das Gefühl, in einer geistigen Heimat, einem universellen katholischen feeling baden zu können, sollte schwinden. Die nachfolgenden Katholikentage wurden (nach eine kurzen Spätblüte im Kontext des Zweiten Vatikanischen Konzils) provinzieller, kleiner, älter, pluraler, säkularer, schärfer im Ton – bis hin zu den ebenso heidenteuren wie schlecht besuchten Schauläufen von Polit- und Kirchenprominenz vor der bizarren Kulisse aus bunten Büdchen, Tanzgruppen und Blechbläsern. Nur noch eine bestimmte Klientel goutierte das; andere hielten sich explizit etwas darauf zu Gute, da nicht mehr teilzunehmen. Man mochte sich das aufgesetzte Eiapopeia, die Funktionärswelten, überhaupt das sich aufspreizende Potemkinsche Dorf des politischen Katholizismus nicht mehr anschauen.

Tatsächlich repräsentiert das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“, die Organisation, die hinter dem Kraftakt des Synodalen Weges steht, höchstens noch pro forma den katholischen Laien. Wenn man so will, vertreten die Delegierten etwa 6 Mio. organisierte Katholiken; rechnet man aber genau nach, so haben wir 22 Mio. Katholiken in Deutschland, - wobei das Sternsingermädchen in Herxheim und der Oberministrant in Bobingen wahrscheinlich nicht ahnt, dass er beim BdKJ mitgezählt wird. Dieser Tage schrieb uns eine junge Frau aus Mitteldeutschland: „In meinem Bistum Magdeburg ist fast niemand in einem Verband oder einer geistlichen Gemeinschaft. Dennoch vertritt die Jugendlichen dieses Landes die vom BdKJ geschickte Mara Klein (Anm..: MK bezeichnet sich als divers). Ich gehe mal davon aus, dass die normalen Gemeindejugendlichen sie nicht als typische Vertreterin gewählt hätten."

Zufällig bin ich auch katholisch, habe es aber in meinem ganzen Leben zu keiner Verbandsmitgliedschaft geschafft, es sei denn ich wurde auch heimlich irgendwo mitgezählt. Doch halt, - leide ich schon an ekklesialer Amnesie? Irgendwo war ich „Karteileiche“ – also jemand, der aus einem diffusen Gefühl der Zugehörigkeit heraus noch einen Überweisungsauftrag laufen hatte, aber sich nicht mehr aktiv beteiligen mochte, weil der Spirit nicht mehr stimmte. Vor kurzem bin ich dann doch aus der „Gesellschaft der katholischen Publizisten“ ausgetreten, weil ich bestimmte, die Kirche zerstörende Tendenzen nicht mitfinanzieren wollte. Ich gehöre also keinem Verband (mehr) an und fühle mich von keinem dieser Leute, die jetzt ein lautes „Wir sind die Katholiken, und wir wollen ...“ vertreten. Ich verbitte mir dieses „Wir“, das hinter Positionen geklemmt wird, die gegen Lehre und Recht in der Kirche, und gegen die Einheit mit Rom verstoßen.

Dass es jetzt an der Basis rumort - wen wundert das? Wir sollten allerdings nicht übersehen, dass auf dem Synodalen Weg viele achtbare Persönlichkeiten unterwegs sind und sich hochengagierte Leute ehrlichen Herzens um grundlegende Reformen und die Zukunft der Kirche bemühen. Aber je krasser die Umbauforderungen vorgetragen werden, desto deutlicher wird: Das Konstrukt stimmt nicht mehr. Das „ZdK“ darf sprechen – aber nicht für mich. Und der Synodale Weg darf tagen - aber nicht für mich. Und nicht für viele von den 16 Mio. Katholiken, denen langsam dämmert, was gespielt wird.

In einem neuen Reform-Manifest rufen Teilnehmer des deutschen "Synodalen Wegs" wie prominente Theologen und Gläubige zu einer Reform auf, die sich kritisch mit der deutschen Debattenveranstaltung auseinandersetzt, wie CNA Deutsch berichtete. Einer der Unterstützer ist der Publizist und Autor Bernhard Meuser.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Autoren wider. CNA Deutsch macht sich diese nicht zu eigen.

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