Auch wenn das Instrumentum Laboris — das offizielle "Arbeitspapier" für die Synodalitätssynode im Oktober — betont, dass es "kein Dokument des kirchlichen Lehramtes" ist: Das 70-seitige Dokument hat einiges über die Art von synodaler Kirche zu sagen, vorzuschlagen und wohl auch zu lehren, die Papst Franziskus zu einer solchen Priorität seines Pontifikats gemacht hat — und vielleicht über noch viel mehr.

Das gilt nicht nur für die erste Hälfte des Dokuments, in der "die grundlegenden Merkmale einer synodalen Kirche" beschrieben werden und das "Gespräch im Geiste" als Weg zur Verwirklichung dieser Synodalität hervorgehoben wird. Es gilt auch für die zweite Hälfte des Dokuments, in der Fragen zu drei vorrangigen Themen (Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung) gestellt werden — und kontroverse Punkte wie ein Diakonat der Frau und der priesterliche Zölibat behandelt werden. 

Um den Inhalt des Dokuments zu entschlüsseln und seine oft impliziten Vorschläge in den breiteren Kontext der kirchlichen Lehre einzuordnen, hat der National Catholic Register drei renommierte katholische Experten zu Wort kommen lassen, welche die synodalen Prozesse rund um die Weltsynode über Synodalität genau gelesen und mitverfolgt haben.

Schwester Sara Butler ist Professorin (emeritus) für dogmatische Theologie an der University of St. Mary of the Lake in der Metropolregion Chicago. Sie war außerdem zwei Amtszeiten lang Mitglied der Internationalen Theologischen Kommission und ist ehemalige Präsidentin der Academy of Catholic Theology. Derzeit entwickelt sie Exerzitien und Glaubensbildungsprogramme, um Katholiken für ihre Rolle als missionarische Jünger zu rüsten.

Terence Sweeney ist Theologe am Collegium Institute der University of Pennsylvania und Chefredakteur des Projekts Genealogies of Modernity

Stephen White ist der Gründer und Direktor des Catholic Project an der Catholic University of America. Er ist außerdem Fellow für katholische Studien am Ethics and Public Policy Center.

CNA Deutsch hat das Gespräch übersetzt und die Zitate mit der offiziellen deutschen Version des Dokuments abgeglichen sowie — wo hilfreich — mit weiterführenden Informationen in unterlegten Links ergänzt. 

Was hat Sie an diesem Text am meisten überrascht?

SCHWESTER SARA BUTLER: Ich war überrascht zu erfahren, dass die Synode die Methode eines "Gesprächs im Geiste" verwenden wird. Das Instrumentum Laboris beschreibt dies als "Schritt nach vorne" und einen "Pfingstmoment". Ich sehe jetzt, dass die Gemeindeversammlung, an der ich teilgenommen habe, diese Methode angewandt hat, aber sie hatte keinen Namen, ich kann mich nicht daran erinnern, den Heiligen Geist angerufen zu haben, und wir haben die Anweisungen nicht sehr gut befolgt! 

Als ich den Begriff "Gespräch im Geiste" sah, erkannte ich es als eine Methode der kirchlichen Unterscheidung, die jedem am Tisch die Möglichkeit gab, zu sprechen, ohne Widerlegung oder Debatte, und den anderen die Erfahrung des Zuhörens ermöglichte. Diese Methode ähnelt der Praxis der Beratungen, der Mitglieder meiner Ordensfamilie folgen, wenn wir uns treffen, um die Verantwortung für wichtige Entscheidungen zu teilen, die das Gemeinschaftsleben und die Mission betreffen. Nach dem persönlichen Gebet und der gemeinsamen Anrufung des Heiligen Geistes teilt jede Schwester in Einfachheit und Demut mit, was der Heilige Geist ihr gibt, und die anderen hören zu. Dieser Austausch führt zu einer gemeinsamen Unterscheidung von Gottes Willen.

TERENCE SWEENEY: Um ehrlich zu sein, war ich überrascht über die Behauptung, dass die Synodalität für die katholische Ekklesiologie von zentraler Bedeutung ist. Ich habe fast mein ganzes Leben im katholischen Bildungswesen verbracht und bin nie auf diesen Begriff gestoßen, und hier wird wörtlich behauptet, dass "eine immer synodalere Kirche zu werden, Ausdruck unserer Identität und Berufung ist". 

Ich denke, das ist ein Teil dessen, was die 90% der Katholiken abstößt, die nicht [an diesen Veranstaltungen] teilgenommen haben. Es ist seltsam, eines Tages als Katholik aufzuwachen und zu erfahren: "Die Ausbildung in synodaler Spiritualität steht im Mittelpunkt der Erneuerung der Kirche." Aber ist das wirklich, was wir heute am meisten brauchen? Tun das auch diejenigen, die am eifrigsten die “Zeichen der Zeit” lesen? 

STEPHEN WHITE: Der Text enthält keine wirklichen Überraschungen; er entspricht in etwa dem, was zu erwarten war — wenn auch nicht dem, was zu erhoffen war. Das Papier erfüllt einen Zweck. Es ist ein "Arbeitsinstrument", wie es sich selbst nennt. Es gibt also nicht vor, großartige Literatur oder tiefgründige Theologie zu sein. Es ist kein Lehrschreiben. Vielmehr liest es sich wie ein Dokument, das von einem Ausschuss als Zusammenfassung anderer Dokumente verfasst wurde, die von Ausschüssen verfasst wurden.

Das Ganze ist (leider, aber auch das ist nicht überraschend) ein wenig ein Wortsalat, durchzogen mit Fachjargon und Modewörtern. Das liegt zweifellos auch an Sprach- und Übersetzungsproblemen. Die Einbeziehung von "Arbeitsblättern" ist ein Novum, aber das ist hauptsächlich eine Frage der Formatierung. Ich bin mir nicht sicher, ob jemand nach der Lektüre des Dokuments besser versteht, was “Synodalität” ist  — oder warum sie für die Mission und das Leben der Kirche so wichtig ist.

Was gibt Ihnen Hoffnung in dem Dokument?

SCHWESTER SARA BUTLER: Die erste Sitzung der Synodalitätssynode zielt darauf ab, die Zersplitterung und Polarisierung in der Kirche zu überwinden (#28). Sie wird nicht bei Null anfangen, sondern Fragen aufgreifen, die die synodale Konsultation ans Licht gebracht hat. Der Prozess zielt darauf ab, dass sich jeder willkommen fühlt (#26), aber er ist auch "ein privilegierter Weg der Umkehr" (#28). Dem Arbeitspapier zufolge beginnt eine Synode laut der Überlieferung "mit der Anrufung des Heiligen Geistes, wird mit dem Glaubensbekenntnis fortgesetzt und gelangt zu gemeinsamen Beschlüssen, die die kirchliche Gemeinschaft sichern oder wiederherstellen." (#48). 

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Der Vergleich einer Synode mit einer liturgischen Versammlung und nicht mit einem Parlament hat mich ermutigt, ebenso wie die Bekräftigung, dass Einheit "auf der Einheit mit Gott im Bekenntnis desselben Glaubens beruht" (#49). Die Notwendigkeit, Bindungen zu stärken und "unproduktive" Spaltungen zu überwinden, wird anerkannt. Die Hoffnung, dass bestimmte spaltende Fragen friedlich angegangen werden können und Hindernisse für die "Rezeption" der Lehre der Kirche im Lichte einer "Rückbesinnung auf das Glaubensgut und die lebendige Tradition" beseitigt werden können.

TERENCE SWEENEY: Was mich an dem Dokument hoffen lässt, sind die drei Säulen, die es vorsieht — Gemeinschaft, Sendung und Teilhabe. Sie sind der Schlüssel dazu, dass die Kirche die Fülle ihres Zeugnisses leben kann. Die Kirche als totus Christi, als ganzer Christus, ist die Gemeinschaft, die die Aufgabe hat, alle Menschen in die Teilhabe an Gott zu ziehen. Die Genialität des Zweiten Vatikanischen Konzils bestand darin, dass es eine Anleitung gab, wie dies gelebt werden kann, so dass alle Katholiken den Glauben mit voller, aktiver und bewusster Teilnahme leben sollen. 

Wenn es der Synode darum geht, kann sie dazu beitragen, die Kirche zu dynamisieren. Synodalität ist und kann für das kirchliche Leben wesentlich sein, wenn wir meinen, dass wir den universellen Ruf zur Heiligkeit und das universelle Ausleben von Dienst, Gottesdienst und Zeugnis leben. Wenn es nur um weitere Ausschüsse, Treffen und Versammlungen von Boomern geht, die darüber reden, "Kirche zu sein", dann wird sie meiner Meinung nach scheitern. 

STEPHEN WHITE: Ich denke, dass die Synodalität tatsächlich wichtig ist, und ich wünsche mir sehr, dass die Synode Erfolg hat. Ich möchte, dass jeder Getaufte seine Verantwortung für die Mission der Kirche wiederentdeckt. Ich möchte, dass die Kirche aufmerksamer auf die Stimme Gottes hört, die in den Armen zu uns spricht. Ich möchte, dass die Gemeinschaft gestärkt wird und die Spaltung aufhört. Ich bin auch sehr besorgt über ein schleichendes Verständnis der Kirche und ihrer Mission auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

Meine Hoffnung ist, dass die Synode der Kirche hilft, mehr das zu werden, was sie bereits ist — ein Zeichen und Werkzeug der Erlösung —, anstatt sie auf den Weg zu führen, das zu sein, was die Welt von ihr erwartet. 

Was, wenn überhaupt, löst Besorgnis aus?

SCHWESTER SARA BUTLER: Die Methode der Unterscheidung erklärt, wie die Teilnehmer eingeladen werden, ihre Erfahrungen mitzuteilen, aber nicht, wie sie dem "Wort Gottes" unterworfen werden. Mit "Wort Gottes" beziehen wir uns manchmal auf die Heilige Schrift und manchmal (wie in Dei Verbum 9-10) auf die Heilige Schrift und die Tradition, wie sie in der Kirche gelesen werden. Aus den Arbeitsblättern geht nicht hervor, was gemeint ist, und es werden auch keine "Texte" vorgeschlagen, die den Rahmen für die Fragen bilden könnten. Wurde dies ausgearbeitet? 

Natürlich hat die Berufung auf das biblische "Wort Gottes" Christen in anderen kirchlichen Gemeinschaften nicht davor bewahrt, in ihren synodalen Versammlungen ernsthafte Spaltungen zu erleiden. Wir in den USA haben gesehen, wie ihre Versammlungen zu zahlreichen konkreten Spaltungen geführt haben, z.B. in der Frage der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern und der Segnung gleichgeschlechtlicher "Ehen", trotz ihrer wiederholten Zusagen, "gemeinsam zu gehen". Als Katholiken verlassen wir uns bei der Auslegung des apostolischen Glaubens auf das Lehramt, und dazu gehört auch sein autoritatives Urteil in solchen Fragen. Wird das "Gespräche im Geiste" diese Gabe respektieren? 

TERENCE SWEENEY: Um ehrlich zu sein, mache ich mir am meisten Sorgen um “Gespräche im Geist”. Wir brauchen diese durchaus — wenn sie denn auch so aussehen, wie bei den FOCUS-Missionaren an der University of Pennsylvania: Die helfen Studenten durch Gespräche, entweder Christus kennenzulernen oder immer mehr Christus gleichgestaltet zu leben. Ein Hoch darauf! 

Aber ich mache mir Sorgen darüber, wie der Begriff “Heiliger Geist” manchmal eingesetzt wird, um nicht auf eine Bekehrung zu Christus in völliger Treue zum Glaubensbekenntnis hinzuweisen, sondern auf eine neue Art und Weise, "Kirche zu sein" oder auf eine "weitere Betrachtung des Glaubensbekenntnisses und der lebendigen Tradition der Kirche" in einer Weise, die auf eine Veränderung dieses Bekenntnisses hindeutet. 

Der Geist weht, wo er will, aber das äußert sich in einer Kreativität, die immer von Treue und Gehorsam geprägt ist. Denken Sie an den Heiligen Dominikus, den Heiligen Ignatius oder die Heilige Katharina von Siena. Geisterfüllte Heilige! Aber keine, die auf neue Lehren drängen. 

STEPHEN WHITE: Viele kleine Dinge lassen mich innehalten, die sich zu nichts oder zu allem summieren können. Manchmal liest sich dieser Text so, als ob das einzig Sichere, was wir über die Kirche und ihre Mission wissen, ist, dass sie “synodal” ist, aber was das bedeutet, ist noch unbekannt. Es ist eine Sache für die Kirche, aufmerksamer zu sein und genauer zuzuhören; es ist etwas ganz anderes, so zu tun, als wüsste sie nicht, was sie weiß.

Das “Arbeitspapier” spricht zum Beispiel davon, dass “eine immer synodalere Kirche zu werden, Ausdruck unserer Identität und Berufung ist". Aber ist das tatsächlich die Identität und Berufung der Kirche? Was fügt das der nizänischen Formulierung, dass die Kirche die “heilige, katholische und apostolische Kirche" ist, hinzu, was nimmt es davon weg, was klärt es oder verändert es? Solche Fragen werden nicht beantwortet; sie scheinen nicht einmal in Betracht gezogen worden zu sein. 

Das Dokument vermittelt weder ein Gefühl für das Drama von Sünde und Erlösung noch für das, was im christlichen Leben auf dem Spiel steht. Der Begriff “Sünde” kommt überhaupt nicht vor. Es ist, als ob alle Probleme in der Kirche und in der Welt ein großes Missverständnis wären und nicht die Frucht unserer Sünde, von der Christus kam, um uns zu retten und für die er die Kirche gegründet hat.

Sind Sie als Laie begeistert von der Möglichkeit, dass die Leitungsgewalt in der Kirche ausgeweitet wird?

SCHWESTER SARA BUTLER: Ich würde eine organische Entwicklung der bestehenden Konsultationsprozesse vorziehen. Offensichtlich werden diese Prozesse in einigen Ländern und Kulturen vernachlässigt oder nicht gut genutzt. Andererseits berichten unsere Schwestern, dass die Erfahrung der Zusammenarbeit mit den Bischöfen bei der pastoralen Planung in Mexiko sehr erfolgreich und zufriedenstellend war — mehr als in den USA. 

Das Verhältnis der Leitung zur lehrenden und heiligenden Munera ist sehr heikel, aber es hält die Verantwortung auf eine Weise sakramental verankert, die mir wichtig erscheint. Zum Beispiel scheint es wichtig zu sein, die Bevorzugung der ständigen Diakone als Leiter von Gemeinden ohne ansässigen Pfarrer zu respektieren. Die hierarchischen und charismatischen Gaben und Dienste überschneiden sich natürlich manchmal, aber es hat eine Logik, die lehrenden, heiligenden und leitenden Aufgaben in einer Person zu halten, die der Einheit der Kirche dient. Es gibt Möglichkeiten, die Teilnahme an diesen Aufgaben zu teilen. 

TERENCE SWEENEY: Nein. Ich möchte nicht, dass die Kirche “geleitet” wird und schon gar nicht, dass die Leitung delegiert wird. Christus wählte die 12 aus und gab ihnen die Schlüssel, die an die Bischöfe weitergegeben wurden. Ich möchte nicht in der Kirche leiten, ich möchte helfen, die Welt zu verändern. Das ist die Aufgabe der Laien und der geweihten Ordensleute. Wenn ich meine Zeit in einem Diözesankomitee verbringe, kann ich das nicht tun. Klerikalisiert die Laien nicht. 

STEPHEN WHITE: Nein. Ich bin für eine bessere Verwaltung (wer ist das nicht?) und ein Hirte tut gut daran, seine Schafe zu kennen und ihnen zuzuhören. Aber ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass das Fehlen des Weihesakramentes die Fähigkeit zur kirchlichen Führung verbessert, und ich habe gute Gründe, das Gegenteil anzunehmen. Die Vorstellung, dass das Maß der christlichen Nachfolge die Fähigkeit ist, dieses oder jenes Amt zu bekleiden: Das ist kein Mittel gegen Klerikalismus, sondern genau das ist Klerikalismus, wie Papst Franziskus gesagt hat.

Welche Begriffe des “Instruments” springen ins Auge?

SCHWESTER SARA BUTLER: Die Worte, die mir ins Auge springen, sind erstens "missionarisch". Papst Franziskus ruft alle Getauften auf, "missionarische Jünger" zu sein, und legt den Schwerpunkt auf die Verantwortung, die mit der Taufe einhergeht, und auf die Bedeutung der Glaubwürdigkeit der Kirche in der Mission. Wir versuchen immer noch, die Würde der Getauften zu fördern, und dazu gehören ihre Pflichten ebenso wie ihre Rechte. "Jeder Katholik ein Missionar" war das Ziel von Pater Thomas Augustine Judge, CM, dem Gründer der Missionary Cenacle Family, zu der ich gehöre. Daher bin ich begeistert von der Einbeziehung der Laien und der nicht geweihten Ordensleute in die Konsultation und in den ersten Teil der Synode. 

Ein weiteres "Wort" ist "sensus fidei". Der Gedanke taucht vor allem im dritten Arbeitsblatt auf, aber er wird im gesamten Prozess vorausgesetzt. Die Arbeit der Internationalen Theologischen Kommission zu diesem Thema (siehe Verweis in #9), insbesondere Kapitel 4, sollte für die Delegierten dieser Synode Pflichtlektüre sein. Es unterstützt den Geist und die Ziele der Synode und bietet Kriterien für eine authentische Beteiligung am "Sinn des Glaubens".

TERENCE SWEENEY: Wie immer, “zuhören” und “aufnehmen” [im Deutschen oft auch: “angenommen werden” und “angenommen fühlen”, Anm.d.R.]. Vieles, vielleicht alles, hängt davon ab, was wir mit diesen Worten meinen. Was verstehen wir unter Zuhören und Aufnehmen, Annehmen? Ich lebe im Nordosten der USA. Ich bin umgeben von leeren Kirchen mit "Alle sind willkommen"-Schildern. Jetzt fügen sie noch Bejahendes hinzu. Aber sie sind leer. Volle Kirchen sind Gemeinschaften, die Ihnen etwas bieten, und wo man Dich aufnimmt. Das heißt, ein tatsächlich robustes Leben der Anbetung, des Dienstes und des Zeugnisses für die Wahrheit. 

Der heilige Dominikus hörte den Menschen in Südfrankreich zu und erkannte ihre Bedürfnisse. Das bedeutete nicht, dass er die Dinge für die Albigenser deren Lebensstil anpasste. Vielmehr initiierte er eine neue Form des Lebens, die ihren Irrtümern entgegenwirken und zur Befreiung derer beitragen sollte, denen er zuhörte. Bartolome de las Casas bestand darauf, den Eingeborenen zuzuhören, verteidigte den Reichtum ihrer Lebensweise und sogar ihre Vorliebe für Erdnüsse! Aber dieses Zuhören und die radikale Aufnahme, die er anbot, führte zu einem verwandelnden Leben des Glaubens. Nicht länger heidnische Wanderer, sondern christliche Erdenpilger [Wayfarer; vgl. Begriff 'Erdenpilger' bei Thomas, Summa Theologiae, Anm.d.R.]. 

Ich denke, der Text bezeugt dies, spielt aber auch auf diejenigen an, die willkommen heißen wollen, indem sie harte Lehren über Sexualethik oder den männlichen Klerus beiseite lassen. Mit anderen Worten, ist geht es hier um das “Aufnehmen” bzw. “Annehmen” von Courage International oder von [der LGBT-Gruppe] Outreach?

STEPHEN WHITE: Der Text erwähnt kaum die Erlösung oder die Errettung und überhaupt nicht: Die Sünde. In dem Dokument geht es vor allem darum, wie sich die Menschen fühlen, wie sie sich fühlen sollen oder wie sie sich fühlen möchten. Es wird viel über “Dynamik” und “Unterscheidungsvermögen” und dergleichen mehr gesprochen — was gut ist, soweit es geht — aber es ist eine Sache, solche hervorragenden Eigenschaften zu behaupten und eine andere, sie zu demonstrieren. Trotz all ihrer Bemühungen, "praktisch" und "konkret" statt "theoretisch" oder "abstrakt" zu sein, hat die Synode immer noch so etwas wie ein Show me, don’t tell me-Problem ["Zeig es mir, statt es mir zu sagen”].

Übersetzt und redigiert aus dem beim National Catholic Register veröffentlichten Original. Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.