Die Lebenswirklichkeit der Familie wird in „Amoris laetitia“ von Papst Franziskus mitnichten verklärt. Er verweist darauf, dass bereits in Psalm 128 die „bittere Wirklichkeit“ bezeichnet wird, nämlich die „Gegenwart des Schmerzes, des Bösen und der Gewalt, die das Leben der Familie und ihre innige Lebens- und Liebesgemeinschaft auseinanderbrechen lassen“. Die Sünde verwandele die Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau in eine „Herrschaft“. In Familien bestehe sehr oft ein „blutbefleckter Weg des Leidens“, von dem die Bibel erzählt, beginnend mit dem Brudermord Kains gegen Abel. Auch Jesus wisse um die beträchtlichen Schwierigkeiten und Konflikte in Familien, vom „Drama des Todes im Haus des Jaïrus“ oder auch vom „verzweifelten Aufschrei der Witwe von Naïn angesichts ihres verstorbenen Sohnes“. Papst Franziskus verdeutlicht so, dass das Wort Gottes nicht abstrakt sei, „sondern als ein Reisegefährte auch für die Familien, die sich in einer Krise oder inmitten irgendeines Leides befinden“ auftrete: „Es zeigt ihnen das Ziel des Weges, wenn Gott ‚die Tränen von ihren Augen abwischen [wird]: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal‘ (Offb 21,4).“ Auch materielle Sorgen und Hungersnöte werden erwähnt. Das Leid, das Arbeitslosigkeit verursacht, wird genannt, ebenso die Schädigung der Lebensgrundlagen durch Umweltzerstörung und Krieg.

Papst Franziskus wirbt für die „Zärtlichkeit der Umarmung“. Christus habe als „Kennzeichen seiner Jünger“ das „Gesetz der Liebe und der Selbsthingabe an die anderen eingeführt“. Die selbstlose Liebe verortet der Papst in der Familie und schreibt: „Frucht der Liebe sind auch Barmherzigkeit und Vergebung.“ Doch besonders die Zärtlichkeit werde in der Gegenwart oft vernachlässigt oder ausgeklammert, wenn über Ehe und Familie gesprochen wird. Franziskus spricht über die Sanftheit der Liebe und nennt besonders Psalm 131: „Wie man auch in anderen Texten bemerkt (vgl. Ex 4,22; Jes 49,15; Ps 27,10), wird die Verbindung zwischen dem Gläubigen und seinem Herrn mit Wesenszügen der Vater- oder der Mutterliebe beschrieben. Hier erscheint die zarte und sanfte Vertrautheit, die zwischen der Mutter und ihrem Kind, einem Neugeborenen, besteht, das in den Armen seiner Mutter schläft, nachdem es gestillt worden ist. Wie das hebräische Wort gamûl besagt, handelt es sich um ein bereits abgestilltes Kind, das sich bewusst an die Mutter klammert, die es an die Brust hebt. Es ist also eine bewusste Vertrautheit und nicht eine bloß biologische. Darum singt der Psalmist: ‚Ich ließ meine Seele ruhig werden und still; wie ein kleines Kind bei der Mutter ist meine Seele still in mir‘ (Ps 131,2). Parallel können wir uns einer anderen Szene zuwenden, wo der Prophet Hosea Gott als Vater diese bewegenden Worte in den Mund legt: ‚Als Israel jung war, gewann ich ihn lieb […]. Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn bei der Hand […]. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war da für sie wie die [Eltern], die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen‘ (11,1.3-4).“

Papst Franziskus verknüpft Glaube und Liebe, Gnade und Engagement, die menschliche Familie und die Trinität, um die Familie zu betrachten, „die das Wort Gottes den Händen des Mannes, der Frau und der Kinder anvertraut, damit sie eine Gemeinschaft von Menschen bilden, die ein Abbild der Einheit zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist ist“: „Die Tätigkeit von Zeugung und Erziehung ist ihrerseits ein Widerschein des Schöpfungswerkes des Vaters. Die Familie ist berufen, das tägliche Gebet, die Lektüre des Wortes Gottes und die eucharistische Kommunion miteinander zu teilen, um die Liebe wachsen zu lassen und sich immer mehr in einen Tempel zu verwandeln, in dem der Heilige Geist wohnt.“ Als Vorbild wählt er insbesondere Maria, die allen Herausforderungen, denen die Heilige Familie ausgesetzt war, „mutig und gelassen“ begegnet sei und die „Wunder Gottes“ im Herzen bewahrt habe: „Im Schatz von Marias Herz befinden sich auch alle Ereignisse einer jeden unserer Familien, die sie sorgsam bewahrt. Daher kann sie uns helfen, sie zu deuten, um in der Familiengeschichte die Botschaft Gottes zu erkennen.“ So weist Maria auch Christen heute den Weg, um über die Schönheit des Familienlebens nachzusinnen und in rechter Weise den Schatz des christlichen Familienbildes zu hüten und gläubig zu leben.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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