Papst Franziskus würdigt nicht nur die kinderreichen Familien, er schreibt in „Amoris laetitia“ auch über den Reichtum, den eine große Familie schenkt: „Die kleine Kernfamilie sollte sich nicht gegen die erweiterte Familie abschotten, zu der die Eltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen und sogar die Nachbarn gehören. In dieser großen Familie kann jemand Hilfe benötigen oder zumindest Gesellschaft und Gesten der Zuneigung brauchen oder schweres Leid tragen, das des Trostes bedarf.“ Zugleich kritisiert er das Zeitalter des Relativismus, in dem das Ich und seine eigenen Wünsche ins Zentrum gerückt ist. Er schreibt: „Der heutige Individualismus führt manchmal dazu, sich in ein kleines Nest der Sicherheit zurückzuziehen und die anderen als eine lästige Gefahr zu empfinden. Diese Isolierung bietet jedoch nicht mehr Frieden und Glück, sondern verschließt das Herz der Familie und nimmt ihr die Weite des Lebens.“

Töchter und Söhne seien gerufen und berufen, für ihre Eltern da zu sein, wenn diese älter werden, aber zugleich ist es wichtig, dass die erwachsen gewordenen Kinder ihre eigenen Wege gehen und eigene Familien gründen: „Die Eltern dürfen weder sich selbst überlassen noch vernachlässigt werden, doch um sich in der Ehe zu vereinigen, muss man sich von ihnen trennen, so dass die neue Familie das Zuhause, der Schutz, der gemeinsame Raum und das Lebensprojekt wird und es möglich ist, wirklich ‚ein Fleisch‘ zu werden.“ Die Ehe sei für jeden Menschen eine „Herausforderung“, um eine „neue Form des Sohn- bzw. Tochterseins zu finden“.

Der Papst zeigt, dass Begegnungen und Nähe zu den alten Menschen wichtig seien, sie müssten ins Familienleben integriert werden, dürften nicht vergessen oder gar verschmäht werden. Er schreibt besonders mitfühlend über die Großeltern: „Ihre Worte, ihre Zärtlichkeit oder schon allein ihre Gegenwart helfen den Kindern zu erkennen, dass die Geschichte nicht mit ihnen beginnt, dass sie Erben eines langen Weges sind und dass es nötig ist, den Hintergrund zu respektieren, der vor uns war. Wer die Verbindungen mit der Geschichte zerreißt, wird Schwierigkeiten haben, beständige Beziehungen zu knüpfen und anzuerkennen, dass er nicht Herr der Wirklichkeit ist.“ Die Großeltern seien das „lebendige Gedächtnis“ der Familie und sollten geachtet und betreut werden.

Schön ist es, Geschwister zu haben. Die Beziehung zu den anderen Kindern der Familie vertiefe sich im Lauf der Zeit. Sie sind nicht nur Spiel-, sondern auch Weg- und Lebensgefährten: „Unter Geschwistern aufzuwachsen bietet die schöne Erfahrung, füreinander zu sorgen, zu helfen und Hilfe zu empfangen.“ Doch ist dies oft ein mühsamer Lernprozess, eine „wahre Schule für soziales Verhalten“.

Die Nähe gelte es auch zu den Verwandten der Ehepartner zu pflegen: „Und schließlich darf man nicht vergessen, dass zu dieser großen Familie auch der Schwiegervater, die Schwiegermutter und alle Verwandten des Ehepartners gehören. Ein besonderes Feingefühl der Liebe besteht darin zu vermeiden, sie als Nebenbuhler, als gefährliche Wesen, als Eindringlinge anzusehen. Die eheliche Verbindung verlangt, ihre Traditionen und Bräuche zu respektieren, sich um ein Verständnis ihrer Sprache zu bemühen, sich der Kritik zu enthalten, für sie zu sorgen und sie irgendwie ins eigene Herz aufzunehmen, auch wenn die rechtmäßige Unabhängigkeit und die Vertrautheit des Paares gewahrt werden müssen. Diese Haltungen sind auch eine ausgezeichnete Art, die Großzügigkeit der liebevollen Hingabe an den eigenen Ehepartner bzw. die Ehepartnerin zum Ausdruck zu bringen.“

Wer diese Ausführungen sich vergegenwärtigt und bedenkt, der mag ahnen, wie schön es ist, eine große Familie und ein weites Herz zu haben, aber auch welche große Aufgabe darin liegt, sich hingebungsvoll an alle zu wenden und niemanden zu vernachlässigen, jedem Familienmitglied gut zu sein und die Güte, damit auch die Güte Gottes, erfahrbar werden zu lassen in der Welt von heute, in der so viele Familien – auch unter Christen – am Egoismus von Einzelnen zerbrechen. Es ist wertvoll und wichtig, dass die römisch-katholische Lehre von der Familie aufrechterhalten und überzeugend gelebt wird, gerade in einer Zeit, in der Beliebigkeit, Indifferenz, Gleichgültigkeit, Hedonismus und Unmoral zuzunehmen und in die Kirche, etwa in Deutschland, Eingang zu finden scheinen.

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