Rauchende Colts haben vergangene Woche den High Noon der deutschen Bischöfe mit dem Papst nicht entschieden. Gut jesuitisch wurde überhaupt nichts entschieden, weil Franziskus seine Deutschen aus eigener Erfahrung gut kennt und deren „Unbeholfenheit im Denken und Urteilen“, die Petrus Canisius, der zweite Apostel der Deutschen, schon im Jahr 1583 bedauerte, wo „großer Nationalstolz“ auch dazu führe, dass sie Ausländer ungern als Vorgesetzte hätten – wie etwa die Päpste. Beim letzten Kräftemessen mit dem Volk Gottes in Deutschland kam Franziskus aber auch eine gewisse Signora Rabezzana zu Hilfe, genauer Carla, seine Cousine, deren 90. Geburtstag er am 20. November lieber in Portocamaro im Piemont persönlich mitfeierte, als den hartleibigen Deutschen bei ihrem ad-limina-Besuch in Rom den Marsch zu blasen.

Und er tat gut daran. Denn kaum hatten sich Deutschlands Bischöfe in Rom an das Machtwort Papst Johannes Paul II. erinnern lassen, dass „die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“, verkündete ihr Vorsitzender Georg Bätzing zu eben dieser Frauen-Frage schon gleich nach seiner Rückkehr: „Die Zugänge zum kirchlichen Amt müssen geebnet werden oder die Zukunft der Kirche in unserm Land ist schwer vorstellbar.“ Kaum war der ad-Limina-Besuch also beendet, ließ Petrus Canisius S.J. schon wieder grüßen.

Der schwelende Konflikt zwischen den deutschen Bischöfen und ihrem vorgesetzten Bischof von Rom wurde vom Papst also nicht wie von Gary Cooper durch den schnelleren Griff zum Colt entschieden. Er ist kein Town-Marshal. Er lässt sich Zeit und ließ stattdessen die Kurienkardinäle Luis Ladaria und Marc Ouellet in seinem Namen die theologischen Laboratorien in der Kirche in Deutschland noch einmal gründlich durchlüften, in denen der synodale Weg ersonnen wurde. Die immer wieder bemühten „neuen Erkenntnisse der Humanwissenschaften“ etwa, die auf diesem Weg für das neue Menschenbild und die Lehre der katholischen Kirche vorgeblich berücksichtigt werden müssten, qualifizierte Ladaria dabei knapp als „Behauptungen, die nicht vollständig gesichert sind“ – ohne die so genannten „Gender-Studies“ auch nur zu erwähnen, oder an die Erkenntnisse der ehemals streng akademischen deutschen Rassenlehre mit ihren fast mathematisch exakten Untersuchungen zu erinnern oder den „wissenschaftlichen Marxismus-Leninismus“.

Aller Geschichtsvergessenheit fügte Marc Ouellet die Beobachtung hinzu, dass die Meinung einiger Theologen „von vor einigen Jahrzehnten plötzlich zum Mehrheitsvorschlag des deutschen Episkopats geworden ist“. Wohl wahr. Denn welcher Hahn kräht heute etwa noch nach der Theologie der Integrierten Gemeinde, deren Glamour vor gut zwanzig Jahren noch einen Jahrhundert-Theologen wie Joseph Ratzinger zu täuschen und zu blenden vermochte, auf dessen Spur zahlreiche Bischöfe und Weihbischöfe den Anspruch einer Neuerfindung der katholischen Kirche einatmeten, von denen nicht wenige heute Wortführer des Synodalen Wegs sind.

Ewig lässt sich Papst Franziskus dennoch auch von ihnen nicht auf der Nase tanzen. Anders als Leo X. (1513-1521) wird er in Deutschland keine neue Kirchenspaltung zulassen. Das wissen auch die besonneneren Nachfolger der Apostel in Deutschland, denen bewusst ist, dass immer noch „die chilenische Lösung“ als bisher ungenutzter Joker im Ärmel des Papstes lauert, das heißt, sein Auswechseln der gesamten Bischofskonferenz. Franziskus könnte es. Und keine Cousine würde ihn daran hindern, sollte er diesen Schritt eines Tages beschließen, auch nicht an ihrem 100. Geburtstag.

Der Gastbeitrag von Paul Badde ist zuerst am 1. Dezember 2022 in der katholischen Wochenzeitung Die Tagespost erschienen. Die Veröffentlichung bei CNA Deutsch erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Die Tagespost.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln allein die Ansichten der jeweiligen Gastautoren wider, nicht die der Redaktion von CNA Deutsch.

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