Ludwig Mödl widerspricht in „Katholisch aus Überzeugung“ der These, die Welt säkularisiere sich zunehmend. Stattdessen geht er aus von der Feststellung: „Es gibt viele Formate ritualisierter Akte vor allem im Freizeitbereich, die fast religiösen Charakter haben und den Menschen erhebende oder auch Sicherheit gebende Gefühle vermitteln. Vieles von alledem mutet sakral an, ohne dass es das Heilige des Religiösen zum Inhalt hat. Nicht säkularer wird also die Welt, sondern christentumsferner.“

Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, „ob wir uns in unseren Reformversuchen der letzten Jahrzehnte vielleicht doch allzu sehr von der Säkularisierungsthese beeinflussen ließen und so manches falsch einschätzten, sodass einige der eingeschlagenen Strategien nicht zielführend sein konnten“.

Mödl, der jahrelang Pastoraltheologie lehrte und auch in der Priesterausbildung sowie der Pfarrseelsorge beheimatet ist, entwirft einen umfassenden Reformplan – doch ganz anders, als Reform in Zeiten des Synodalen Wegs von der lautstarken Mehrheit verstanden wird. Nicht Anpassung an die Welt ist das Ziel, sondern umgekehrt der gelebte Glaube in einer Situation, die dem israelitischen Exil vergleichbar ist.

Zwar macht Mödl auch einige Reformvorschläge, was die Strukturen betrifft. „Für jede Kirche, zumindest für die bisherigen Pfarrkirchen, sollte es je eine Gruppe von zwanzig bis dreißig Frauen und Männern geben im Sinne einer alten Bruderschaft. Jeweils einer hat für eine oder zwei Wochen den Kirchenschlüssel“, schreibt der Theologe.

„Er schließt die Kirche um 8.00 Uhr auf. Und ehe er sie am Abend abschließt, läutet er eine Viertelstunde zuvor die Glocken und lädt ein zu einer Andacht oder Vesper oder einem Rosenkranz oder einer Vigil oder einer irgendwie anders geordneten gemeinsamen Gebetsform. Alle, die Zeit haben, sind eingeladen. Der Schlüsselträger betet dabei vor, sodass jeden Tag in jeder Kirche ein gemeinsames Gebet stattfindet.“

Eigentlich eine ganz simple Idee, aber welcher Bischof und welcher Pfarrer ist bislang durch derartige Maßnahmen aufgefallen?

Jenseits struktureller Reformen ist wichtiger indes die persönliche Heiligung. Die Sakramente stehen im Zentrum: „Jedes der Sakramente ist wichtig für den Einzelnen und für das Leben der ganzen Kirche.“ Für die Spendung der Sakramente aber braucht es Priester. Hier zeigen sich gravierende Hindernisse. „Im Kirchenraum gibt es keinen eigenen Bereich für die Kleriker mehr, also kein eigentliches Presbyterium“, so Mödl.

„Alle versammeln sich um den Altar, der nicht als Opferstätte, sondern als Mahltisch definiert wird. Bischof, Presbyter und Diakon werden in ihren funktionalen Rollen beschrieben, nicht aber in ihrer ‚personalen Rolle‘, die durch die Weihe neben ihren  funktionalen Aufgaben mitvermittelt wird. Sie repräsentieren personell – nicht nur funktionell im Dienst – die Nähe des ‚Heiligen‘, unabhängig von ihrer moralischen und praktischen Lebensführung.“

Die Kirche steht vor der Mammutaufgabe, sich in der pluralistischen Gesellschaft von heute vielleicht nicht zu behaupten, aber die ihr von Christus zugesprochene Aufgabe zu erfüllen. Mödl liefert zahlreiche wertvolle Ansätze, eingebettet in eine Reihe von „meditativen Passagen, die besonders zu Schriftbetrachtungen anregen“. Die Kirche erneuert oder reformiert sich nämlich nicht wie ein Unternehmen, sondern von Gott selbst her.

Ludwig Mödl, "Katholisch aus Überzeugung", ist bei Media Maria erschienen und hat 176 Seiten.

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