Wäre Ostern so wie das „alljährliche Neujahrskonzert, das wir bewegt anhören“ – und es mag, wie Bischof Dr. Georg Bätzing, der in der Osterpredigt darüber nachdachte, tatsächlich Zeitgenossen geben, die sich in die Wienerwalzerseligkeit beschwingt hineingeben –, so folgten auf blaue Donauwellen und den Radetzkymarsch ein beherzter Applaus. Ostern sei auch nicht „wie der Gang in ein Museum“. Das stimmt, die Kirche ist kein Museum für abendländische Kulturgeschichte. Ergänzt sei: In gleicher Weise taugt die katholische Kirche nicht als Sammelsurium postmoderner Ideen oder als Stätte festlich illuminierter Beliebigkeit. Festzustellen ist, dass viele Bischöfe heute – warum auch immer – von sich selbst sprechen. Das mag dem Bemühen um Authentizität geschuldet sein. Aber ein Bischof ist kein Influencer oder Chefkommentator des kirchlichen Lebens, sondern Verkünder des Evangeliums, dazu bestellt, die Lehre der Kirche zu vertreten und zu verteidigen. Bischof Bätzing gibt Auskunft: „Jesus ist für mich das entscheidende Korrektiv, um mich nicht zu verirren; er ist Wegbegleiter und Freund und das große Versprechen, dass mein Leben gut ausgeht.“ Man mag erwägen, ob auch an Ostern die Stunde des Gerichts dem Gläubigen gegenwärtig sein muss. Jesus Christus ist nicht zuerst der nette Kumpel oder Nachbar. Bätzing sieht ihn als „Wegbegleiter und Freund“ an, aber zuerst und zuletzt ist Jesus Christus der Herr – und hoffentlich zugleich für jeden Katholiken auch das „entscheidende Korrektiv“. Ein solches notwendiges Korrektiv – etwa gegen viele säkulare Lebenswirklichkeiten und Meinungen – wird ausgedrückt in der Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte. Die Lehre ist auch nicht Verhandlungssache, sondern verbindlich gültig. Die Botschaft der Kirche wird vielerorts und leider auch von vielen Bischöfen weder positiv bekräftigt noch weltzugewandt vermittelt. Leidenschaftlich wirbt Papst Franziskus für ein vertieftes pastorales Nachdenken über die christliche Familie in der Welt von heute. Haben Sie je vernommen, dass sich die wortmächtigen deutschen Katholiken mehrheitlich und sichtbar darum bemühen? Eine verdienstvolle, vor allem eine notwendige pastoraltheologische Aufgabe wäre das schon.  

Die Kirche stellt Bischof Bätzing sich als einen „weiten Raum“ vor, der die Möglichkeit für die „Beziehung zwischen Menschen und dem lebendigen Christus“ eröffnet. Die große Weite liegt aber nicht in der vollständigen Unbestimmtheit von Beziehungsweisen. Über Sakramente schweigt Bischof Bätzing. Dem Bekenntnis zur Kirche folgt das Bekenntnis zum Leiden an der Kirche: „Darum leide ich an der Kirche, wenn sie durch Skandale gläubige Menschen ins Wanken bringt oder durch erstarrte Strukturen und mangelnde Veränderungsbereitschaft vielen den Zugang zum Glauben blockiert. … Mit Ostern und all seiner Dynamik, die nur dem einen Ziel dient, dass Menschen dem lebendigen Herrn begegnen und an ihn glauben, hat das wahrlich wenig zu tun. Und deshalb, liebe Schwestern und Brüder, lasst uns Ostern feiern und vertrauen, dass Jesus in dieser Kirche lebt und wirkt und uns den Mut zur Erneuerung schenkt.“ Manche mögen dieses Eingeständnis über „mangelnde Veränderungsbereitschaft“ als Selbstkritik wertschätzen, andere sehen darin bloß das übliche Lamento, mit dem Amtsträger der Kirche sich grummelnd über das Lehramt der Kirche – ihrer Kirche, unserer Kirche, Seiner Kirche – äußern. Ostern, so habe ich als Kind gelernt, ist das Hochfest der Glaubensfreude. Diese Freude scheint im leise schwebenden österlichen Halleluja auf: Jesus lebt, mit ihm auch ich! Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden.

Ja, der christliche Glaube ist schön. Aber der Zugang zum Glauben wird erst recht blockiert, wenn das Evangelium verschwiegen und die Lehre der Kirche nicht verkündet wird. Die Dynamik des Glaubens entfaltet sich nur in lebendiger Gemeinschaft mit dem Papst und der Kirche des Herrn. Ob die vatikanische Ungeschmeidigkeit gegenüber den deutschkatholischen Gestaltungsfantasien und dem Ideenkonvolut des Synodalen Wegs nicht ein nüchternes Zeugnis für die Dynamik des Osterglaubens sein könnte? Der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer hat in seiner Osterpredigt auch über Beziehungsweisen gesprochen, aber sehr viel konkreter und anschaulicher als Bischof Bätzing: „Der Mensch als Ebenbild Gottes ist ein Beziehungswesen. Gerade auch noch einmal das Gegenüber von Mann und Frau mit ihrer Offenheit auf das Dritte und damit auf die Zukunft hin ist ein wesentlicher Aspekt der Gottebenbildlichkeit. … Zur Schöpfungsordnung gehört die Geschlechterpolarität von Mann und Frau, die durch Christus im Ehesakrament zum wirksamen Zeichen seiner Gegenwart erhoben ist.“ Erinnern Sie sich noch, was Benedikt XVI. in seiner Predigt  auf dem Islinger Feld bei Regensburg am 12. September 2006 sagte? „Der Glaube ist einfach. … Mit diesem Glauben brauchen wir uns nicht zu verstecken, mit ihm brauchen wir nicht zu fürchten, uns auf einem Holzweg zu befinden. Freuen wir uns, daß wir Gott kennen dürfen, und versuchen wir, auch anderen die Vernunft des Glaubens zugänglich zu machen.“

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