„Wir müssen dafür sorgen, dass Frauen und Mädchen und alle Menschen Zugang zu einem sicheren Schwangerschaftsabbruch haben, wenn sie ihn brauchen“, sagt Dr. Bela Ganatra von der Sektion für sexuelle und reproduktive Gesundheit und Forschung innerhalb der Vereinten Nationen. „Dies muss jedoch im Rahmen eines umfassenden Angebots an Dienstleistungen zur Familienplanung und Verhütung erfolgen, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Und zwar das gesamte Spektrum der umfassenden sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung. Wenn wir dies tun, wenn unsere Politik die Bedürfnisse des Einzelnen in den Mittelpunkt stellt, wenn wir Frauen und Mädchen in den Mittelpunkt unserer Entscheidungsfindung stellen, wenn wir uns um ihre Gesundheit kümmern, dann können wir das Problem des unsicheren Schwangerschaftsabbruchs beseitigen.“

Wenn die Vereinten Nationen von Familienplanung und Gesundheitsfürsorge sprechen, meinen sie Abtreibung. Die Weltgesundheitsorganisation, ein Teil der Vereinten Nationen, fordert, wie sie es formuliert, sichere Abtreibungen: all das auch im Zusammenhang mit den Maßnahmen und Zielen der UN im Bereich der sogenannten Familienplanung.

Der Heilige Vater hat dazu seine klare Meinung zum Ausdruck gebracht: Abtreibung ist Mord, die Ehe ist die Ehe, sagte Papst Franziskus. Unser heutiger Gesprächsgast nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um ihren katholischen Glauben und ihre Meinung geht: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Sie engagiert sich unter anderem in der Lebensrechtsbewegung, der Stiftung Ja zum Leben, wo sie sich gegen Abtreibung einsetzt.

Die Fürstin erhielt 2006 das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. Papst Benedikt XVI. ernannte sie 2008 zur Komturdame mit Stern des Päpstlichen Ritterordens des heiligen Gregor des Großen. Am 17. Dezember 2014 verlieh ihr Ministerpräsident Horst Seehofer den Bayerischen Verdienstorden, 2015 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste ernannt, und im September 2016 wurde ihr von der Bayerischen Staatsregierung die Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste verliehen.

Durchlaucht, nach Angaben der UN nimmt derzeit die Weltbevölkerung stetig zu. Die Zahl der auf der Erde lebenden Menschen sei noch nie so hoch wie heute gewesen, so die UN. Auch wenn die Geburtenrate drastisch gesunken sei, nehme die Erdbevölkerung immer noch in alarmierendem Tempo zu. Die Weltgesundheitsorganisation macht sich stark für Abtreibung bzw., wie sie es formuliert, sichere Abtreibung. Hängt das zusammen, die Angst vor Überbevölkerung und die Abtreibung? Wie sehen Sie das?

Das Problem ist, dass die Weltgesundheitsorganisation eben von der falschen Annahme ausgeht, dass wir auf der Welt eine Überbevölkerung haben. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse sagen schon relativ lange, dass wir an Unterbevölkerung leiden in der Zukunft, weil die Geburtenraten so dramatisch zurückgegangen sind, und zwar in allen Ländern, also China, Indien, selbst Afrika. Von Südamerika und USA wollen wir gar nicht sprechen, und Europa. Das heißt, das Problem der Zukunft heißt Unterbevölkerung. Und das ist deswegen ein Problem, weil ja die ganze Ökonomie, also die ganze ökonomische Philosophie, die in den Universitäten gelehrt wird, die angelsächsische Ökonomie, Wirtschaftswissenschaften – die gehen von einem wachsenden Markt aus. Also, es geht immer um Verschuldung und wachsender Markt. Das funktioniert aber nicht, wenn wir unsere zukünftige Kundschaft umbringen. Und diese Diskrepanz hat man noch nicht auf der Festplatte. Das haben die noch nicht realisiert. Das heißt, zwei Schulen laufen in entgegengesetzte Richtungen. Das ganze Wirtschaftssystem ist auf Wachstum und Schuldenmachen ausgelegt.

Wenn wir also unsere zukünftige Kundschaft umbringen, wird dieses System auch zusammenbrechen. Es brechen also zwei Systeme zusammen. Zum einen unsere Versorger, also diejenigen, die unsere Renten zahlen sollen, sind nicht mehr da. Und auch die zukünftige Kundschaft. Die WHO und ich weiß nicht wer noch, welche Organisationen, müssen umdenken, müssen sich den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen anpassen und realisieren, dass die Welt ein großes Problem hat, wenn wir weiterhin schrumpfen. Also, weil sie mich nach sicheren Abtreibungen fragten: Abtreibung ist grundsätzlich falsch, weil wir eben das Problem der Unterbevölkerung und nicht der Überbevölkerung haben.

Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland bieten nun schwangeren Frauen Bluttests kostengünstig an, damit diese herausfinden können ob ihr ungeborenes Kind das Down-Syndrom hat. Sind wir auf dem Weg zu einer, wie es in Deutschlands dunkler Vergangenheit einstmals bezeichnet wurde, „Rassenhygiene“? Was meinen Sie?

Absolute Rassenhygiene und Diskriminierung. Ganz schlimm. Vor allen Dingen, weil diese Tests sehr unzuverlässig sind. Ich weiß es von einer Freundin. Die hat nämlich so einen Test gemacht. Und was hat sie bekommen? Ein kerngesunde Kind. Also, auf solche Tests darf man sich nicht verlassen. Aber natürlich, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, das erfordert natürlich schon sehr viel Selbstlosigkeit. Aber es ist ein großes Geschenk. Und jeder Mensch, jeder Mensch, ob gesund oder mit Behinderung, ist ein großes Geschenk Gottes. Und so sollte man es auch sehen, als Herausforderung fürs Leben. Es geht ja schließlich auch um die Erlangung des ewigen Lebens. Und wenn wir hier glauben, dass wir uns Ärger ersparen können oder Opfer beiseiteschieben können, die uns das Leben vor die Füße spielt, dann bekommen wir viel schlimmere Strafen später auch noch im Leben übrigens. Also, ich rate jeder Mutter, ihre Schwangerschaft auszutragen. Damit wird sie viel glücklicher als durch den Mord im Mutterleib. Das macht eine Frau lebenslang unglücklich. Glauben Sie mir, ich habe viele Freundinnen, die das durchgemacht haben, weil sie nämlich von ihren boyfriends, ihren Männern dazu gedrängt wurden und nicht die Kraft hatten, sich dagegen zu stellen. Diese Frauen werden ihr ganzes Leben lang nicht glücklich. Und wer das Gegenteil behauptet, der lügt. Ist so!

In USA hat man kürzlich das Abtreibungsurteil von 1973, Roe v. Wade, gekippt, mit dem zuvor das „Recht“ auf einen Schwangerschaftsabbruch grundgelegt wurde. Damit machte das Gericht den Weg frei für strengere Abtreibungsgesetze. Aber es handelt sich nicht um ein Gesetz selbst gegen die Abtreibung, nicht wahr?

Also, ich bin jetzt keine Juristin. Ich weiß nur, dass Roe v. Wade, also, sagen wir mal – die Abtreibung in Amerika ist ja nicht verboten worden, sondern das höchste Gericht hat nur beschlossen, dass es nicht zuständig ist, sondern das haben sie in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesstaaten gelegt. Deswegen ist völlig unverständlich, warum die Abtreibungsbefürworter so hysterisch reagiert haben. Denn jeder Staat, der abtreiben will und die Abtreibung zulassen will, kann sie nach wie vor zulassen. Es ist nur vom Supreme Court, also vom höchsten Gericht, in die jeweiligen Bundesgerichte gelegt worden. Also überhaupt kein Grund zur Aufregung für die Abtreibungsbefürworter, meine ich jetzt. Bei uns, ob es bei uns eine Regelung gibt – also, die schaffen ja alles ab. Die wollen ja die Abtreibung zum Menschenrecht werden lassen. Ich glaube, das ist schon so in der Europäischen Union konstituiert. Das ist der absolute Wahnsinn. Und ich kann nur sagen: Jeder, der hier dabei ist, wird später zur Rechenschaft gezogen, und zwar nicht von uns, sondern von den folgenden Generationen. Denken Sie nur, wie die Enkel der Nazis mit ihren Eltern und Großeltern umgegangen sind. Das wird uns auch so blühen, wenn wir nicht die Kehrtwende schaffen. Die Abtreibung ist grundsätzlich falsch, es ist ein Verbrechen. Das würde man mit Hunden und Katzen nie zulassen, was wir mit Menschen tun.

Hat das ganze Übel nicht auch damit zu tun, dass wir uns von Gott abwenden? Sie sagten in einem Interview: „Je weiter wir uns von Gott entfernen, desto breiter wird die Machtbasis des Bösen.“

Selbstverständlich können wir in eine Abwärtsspirale des Bösen geraten. Man spricht auch von der Hölle auf Erden. Und wenn wir zurückschauen und die Gegenwart betrachten, dann müssen wir doch feststellen, dass wir in eine große Krise geraten, dass wir vor der Haustür einen schrecklichen Krieg haben, der droht, sich auszuweiten, und dass die Gesellschaft noch nie so gespalten war wie heute. Plötzlich macht es einen Unterschied, ob jemand homosexuell, lesbisch, transsexuell ist. Das war vor 20 Jahren noch überhaupt nicht der Rede wert. Wer trans sein wollte, war trans. Wer homo war, war homo. Und wer lesbisch war, war lesbisch. Plötzlich ist alles zum Thema geworden und spaltet die Gesellschaft. Plötzlich haben wir Krieg. Plötzlich werden wir überschwemmt mit armen Menschen aus dem Süden, die hier bei uns in der Kälte des Winters überleben müssen. In Paris sind unter den Brücken Zeltstädte, wo Tausende von Menschen ohne fließendes Wasser den Winter verbringen müssen. Das sind alles Menschen, die mit der großen Hoffnung nach Europa gekommen sind, hier ein besseres Leben zu finden.

Und was finden Sie hier? Undankbarkeit und Elend. Also aus meiner Perspektive wäre es wirklich an der Zeit, dass wir alle zusammen wieder anfangen, feste zu beten, um das Unheil aufzuhalten. Denn wir geraten in eine schreckliche Abwärtsspirale. Und vor Gott verstecken können wir uns nicht, weil Gott sieht uns. Aber Gott hat uns ja auch einen freien Willen gegeben. Das heißt, wenn wir uns dafür entscheiden, nicht zu beten, uns von Gott zu entfernen, das Böse zu tun, ja, dann müssen wir in die Abwärtsspirale, werden wir alle mitgerissen. Natürlich werden wir, die hoffen, ein gottgefälliges Leben zu leben, gerettet werden, aber eben erst am Ende der Tage. Und wir könnten es doch viel schöner haben auf der Welt, wenn wir uns nur Gott unterwerfen, uns Gott zuwenden und zu Gott beten.

Wir sprachen vom Anfang des Lebens, dem Schutz der Ungeborenen, aber Sie setzen sich auch ein für eine Sterbebegleitung im christlichen Sinn am Ende des Lebens. Wodurch unterscheidet sich die Sterbebegleitung von der sogenannten Sterbehilfe?

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Ja, ich setze mich ein für das Leben vom Anfang bis zum Ende. Und natürlich habe ich meine Mutter und meine Schwester mit schwerer Krankheit verloren. Und da kommen wir genau an diese Grenze, die Sie gerade ansprechen, nämlich: Wie weit darf der Arzt gehen, dass es eben keine Euthanasie ist? Also, wenn Sie einen schweren krebskranken Patienten haben oder jemand, der schwere Schmerzen hat, dann darf der natürlich Morphium bekommen. Natürlich bekommen diese Menschen schmerzstillende Mittel. Aber deswegen werden sie nicht umgebracht. Die Sterbespritze, das ist Mord. Und es ist in unserem Interesse, im eigenen Interesse, aber auch im Interesse unserer Missionstätigkeit als Christen, dass wir nicht zulassen, dass ein Arzt oder ein Arzthelfer oder irgendjemand sich zum Handlanger des Todes macht. Das ist eine schwere Sünde. Und mit dieser schweren Sünde verspielt sich die Chance zum ewigen Leben, zur ewigen Glückseligkeit. Nichts weniger als das ewige Leben steht auf dem Spiel. Und wollen wir nicht alle ewig leben? Glücklich und schön?

Durchlaucht, die Gottesmutter Maria spielt für Sie eine sehr große und wichtige Rolle. Sie engagieren sich in der Marianischen Frauen-Congregation, in der Frauen ihr Leben bewusst nach dem christlichen Glauben in der katholischen Kirche gestalten wollen. Die Rolle von Frauen in der katholischen Kirche ist ein heißes Eisen. Priesterinnen: Soll, muss oder darf es sie in der katholischen Kirche geben?

Also, die Frau hat in der Kirche sowieso schon die wichtigste Rolle, nämlich: Ohne die Gottesmutter Maria gäbe es gar keine Kirche, denn dann hätte Jesus Christus als Retter der Welt gar nicht auf die Welt kommen können. Und durch die Marienverehrung allgemein, besonders in der katholischen Kirche, hat die Frau den zentralen Teil der wichtigsten Rolle in der Kirche. Deswegen brauchen wir gar keine Priesterinnen, weil der Priester ist ja das Abbild von Jesus Christus. Und Jesus Christus ist nun mal als Mann auf die Welt gekommen. Und deswegen sind seine Vertreter eben auch Männer. Außerdem, und das möchte ich an dieser Stelle noch mal genau sagen, ist die katholische Kirche die einzige Religion der Welt, die wirklich von früh an die Rechte der Frauen ins Zentrum gesetzt hat. Deswegen sage ich heute oft spaßhaft: Wir sind die wirkliche Frauenemanzipationsreligion. Denn erst seit Jesus Christus die Regel – die Ehe gestiftet hat, durch das Sakrament der Ehe, waren die Männer damals verpflichtet, sich ein Leben lang für eine Frau zu binden. Das heißt, sie mussten, sie konnten sie nicht einfach wieder wegschicken.

Davor, wenn ein Mann genug hatte von einer Frau, so wie eben heutzutage auch, konnte er sie einfach wegschicken. Und wenn die Schweden heute einen Vertrag wollen vor dem Beischlaf, dann ist das nichts anderes als das, was wir seit 2000 Jahren praktizieren, nämlich der sogenannte Ehevertrag. Also, bevor du mit einer Frau schläfst, damit du sie nachher nicht wieder wegschicken kannst, bitteschön unterschreiben, dass du ihr ewig treu bleibst und sie ewig liebst und mit ihr Kinder hast. Auch die Fortpflanzung spielt eine große Rolle. Durch diese Eheregelung haben die Frauen zum ersten Mal in der Geschichte Rechte bekommen. Das gab es vorher nicht in der alten jüdischen Welt. Und insofern kann man sagen: Wir sind eine frauenrechtlerische Kirche, wir sind die Kirche, die die Interessen der Frauen in den Mittelpunkt gestellt hat. Und deswegen ist das ganze Gerede für Frauenpriestertum eigentlich totaler Quatsch, weil: Warum sollen das Frauen machen? Wir haben doch andere Arbeit. Wenn wir alles machen, was die Männer machen, dann müssen wir nachher alles machen und die Männer sitzen da und ruhen sich aus … Das kann ja auch nicht der Zweck der Sache sein.

Durchlaucht, zum Abschluß unseres Gesprächs noch eine Frage zu einem sehr aktuellen Thema: Ihr kurzer Eindruck zum deutschen Synodalen Weg?

In meinen Augen ist der deutsche Synodale Weg der Versuch, der Welt eine neue Kirche aufzuoktroyieren. Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Das ist schon oft schiefgegangen. Das wird auch jetzt schiefgehen. Halten wir uns an das, was wir seit 1000, seit 2000 Jahren lehren und was uns Rom lehrt. Und vor allen Dingen die Glaubenskongregation. Denn die Glaubenskongregation ist ja eigentlich ein Service. Das heißt, man kann sich – man kann von ihnen immer erwarten, dass sie auf dem neuesten Stand der Wissenschaft uns den Glauben darlegen und erklären, [anstatt] neue Sachen zu erfinden. Das war nie die Sache der katholischen Kirche. Die Kirche ist dazu da, die Tradition zu bewahren und die Sakramente zu verwalten, aber Neues zu erfinden und Neues zu installieren, das führt immer nur zu Abspaltungen, und das haben wir ja im Protestantismus erlebt. Wir arbeiten ja ständig daran, dass wir mit den Protestanten wieder zusammenkommen. Aber durch den Synodalen Weg schaffen wir nur noch mal einen neuen Protestantismus, und damit ist niemandem geholfen. Also: Vereinigung und nicht Spaltung ist die Devise.

Original-Interview aufgenommen in Regensburg von Kameramann Felix Bruhns | Redaktion, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN Deutschland und CNA Deutsch. Eine Produktion von Pax Press Agency, Sarl.

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