06 Juli, 2021 / 5:00 PM
In einem Interview vertritt die Regensburger Kirchenrechtlerin Prof. Dr. Sabine Demel die Auffassung, dass die Pfarrgemeinden – in Gestalt von Pfarrgemeinderäten etwa – bei der Besetzung von Pfarrstellen mitwirken könnten. Der Bischof bestelle den Pfarrer, aber er könne sich „schon längst freiwillig an die Mitwirkung der Gemeinden binden“. Denkbar sei ein „Zustimmungsrecht des Pfarrgemeinderats“, eine Vorschlagsliste des Bischofs mit Kandidaten oder eine Art Wunschliste, in meinen Worten gesagt, seitens des Pfarrgemeinderates. Frau Professorin Demel erklärt: „Da gibt es viele Möglichkeiten, die vom Kirchenrecht her gedeckt sind, ohne die Letztentscheidung des Bischofs infrage zu stellen … Die Autorität des Pfarrers wird umso mehr anerkannt, wenn die Gemeinschaft, der er vorsteht, an der Besetzung mitwirkt.“ Das soll offenbar ein erster Schritt sein, um Konkordate zu ändern und künftig auch Bischofswahlen zu ermöglichen. Allein aber die Idee, den Pfarrgemeinderat an der Bestellung eines Pfarrers mitwirken zu lassen, wirkt schon bemerkenswert. In der Diaspora etwa beteiligen sich etwa 3 bis 5 % aller Katholiken bei Gremienwahlen. Besonders repräsentativ ist das nicht. Zugegeben, das ist eine höhere Wahlbeteiligung als bei den Wahlen des „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ – denn an diesen Wahlen sind Katholiken wie Sie und ich, die wir zum Volk Gottes gehören, ja vollkommen unbeteiligt. Wir können uns nicht einmal der Stimme enthalten, denn Wahlen des ZdK finden gar nicht statt und sind auch nicht geplant. Oder berät das Synodalforum auch darüber? Meines Wissens nicht. Stattdessen möchten die Kirchenrechtlerin und andere, die im Forum „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“ mitwirken, unbedingt Pfarrer und Bischöfe irgendwie neu und anders wählen lassen. Die deutschen Domkapitel könnten sich etwa verpflichten, sich an das Votum eines repräsentativen Wahlgremiums zu binden: „Die Idee mit der freiwilligen Selbstbindung ist so etwas wie ein vorauseilender Gehorsam von Reformen, die von der Theologie her notwendig sind.“ Welche Theologie mag damit gemeint sein? Gegenüber dem „vorauseilenden Gehorsam“ gegenüber einer solchen Theologie des deutschkatholischen Reformeifers ist vielleicht eine römisch-katholisch geläuterte Skepsis erlaubt.
Welche Aufgaben kommen eigentlich dem Pfarrgemeinderat in der Lebens-, Glaubens- und Kirchenwirklichkeit 2021 zu? Das Bistum Regensburg, in dem Frau Professorin Demel Kirchenrecht lehrt, gibt dazu Auskunft: „Mitbestimmen heißt hier: Verantwortung zu übernehmen und sich an die Seite des Pfarrers zu stellen und gemeinsam mit ihm dafür zu sorgen, dass junge Menschen Freude an der Kirche finden, dass Neuzugezogene besucht werden, dass alle den Pfarrbrief erhalten, dass die Gottesdienste begeistern, dass die Kranken und Alten besucht werden oder dass die jungen Mütter und Väter eine klare Idee bekommen, wie sie mit den Kindern das Abendgebet sprechen können. Denken Sie bitte nicht, dass diese Liste damit vollständig ist. Als Pfarrgemeinderat übernehmen Sie eine wichtige Funktion in der Kirche: da die Pfarrgemeinderäte von den Pfarreiangehörigen gewählt werden, bringen Sie zum Ausdruck, dass Kirche von allen mitgetragen wird. Hauptaufgabe ist die Beratung und Unterstützung des jeweiligen Pfarrers in den seelsorgerlichen Aufgaben sowie die aktive Mitarbeit in der Pfarrei. Gleichzeitig haben Pfarrgemeinderäte ein besonderes Augenmerk auf das Leben und Zusammenleben der Pfarrei und wirken so im Sinne der katholischen Kirche in Gesellschaft und Politik mit. Sie tragen Mitverantwortung für die Bereiche der Diakonia, d. h. der tätigen Nächstenliebe, Verkündigung, d. h. der Glaubensweitergabe, Liturgie, d.h. der Feier des Gottes, der unser Leben trägt, der Koinonia, d. h. der Kirche, die Gemeinschaft gibt und Gemeinschaft ist. Der Pfarrgemeinderat koordiniert und vernetzt die verschiedenen Charismen und Begabungen, die in jeder Pfarrei vorhanden sind, und fördert die ehrenamtliche Mitarbeit. Gleichzeitig geben die Mitglieder des Pfarrgemeinderats der Pfarrei im Alltag ein Gesicht.“ Das ist treffend formuliert, kirchenrechtlich verankert und ganz im Sinne von Papst Franziskus, der zu Beginn seines Pontifikates sagte: „Vergessen wir nie, dass die wahre Macht der Dienst ist.“ Das gilt für alle – vom einfach gläubigen Weltchristen über Theologieprofessoren und Priester bis hin zur Gemeinschaft der Bischöfe und zum Papst. Wem dienen eigentlich Komitees und Gremien, die über kein Mandat von Katholiken verfügen, aber mit dem Anspruch auftreten, die Stimme der Weltchristen hierzulande zu sein?
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