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Die Würzburger Synode: Ein Experiment, aber kein Präzedenzfall

Der Würzburger Dom
Kardinal Karl Lehmann
Kardinal Reinhard Marx und ZdK-Vorsitzender Thomas Sternberg (CDU) am 5. Juli 2019
Bischof Georg Bätzing feiert bei der 2. Synodalversammlung in Frankfurt am Main am 1. Oktober 2021 die heilige Messe in der Synodenaula.

Die umfangreichen Situationsbeschreibungen der Würzburger Synode (1971 bis 1975) des späteren Kardinals Karl Lehmann dokumentieren das damalige Ringen um die Umsetzung der Konzilsbeschlüsse für die Ausgestaltung der deutschen Regionalsynode, für die es noch keine weltkirchlichen Regelungen gab.

Dazu Karl Lehmann in seiner Einleitung auf die Beschlüsse der Würzburger Synode: "Man war sich dieser strukturellen Vorläufigkeit des Statuts durchaus bewusst." Also wurde experimentiert. Laien blieben in der Minderheit und erhielten Stimmrecht. So, wie es auch seit 1983 für die Diözesansynoden im kirchlichen Gesetzbuch (CIC) geregelt ist. Denn es geht ja bei einer örtlichen Synode nicht um weltkirchliche Fragen zur Glaubens- und Sittenlehre.

LINK-TIPP: Teil Eins der Serie kann hier gelesen werden.

Karl Lehmann: "Die Gemeinsame Synode war sich stets ihrer Hinordnung auf die Gesamtkirche bewusst. … Die gesetzgeberischen Möglichkeiten einer teilkirchlichen Synode bewegen sich gewöhnlich und zunächst im Bereich von Konkretisierungen des geltenden Rechtes. Das Statut bestimmte in Art. 11 Abs. 3, dass Anträge, deren Gegenstände einer gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, ... nur in Form eines Votums an den Hl. Stuhl eingebracht werden können" (aaO S. 52).

Experiment ohne Allgemeingültigkeit 

Dass die Würzburger Synode erfolgreich experimentierte, aber wiederum auch keinen Präzedenzfall mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit schuf, zeigen die Ergebnisse der Beratungen über meist pastorale und gemischt kirchlich-weltliche Themen. Hier die Liste der Beschlüsse:

  • Unsere Hoffnung. Ein Bekenntnis zum Glauben in dieser Zeit
  • Der Religionsunterricht in der Schule
  • Die Beteiligung der Laien an der Verkündigung
  • Gottesdienst
  • Schwerpunkte heutiger Sakramentenpastoral
  • Ziele und Aufgaben kirchlicher Jugendarbeit
  • Kirche und Arbeiterschaft
  • Der ausländische Arbeitnehmer - eine Frage an die Kirche und die Gesellschaft
  • Christlich gelebte Ehe und Familie
  • Der Beitrag der katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland für Entwicklung und Frieden
  • Schwerpunkte kirchlicher Verantwortung im Bildungsbereich
  • Die Orden und andere geistliche Gemeinschaften. Auftrag und pastorale Dienste heute
  • Die pastoralen Dienste in der Gemeinde
  • Verantwortung des ganzen Gottesvolkes für die Sendung der Kirche
  • Rahmenordnung für die pastoralen Strukturen und für die Leitung und Verwaltung der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland
  • Ordnung der Schiedsstellen und Verwaltungsgerichte der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland
  • Pastorale Zusammenarbeit der Kirchen im Dienst an der christlichen Einheit
  • Missionarischer Dienst an der Welt

Lediglich beim Thema "Die Beteiligung der Laien an der Verkündigung" (3. Vollversammlung vom 3.-7. Januar 1973) kam es zum einzigen öffentlichen Zusammenstoß zwischen der Gemeinsamen Synode und einer römischen Kongregation. Die Situation entspannte sich wieder.

"Beide Seiten haben daraus gelernt", schrieb dazu Lehmann. "Die römischen Instanzen hielten sich in der Folge mit Interventionen merklich zurück und beschränkten sich wohl mehr auf indirekte Kontakte, während die Gemeinsame Synode realistisch die Grenzen ihrer Zuständigkeit ins Auge fasste. Die Synode achtete in Zukunft auch auf einen noch genaueren Umgang mit dem geltenden kirchlichen Recht und erkannte, dass wirksame Beschlüsse der Synode nicht nur dort gefunden werden, wo gesetzgeberische Kompetenzen berührt werden" (aaO, S. 53).

Ein geistliches Ereignis

Manche Anträge gelangten nicht an die römischen Instanzen, weil die Deutsche Bischofskonferenz über einige Voten in der vorgesehenen Formulierung eine Beschlussfassung der Synode nicht zuließ, zum Beispiel in der Frage der Weihe bewährter verheirateter Männer zu Priestern. "In der wichtigen Frage der Pastoral wiederverheirateter Geschiedener befreite sich die Synode aus den vielfältigen Schwierigkeiten, indem sie die Deutsche Bischofskonferenz um ein Votum an den Apostolischen Stuhl bat, was diese zusicherte", berichtete Karl Lehmann (aaO).

So verliefen die Beratungen erfolgreich, wenngleich Rom im Ergebnis bei vielen weltkirchlichen Anregungen später zurückhaltend blieb. 

Karl Lehmann erlebte die Gemeinsame Synode der deutschen Bistümer als "geistliches Ereignis". Er resümierte: "Im gemeinsamen Beten und Feiern … entsprang ein neues Ethos der Sachlichkeit und der Friedfertigkeit. Hier war der Ort, wo sichtbar wurde, dass die Grundgesetze einer Synode bei aller Anleihe demokratischer Verfahrensweisen ihren Ursprung nicht zuerst dem Parlamentarismus und einem allgemeinen Demokratisierungspostulat, sondern ungeachtet sonstiger Differenzen dem gemeinsamen Auftrag zum Dienst am Glauben verdanken. … Das Bewusstsein, dass solche Kirchenversammlungen mehr sind als parlamentsähnliche Gebilde gesellschaftlicher und politischer Art, war gewachsen" (aaO, S. 55). Liturgie, Meditation, Lesung und Gebet vereinigten sich in einer Weise, dass der Charakter der Themenbehandlung und die Ergebnisse davon mitbestimmt waren.

Damit wurde in der Würzburger Synode offenbar spürbar, was auch Papst Franziskus als besondere Eigenschaft einer Synode hervorhebt. In seinem Brief "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" vom Juni 2019 fasst Papst Franziskus in drei Sätzen zusammen: "Es handelt sich im Kern um einen synodos, einen gemeinsamen Weg unter der Führung des Heiligen Geistes. Das aber bedeutet, sich gemeinsam auf den Weg zu begeben mit der ganzen Kirche unter dem Licht des Heiligen Geistes, unter seiner Führung und seinem Aufrütteln, um das Hinhören zu lernen und den immer neuen Horizont zu erkennen, den er uns schenken möchte. Denn die Synodalität setzt die Einwirkung des Heiligen Geistes voraus und bedarf ihrer."

Warnende Worte von Papst Franziskus

Der aktuelle "Synodale Weg" der Kirche in Deutschland ist dagegen umstritten. Nicht nur hierzulande, sondern vor allem weltkirchlich. Denn die begleitenden mahnenden Worte des Papstes zum Synodalen Weg in Deutschland waren nicht zu übersehen, von Anfang an. Wie oft schreibt ein Papst der Kirche in Deutschland einen eigenen Brief? Wahrscheinlich hat das Schreiben vom 29. Juni 2019 eine historische Bedeutung. Es trägt den Titel: "Brief von Papst Franziskus – An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland". 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Nie davon gehört? Allein diese Tatsache ist ein Symptom: Wahrscheinlich haben nur wenige Gläubige etwas davon mitbekommen. Zwar kann der Papst alle Katholiken in Deutschland ansprechen, aber er kann nicht jeden Gläubigen persönlich anschreiben. Er ist darauf angewiesen, dass ihn hierzulande die Ortskirche mit ihren Medien und Möglichkeiten unterstützt. Offenbar ist das nur unzulänglich geschehen.

Papst Franziskus findet in seinem Brief viele gute Worte, aber er trägt auch seine Sorgen vor. Und die nehmen den Hauptteil des Briefes in Anspruch. Der Papst erinnert an den Besuch der Deutschen Bischöfe im Vatikan am 20. November 2015 und an Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils. "Meinerseits habe ich meine Betrachtungen zum Thema Synodalität anlässlich der Feier des 50-jährigen Bestehens der Bischofssynode dargelegt", schreibt er und weist auf die Apostolische Konstitution "Episcopalis communio" vom 15. September 2018 hin. 

Die Initiatoren des Synodalen Weges haben das offenbar zu wenig aufgegriffen. Denn Papst Franziskus setzte später nach. In einem Brief, der datiert am 4. September 2019 an die deutschen Bischöfe geschickt wurde, hat der Vatikan deren Pläne für einen verbindlichen "Synodalen Weg" in Deutschland als "ekklesiologisch ungültig" bezeichnet.

Deutliche Worte aus Rom

Im Juli 2019 hatte der damalige Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, erklärt, die Kirche stehe vor einem "epochalen Wandel" (aaO). Die internationale katholische Nachrichtenagentur CNA Deutsch meldete, dass der Ständige Rat der deutschen Bischofskonferenz im August einen Satzungsentwurf genehmigt habe.

Die Reaktion aus Rom folgte bald: In einem auf den 4. September 2019 datierten, an Kardinal Marx adressierten Brief schrieb Kardinal Marc Ouellet, Leiter der Bischofskongregation des Vatikans, dass die Pläne für eine Plenarversammlung den Erwartungen des Briefs von Papst Franziskus vom Juni entsprechen müssten. Ouellet betonte, dass eine Synode in Deutschland nicht die universale Lehre oder Disziplin der Kirche ändern könne (aaO). Offenbar gab es bereits Anhaltspunkte, die eine solche Klarstellung nötig machten. 

Hochrangige Kirchenrechtler des Vatikans bekräftigten mit deutlichen Worten, dass der deutsche Prozess nicht "verbindlich" sein konnte.

Ein vom Präsidenten des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte unterzeichnete Gutachten besagt, dass die Vorhaben der deutschen Bischöfe gegen kirchenrechtliche Vorschriften verstoßen und darauf abzielen, die universalen Vorschriften und die Lehre der Kirche zu ändern.

Erzbischof Filippo Iannone, Präsident des Päpstlichen Rates für Gesetzestexte, stellte bei seiner juristischen Überprüfung der Entwürfe fest, dass die deutschen Bischöfe vier Schwerpunktthemen behandeln wollen: "Macht, Partizipation und Gewaltenteilung", "Sexualmoral", "Priesterliche Lebensform", "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" (aaO).

"Es ist leicht zu erkennen, dass diese Themen nicht nur die Kirche in Deutschland betreffen, sondern auch die universale Kirche und – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht Gegenstand der Überlegungen oder Entscheidungen einer Partikularkirche sein können." Das römische Schreiben betont: Die Synodalität in der Kirche, auf die sich Papst Franziskus oft bezieht, sei nicht gleichbedeutend mit Demokratie oder Mehrheitsentscheidungen, so Iannone (aaO).

Die Fortsetzung lesen Sie am morgigen 29. Dezember bei CNA Deutsch. Der erste Teil wurde bereits veröffentlicht.

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