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Über die Sünde in der Kirche

Das Heiligtum von Fatima.

Am 11. Mai 2010 reiste Papst Benedikt XVI. nach Portugal, anlässlich des 10. Jahrestages der Seligsprechung der Hirtenkinder von Fátima, Jacinta und Francisco. Unvergessen bleibt heute dieses Jahr auch, weil 2010 der Skandal des sexuellen Missbrauchs von Amtsträgern der Kirche sowie die Vertuschung dieser entsetzlichen Verbrechen öffentlich zutage trat. Pater Federico Lombardi SJ hat in einem Interview auf der Flugreise nach Portugal die durch den „Mißbrauch von Minderjährigen verursachten Leiden der Kirche von heute“ angesprochen und den Heiligen Vater um Worte im Zusammenhang mit der Vision von Fátima hierzu gebeten.  Benedikt XVI. hatte selbst wenige Wochen zuvor in einem weltweit beachteten und heute nahezu vergessenen Brief an die Katholiken in Irland die unvorstellbaren Verbrechen klar benannt sowie Aufklärung gefordert.

Benedikt XVI. spricht an jenem Tag von der erschütternden Realität des Bösen. Die Vision von Fátima stehe für die „ständige Umkehr, die Buße, das Gebet und die drei göttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe“. Diese „wahre und grundlegende Antwort“ müsse die Kirche geben. Doch wer ist eigentlich die Kirche? Sind das Institutionen, Amtsträger oder vermeintliche und tatsächliche Strukturen der Macht? Benedikt sagt deutlich, dass „jeder von uns“ gefordert sei zu Umkehr und Reinigung – also „wir“ alle. Die „Angriffe“ gegen die Kirche kämen nicht nur von außen, „sondern die Leiden der Kirche kommen gerade aus dem Inneren der Kirche, von der Sünde, die in der Kirche existiert“. Auf erschreckende Weise werde sichtbar, dass die „größte Verfolgung der Kirche“ nicht von den „äußeren Feinden“ komme, sondern „aus der Sünde in der Kirche“ erwachse.

Der Realismus erfordere, mit dem Bösen zu rechnen. Mit Benedikts Worten: „Seien wir realistisch darauf gefaßt, daß das Böse immer angreift, von innen und von außen, aber daß auch die Kräfte des Guten immer gegenwärtig sind und daß letztendlich der Herr stärker ist als das Böse. Und die Muttergottes ist für uns eine sichtbare, mütterliche Garantie der Güte Gottes, die immer das letzte Wort in der Geschichte ist.“ Rechnen wir mit den Angriffen des Bösen? Oder sind wir versucht, diese Macht zu rationalisieren und so auf ein menschliches Maß zurechtzuschneiden? Oder leugnen wir das Böse sogar? Soviel ist sicher: Wir können das tun, aber das Böse bleibt eine Realität. 

Erinnern wir uns an die Kreuzwegmeditationen, die Kardinal Joseph Ratzinger 2005 verfasst hat. Zur neunten Station schrieb er: „Wie viel Schmutz gibt es in der Kirche und gerade auch unter denen, die im Priestertum ihm ganz zugehören sollten?“ Darauf folgte dieses Gebet: „Herr, oft erscheint uns deine Kirche wie ein sinkendes Boot, das schon voll Wasser gelaufen und ganz und gar leck ist. Und auf deinem Ackerfeld sehen wir mehr Unkraut als Weizen. Das verschmutzte Gewand und Gesicht deiner Kirche erschüttert uns. Aber wir selber sind es doch, die sie verschmutzen. Wir selber verraten dich immer wieder nach allen großen Worten und Gebärden. Erbarme dich deiner Kirche: Auch mitten in ihr fällt Adam immer wieder. Wir ziehen dich mit unserem Fall zu Boden, und Satan lacht, weil er hofft, daß du von diesem Fall nicht wieder aufstehen kannst, daß du in den Fall deiner Kirche hineingezogen selber als Besiegter am Boden bleibst. Und doch wirst du aufstehen. Du bist aufgestanden – auferstanden und du kannst auch uns wieder aufrichten. Heile und heilige deine Kirche. Heile und heilige uns.“ Daran glaube ich. Darauf hoffe ich. Darauf vertraue ich – auch und gerade in Zeiten wie diesen. Und Sie? 

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

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