Donnerstag, November 14, 2024 Spenden
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Was nützt unser Gebet für die Ukraine?

Eine Frau betet in einer katholischen Kirche

Liebe Schwester und Brüder

Angesichts des Krieges von Russland gegen die Ukraine möchte ich zunächst ein paar Worte sagen über die Bedeutung des Gebetes. Wir alle stellen uns ja die Frage: Was nützt unser Gebet, um Blutvergießen zu vermeiden und zu beenden? Ich antworte: Wir sollen und müssen auf jeden Fall beten. Beten hilft. Beten ist ein Zeichen unseres Glaubens, dass Gott das letzte Wort hat. Jesus sagt: Bittet und ihr werdet empfangen, suchet und ihr werdet finden, klopfet an und es wird euch aufgetan werden.

Wie können wir uns vorstellen, dass unser Gebet nicht umsonst ist?

Ich stelle mir den Kosmos in Raum und Zeit wie eine Riesenfülle an Atomen vor, an winzigen geistigen Teilchen. Jedes Gebet, jeder liebevolle Gedanke ist ein positives Teilchen. Jeder böse Gedanke ist ein negatives Teilchen. Jedes Teilchen spielt eine Rolle. Keines ist ohne Wirkung. Jedes Teilchen strahlt positiv oder negativ aus, beeinflusst das Ganze des Kosmos in Zeit und Raum. Das ist der Versuch eines verstehbaren Modells, warum wir allezeit beten sollen und warum das Gebet immer nützlich ist.

Wir wissen ja aus Erfahrung, dass viele unserer Gebete das Ziel, das wir im Auge hatten, nicht erreichten. Wir beteten etwa für die Genesung eines Kranken, und er blieb trotzdem krank, blieb vielleicht lebenslang krank. Wir erreichen oft nicht das Ziel unseres Betens. Nicht etwa, weil wir schlecht gebetet haben, sondern weil Gott ein anderes Ziel hatte. Wir kennen es nicht. Wir können und müssen nur vertrauen, dass Gott das Gute will und schon weiß, warum dies oder jenes Unglück passierte. Er fügt alles, was geschieht, was die Menschen in ihrem Denken und Beten als Ziele verfolgen so zusammen, dass es seinen Zielen dient; und diese Ziele sind das Heil aller. Das nennt man Vorsehung.

Also bitte: Glauben wir daran, dass unser Gebet für den Frieden in der Ukraine nicht umsonst ist. Legen wir unsere Hände in Gottes Hände und bitten ihn verzweifelt um Hilfe. Vor allem empfehle ich die Bitte um den heiligen Geist für die Verantwortlichen, für Wladimir Putin, für seine Berater, für die westlichen Politiker.  Und fragen wir uns, welche westlichen Einstellungen vielleicht den Überfall auf die Ukraine erleichtert haben. Waren wir im Westen zu sehr nur auf unser eigenes wirtschaftliches und politisches Wohl aus? Wenn wir weise, gebildete Erdenbürger sind, müssen wir immer an das Wohl aller Bewohner der Erde denken. Auch wenn wir das Elend Afrikas verdrängen, werden wir schuldig. Wer weiß, ob es eines Tages zurückschlägt. Angesagt sind immer Denken und Beten. Denken wir genug? Beten wir genug?

Jetzt ist Zeit des Betens voll Vertrauen, dass es das Wunder des Gebetes gibt.

Und nun noch ein paar Gedanken zum heutigen Evangelium. In ihm haben wir auch den Satz gehört: „Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem eigenen Auge beachtest du nicht?“

Ich denke dabei an die schrecklichen Splitter des sexuellen Missbrauchs in den Augen unserer Brüder. Ja – wir müssen nach ihnen suchen, sie aufdecken, die Sünder zur Busse auffordern, sie zur Umkehr geleiten. Aber sehen wir auch die Balken in unseren eigenen Augen? Wir sind in einem Dilemma oder in einer besonderen Herausforderung.

Einerseits müssen wir alle mithelfen, die Sünden von Priestern und Bischöfen aufzudecken und so den Opfern zu helfen. Aber wehe wenn wir selbstgerecht sind und so tun als wären wir sündelos! Es ist ein Drahtseilakt. Wenn wir kämpfen gegen die Sünden des sexuellen Missbrauchs von Priestern, besteht die Gefahr, dass wir meinen, wir seien sündelos oder überlegen. Wenn wir aber nicht kämpfen gegen die Aufdeckung machen wir uns auch schuldig. Für diese Aufdeckung brauchen wir eigentlich ein reines Herz, um in der richtigen Weise gegen die Sünde und für ihre Aufdeckung zu kämpfen. Haben wir ein reines Herz? Kehren wir auch und zuerst vor der eigenen Tür?

Wenn wir dann aber primär vor der eigenen Tür kehren, wird uns vielleicht vorgeworfen, wir kümmerten uns zu wenig um die Opfer des sexuellen Missbrauchs.

Wahrscheinlich wird es immer jemanden geben, der unser Tun kritisiert. Wahrscheinlich wird es immer andere geben, die unser Tun für falsch hält. Vermutlich muss jeder von uns, seinen eigenen Weg gehen. Wegschauen ist nicht gut, aber Hinschauen ohne Rückblick auf sich selbst ist auch gefährlich. Wir brauchen den Blick Jesu. Ihm war die Sünde nicht gleichgültig. Aber der Sünder war ihm noch wichtiger. Wichtig war ihm das Umdenken. Ihm waren vor allem die Kleinen wichtig, die Kinder, denen wir Ärgernis geben. Jesus sagt: „Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals hängt und er in der Tiefe des Meeres versenkt würde. Wehe der Welt wegen der Ärgernisse!“ (Math. 18.6.) Wenn wir Jesus folgen wollen, müssen wir sehr aufmerksam hinhören. Manchmal mehr schweigen, als diskutieren.

Es ist sehr leicht, die Fehler und Sünden von Kirchenführern zu sehen. Sehen sollten wir aber vor allem Jugendliche und Kinder, die das Evangelium vielleicht liebend aufnähmen, wenn wir es ihnen aus ganzem Herzen und überzeugt vorleben und vortragen. Kirchenaustritte hängen nicht nur von den Sünden der Priester und Bischöfen ab, sondern auch vom Verhalten der Mitchristen. Mitchristen können überzeugen und mitreißen. Mitchristen können auch abstoßen. Wehe wenn wir nur die Defekte der Anderen sehen, die eigenen Defekte aber nicht. Leben wir so, dass wir zum Glauben mitreißen. Amen

Pater Eberhard von Gemmingen SJ war von 1982 bis 2009 Redaktionsleiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan. 

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