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Papst Franziskus bei interreligiösem Treffen in Kasachstan: "Religion ist Teil der Lösung"

Papst Franziskus beim "VII Congress of Leaders of World and traditional Religions" im "Palast des Friedens und der Versöhnung" in Nur-Sultan (Kasachstan) am 14. September 2022.
Papst Franziskus

Bei der Eröffnung des "VII Congress of Leaders of World and traditional Religions" im "Palast des Friedens und der Versöhnung" in Nur-Sultan (Kasachstan) hat Papst Franziskus die Rolle der Religionen bei der Bewältigung globaler Herausforderungen betont. In seiner Ansprache prangerte der Papst neben dem Krieg und dem Klimawandel auch die "Entsorgung" von Menschen durch Abtreibung an.

Der Pontifext besucht das interreligiöse Treffen im Rahmen seiner Apostolischen Reise durch Kasachstan. Franziskus landete am gestrigen Dienstag in der Hauptstadt des Landes und wird am Donnerstag nach Rom zurückkehren.

Veranstaltung beginnt mit stillem Gebet

Die Vollversammlung wurde zunächst mit einem stillen Gebet der Religionsführer eröffnet. Neben Papst Franziskus und dem vatikanischen Staatssekretär Kardinal Pietro Parolin waren auch Vertreter des Islam, der Orthodoxie, des Buddhismus und der evangelischen Kirche anwesend.

In seiner Ansprache betonte der Papst, dass jede Religion die Gläubigen daran erinnere, dass sie Geschöpfe sind. "Wir sind nicht allmächtig, sondern Frauen und Männer auf dem Weg zum selben Himmel", so Franziskus. Er zitierte auch den kasachischen Dichter Abai (1845-1904), der einst sagte: "Was ist die Schönheit des Lebens, wenn man nicht in die Tiefe geht?"

"Es sind Fragen wie diese", ergänzte der Pontifex, "die das Bedürfnis nach Religion wecken, die uns daran erinnern, dass wir Menschen nicht so sehr existieren, um irdische Interessen zu befriedigen und Beziehungen rein wirtschaftlicher Art zu knüpfen, sondern um gemeinsam unterwegs zu sein, als Wanderer mit einem zum Himmel gerichtetem Blick. Wir müssen den letzten Fragen einen Sinn geben, eine Spiritualität pflegen."

Papst kritisiert aufgezwungenen Atheismus und betont Religionsfreiheit

Das "Erbe eine jahrzehntelang aufgezwungenen staatlichen Atheismus" sei besonders in Kasachstan "wohlbekannt", mahnte Franziskus und beschrieb es als "jene bedrückende und erstickende Mentalität, bei der allein schon die Verwendung des Wortes „Religion“ Verlegenheit hervorrief". Wörtlich fügte er an:

"In Wirklichkeit sind die Religionen nicht ein Problem, sondern Teil der Lösung für ein harmonischeres Zusammenleben. Das Streben nach Transzendenz und der heilige Wert der Geschwisterlichkeit können in der Tat die Entscheidungen inspirieren und erhellen, die im Zusammenhang mit geopolitischen, sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen – im Grunde jedoch geistlichen – Krisen zu treffen sind. Diese Krisen durchziehen viele der heutigen Institutionen, selbst die Demokratien, und gefährden die Sicherheit und Harmonie zwischen den Völkern. Deshalb brauchen wir die Religion, um auf den Durst der Welt nach Frieden zu antworten und auf den Durst nach dem Unendlichen, der im Herzen eines jeden Menschen wohnt."

Eine Voraussetzung für eine "menschliche und ganzheitliche Entwicklung" sei vor allem die Religionsfreiheit ist daher die Religionsfreiheit. An die anwesenden religiösen Führer richtete der Pontifex daher folgenden Appell: "Brüder und Schwestern, wir sind freie Geschöpfe. Unser Schöpfer ist 'für uns zur Seite getreten', hat seine absolute Freiheit sozusagen 'eingeschränkt', um auch uns zu freien Geschöpfen zu machen. Wie können wir dann unsere Geschwister in seinem Namen zu etwas zwingen?"

Und weiter: 

"Die Religionsfreiheit ist ein grundlegendes, primäres und unveräußerliches Recht, das überall gefördert werden muss und sich nicht nur auf die Freiheit der Religionsausübung beschränken darf. In der Tat hat jeder Mensch das Recht, den eigenen Glauben öffentlich zu bezeugen und als Angebot darzulegen, ohne ihn jemals anderen aufzuzwingen."

Die Verkündigung unterscheide sich vom Proselytismus und der Indoktrination, die zu verurteilen sei. Religionsbekenntnisse jedoch ins Private zu verbannen würde die Gesellschaft jedoch "eines außerordentlichen Reichtums berauben", da gelebte Verschiedenheit die "beste Weise" sei, "um die spezifischen Merkmale eines jeden hervorzuheben, die Menschen zu vereinen, ohne sie zu vereinheitlichen, ihre höchsten Bestrebungen zu fördern, ohne ihren Elan zu dämpfen".

Papst: Religion darf sich niemals für Kriege instrumentalisieren lassen

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Papst Franziskus erinnerte an die Coronavirus-Pandemie, die die Weltreligionen zu einer "größeren Einigkeit" aufgefordert habe. Man dürfe nun das Bedürfnis nach Solidarität nicht zunichtemachen, "indem wir so weitermachen, als wäre nichts geschehen, ohne uns von der Notwendigkeit herausfordern zu lassen, gemeinsam die dringenden Probleme anzugehen, die alle betreffen". Die Religionen müssten nun "an vorderster Front" stehen und die Einheit fördern. Der Papst wörtlich:

"Wie viele haben auch heute noch keinen einfachen Zugang zu Impfstoffen! Lasst uns auf ihrer Seite stehen, nicht auf der Seite derer, die mehr haben und weniger geben; lasst uns prophetische und mutige Gewissen sein. Lasst uns allen Menschen nahe sein, besonders aber den allzu vielen Vergessenen von heute, den Ausgegrenzten, den schwächsten und ärmsten Schichten der Gesellschaft, denen, die im Verborgenen und im Stillen leiden, weit weg vom Scheinwerferlicht."

Als weitere Herausforderung hob der Heilige Vater die "Geißel des Krieges" hervor: "Wenn der Schöpfer, dem wir uns geweiht haben, das menschliche Leben hervorgebracht hat, wie können wir, die wir uns als gläubig bezeichnen, seiner Zerstörung zustimmen?" Unverblümt unterstrich Franziskus, dass sich Religion niemals von der Politik für kriegerische Ambitionen instrumentalisieren lassen dürfe. Wörtlich:

"Rechtfertigen wir niemals Gewalt. Lassen wir nicht zu, dass das Heilige vom Profanen instrumentalisiert wird. Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen! Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg. Setzen wir uns daher noch mehr dafür ein, dass Konflikte nicht mit den untauglichen Mitteln der Gewalt, mit Waffen und Drohungen gelöst werden, sondern mit den einzigen vom Himmel gesegneten und des Menschen würdigen Mitteln: Begegnung, Dialog, geduldige Verhandlungen, die besonders mit Blick auf die Kinder und die junge Generation geführt werden."

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Die "Entsorgung" von Menschen

Nicht in Rüstung müsse man investieren, sondern in Bildung, so der Papst weiter. Dazu gehöre auch die "geschwisterliche Annahme". Papst Franziskus prangerte in diesem Zusammenhang auch die Praxis der Abtreibung an. Er sagte:

"Heute gibt es große Schwierigkeiten, den Menschen zu akzeptieren. Jeden Tag werden ungeborene Babys und Kinder, Migranten und alte Menschen entsorgt. So viele Brüder und Schwestern sterben, geopfert auf dem Altar des Profits, umhüllt vom frevelhaften Weihrauch der Gleichgültigkeit. Doch jedes menschliche Leben ist heilig."

Krieg, Armut, Klimawandel und das Streben nach Wohlstand sorge auch heute für "Bevölkerungswanderungen", so der Papst weiter. Es sei wichtig, sich nicht nur an die eigenen Sicherheiten zu klammern, sondern auch Fremde aufzunehmen. "Es ist der Weg des Mitgefühls, der uns menschlicher und gläubiger macht", erklärte Franziskus.

Herausforderungen gemeinsam bewältigen

Abschließend mahnte der Heilige Vater auch die "Bewahrung des gemeinsamen Hauses" an und sprach über die Gefahren des Klimawandels. Wörtlich:

"Mit liebevoller Fürsorge hat der Allerhöchste ein gemeinsames Haus für das Leben geschaffen; und wir, die wir uns als die Seinen bezeichnen, wie können wir zulassen, dass es verschmutzt, misshandelt und zerstört wird? Lasst uns auch bei dieser Herausforderung unsere Kräfte bündeln. Sie ist nicht die bedeutungsloseste. Sie ist in der Tat mit der ersten, der Pandemie, verbunden. Viren wie Covid- 19 sind mikroskopisch klein, aber in der Lage, die großen Ambitionen des Fortschritts zu zerstören. Sie stammen oft aus der Tierwelt und entstammen einem gestörten Gleichgewicht, das zum großen Teil auf uns zurückzuführen ist. Denken wir zum Beispiel an die Abholzung der Wälder, den illegalen Handel mit lebenden Tieren, die Massentierhaltung... Es ist die Mentalität der Ausbeutung, welche das Haus, das wir bewohnen, zerstört."

Deshalb seien die Religionen dazu aufgerufen, diese Herausforderungen sowie alle anderen gemeinsam anzugehen. "Möge der Allerhöchste uns von den Schatten des Misstrauens und der Falschheit befreien", lautete der abschließende Appell des Papstes, "möge er uns gewähren, sonnige und geschwisterliche Freundschaften zu pflegen, durch häufigen Dialog und klare Aufrichtigkeit der Absichten. Suchen wir nicht nach falschen, versöhnlichen Synkretismen, sondern bewahren wir unsere Identitäten in Offenheit für den Mut zum Anderssein und für die geschwisterliche Begegnung."

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