Fulda, 29 September, 2022 / 3:55 PM
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hat die von Kurienkardinal Kurt Koch am Synodalen Weg geübte Kritik scharf verurteilt. „Ich finde, es ist eine völlig inakzeptable Entgleisung von Kardinal Koch, wenn er angesichts des Orientierungstextes einen Vergleich mit der Nazi-Zeit wählt“, sagte Bischof Georg Bätzing am Donnerstagnachmittag bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Herbst-Vollversammlung der DBK in Fulda.
Koch, der Präsident des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, hatte gesagt, es erschrecke ihn, dass man gerade in Deutschland von neuen Offenbarungsquellen spreche: „Denn diese Erscheinung hat es bereits während der nationalsozialistischen Diktatur gegeben, als die sogenannten ‚Deutschen Christen‘ Gottes neue Offenbarung in Blut und Boden und im Aufstieg Hitlers gesehen haben.“
Demgegenüber habe „die Bekennende Kirche mit ihrer Barmer Theologischen Erklärung im Jahre 1934 protestiert, deren erste These heißt: ‚Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle der Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.‘“
Bätzing konstatierte: „Die Vollversammlung der Bischöfe hat mit Entsetzen auf diese Äußerung reagiert, mit der sich Kardinal Koch in der theologischen Debatte disqualifiziert.“ Es gebe bereits seit einiger Zeit „Versuche der Delegitimierung des Synodalen Wegs“ durch den Kardinal.
„Im Sinne der Sache und im Sinne der Gläubigen der katholischen Kirche in Deutschland, die sich im Synodalen Weg engagieren, erwarte ich von Kardinal Koch eine öffentliche Entschuldigung für diese völlig unakzeptable Weise einer Formulierung“, forderte der DBK-Vorsitzende. Andernfalls werde er „eine offizielle Beschwerde beim Heiligen Vater einreichen“.
„Darüber sind die bischöflichen Kollegen informiert und ich glaube ich habe da eine ganz große Rückendeckung, das so zu tun“, sagte Bätzing.
„Aus den Äußerungen spricht, wie häufiger bereits bei Kardinal Koch, pure Angst, dass sich etwas bewegt“, sagte der Bischof. „Aber ich kann versprechen: Es wird sich etwas bewegen und das wird auch Kardinal Koch – schon gar nicht durch solche Äußerungen – aufhalten können.“
„Ich will jetzt nicht sagen, wie man zu einem Medium sich positioniert, dass ein solches Interview oder solche Texte – ja dafür auch eine Verantwortung trägt und abdruckt“, so Bätzing zum Abschluss seiner mehrere Minuten andauernden Stellungnahme zu Koch. Das Gespräch mit Koch war in der renommierten und gut informierten katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“ erschienen. Der bekannte Publizist Martin Lohmann führte das Interview.
Pressebericht zum Abschluss der DBK-Vollversammlung
Der traditionelle schriftliche Pressebericht des DBK-Vorsitzenden zum Abschluss einer Vollversammlung umfasste heuer 16 Seiten.
Beim Studienhalbtag zum Synodalen Weg, so der Bericht, sei „das Handeln von uns Bischöfen“ kritisch beleuchtet worden. „Wie lassen sich, so war zu fragen, schwierige und belastende Situationen künftig so angehen, dass trotz der Spannbreite unserer Positionen ein konstruktiver Geist Raum greifen kann und auch die Menschlichkeit und unsere communio (Gemeinschaft) immer spürbar bleibt.“
Im Rahmen der Pressekonferenz sagte Bätzing, es gebe einen Konsens darüber, dass es unter den Bischöfen einen Dissens gebe.
In der internen Debatte habe man etwa „über die Frage des Verhältnisses von Wahrheit und Geschichtlichkeit“ gesprochen: „In verschiedenen Perspektiven wurde betont, dass Wahrheitsansprüche sich nicht einfach mit dem Verweis auf die Geschichtlichkeit aller Wahrheitserkenntnis pauschal vom Tisch wischen lassen. Eine weitere Perspektive ist, dass es für den Menschen als geschichtliches Wesen keine außergeschichtliche oder übergeschichtliche Erkenntnis der Wahrheit gibt.“
So stünden Kontinuität und Wandel „in einem Spannungsverhältnis, das sich nicht einfach nach einer Seite hin auflösen lässt. Der Kirche stellt sich damit die Aufgabe, immer wieder neu nach der Wahrheit der Person Jesu Christi für ihre jeweilige Gegenwart zu fragen. Das Zueinander von Tradition und Veränderung ist verantwortungsvoll so auszuloten, dass die Kirche weder modischen Trends hinterherläuft noch gegenwartsblinden Traditionalismen verhaftet bleibt.“
Bei der vierten Synodalversammlung des Synodalen Wegs Anfang September wurden mehrere Texte beschlossen, die eine Kehrtwende in der überlieferten kirchlichen Lehre darstellen oder einfordern, etwa mit Blick auf den Zugang von Frauen zum Weihesakrament oder eine Neubewertung der gelebten Homosexualität.
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