Rom, 15 Januar, 2024 / 4:35 PM
Alles nur ein Missverständnis? Papst Franziskus hat am Sonntagabend in einem Talkshow-Auftritt auf Fragen zur Einführung „spontaner“ Sekunden-Segnungen homosexueller Paare durch Priester geantwortet.
Die Segnungen wurden kurz vor Weihnachten mit einer Erklärung des Vatikans mit dem Titel Fiducia Supplicans ermöglicht, stoßen jedoch vielerorts auf totale Ablehnung und vernichtende Kritik.
Bei seinem Auftritt in einer italienischen Talkshow am 14. Januar wurde der 87-jährige Papst gefragt, ob er sich „allein gefühlt“ habe angesichts dieses Widerstands, berichtete die Catholic News Agency (CNA).
„Manchmal werden Entscheidungen nicht akzeptiert“, antwortete Papst Franziskus. „Aber in den meisten Fällen, wenn man eine Entscheidung nicht akzeptiert, liegt es daran, dass man sie nicht versteht.“
Der Papst sagte in der Sendung wörtlich, dass „der Herr jeden segnet“ und ein Segen eine Einladung sei, in ein Gespräch einzutreten, „um zu sehen, was der Weg ist, den der Herr ihnen vorschlägt.“
„Der Herr segnet alle, die sich taufen lassen können, das heißt alle Menschen“, wiederholte Franziskus.
„Aber wir müssen sie an der Hand nehmen und ihnen helfen, diesen Weg zu gehen, anstatt sie von vornherein zu verurteilen“, fügte er hinzu. „Und das ist die pastorale Arbeit der Kirche. Das ist eine sehr wichtige Arbeit für Beichtväter.“
Dem italienischen Programm „Che Tempo Che Fa“, dem er per Videolink aus seiner Residenz Santa Marta in der Vatikanstadt zugeschaltet war, sagte der Papst: Wenn jemand mit einer Entscheidung nicht einverstanden sei, solle er seine Bedenken in einer „brüderlichen Diskussion“ äußern.
„Die Gefahr ist, wenn mir etwas nicht gefällt und ich es mir zu Herzen nehme, werde ich zum Widerstand und komme zu hässlichen Schlussfolgerungen“, sagte Papst Franziskus. „Das ist bei der letzten Entscheidung über die Segnung aller geschehen.“
Widerstand und Schlussfolgerungen
Der Talkshow-Auftritt war die erste öffentliche Stellungnahme des Papstes zu der brodelnden Kontroverse.
Einen Tag davor, am Samstag, sprach Franziskus über Fiducia und seine Folgen bei seinem Treffen mit 800 Priestern der Diözese Rom in der Erzbasilika von Sankt Johannes im Lateran.
Dieser Auftritt war nicht öffentlich, aber Medien berichteten darüber. Nach Angaben des vatikanischen Medienportals Vatican News sagte der Papst den Geistlichen, dass sich die Lehre der Kirche über das Sakrament der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau nicht geändert habe.
Andere italienische Medien, darunter der italienische Nachrichtensender Sky TG24, berichteten dagegen, Papst Franziskus habe den Priestern gesagt, dass eine LGBT-Organisation nicht gesegnet werden kann, Menschen aber immer gesegnet werden können und die Erklärung in Afrika nicht umgesetzt werde, „weil die Kultur sie nicht akzeptiert.“
Tatsächlich haben die Bischöfe Afrikas gesagt — wie CNA Deutsch berichtete — es gehe um die Lehre der Kirche und die heilige Schrift, das Naturrecht und eine darin verankerte Kultur.
Papst Franziskus hat laut den afrikanischen Bischöfen dieser Entscheidung zudem zugestimmt, und ähnlich wie die geschlossenen Bischofskonferenzen Afrikas haben Bischöfe in Frankreich, Polen, Ungarn und anderen Ländern reagiert.
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Dagegen haben andere Bischöfe in Mittel- und Westeuropa den Vorstoß aus dem Vatikan begrüßt, darunter Bischof Georg Bätzing von Limburg. Gleichzeitig kam auch aus der Kirche in Deutschland vehemente Kritik.
Offene Fragen und schwere Vorwürfe
In Deutschland werden homosexuelle Verbindungen schon länger an manchen Orten auf eine Weise gesegnet, wie es auch der deutsche Synodale Weg fordert: Als liturgische Handlungen.
Dies widerspricht auch den neu beschriebenen Segens-Vorstellungen des Vatikans, und darüber will der Leiter der Glaubensbehörde vor Ort in Deutschland mit den Bischöfen sprechen.
In Deutschland erheben führende Spitzenfunktionäre, die sich beim Synodalen Weg und in der Öffentlichkeit für eine homosexuelle „Ehe“ in der Kirche starkmachen, schwere Vorwürfe gegen Papst Franziskus und seinem Glaubenspräfekten, wie CNA Deutsch berichtete. Ihnen geht der Vorstoß nicht weit genug.
Mehrere Bischöfe haben wiederum kritisiert, wie die Erklärung überhaupt zustande kommen konnte.
Andere Prälaten — darunter Bischöfe in englischsprachigen Ländern, von Australien bis in die Vereinigten Staaten — haben so vorsichtig das Schreiben und weitere Äußerungen aus Rom eingeordnet, dass eine Anwendung in der Praxis kaum möglich ist: Eine höfliche Variante der afrikanischen Antwort?
Aus der Sicht dieser Kritiker ist fragwürdig, ob und wie die von Papst Franziskus unterstützten Segnungen letztlich wirklich möglich sein sollen. Auch und gerade dann, wenn sie nur wenige Sekunden lang, an einem unwichtigen Ort spontan stattfinden können; zumal erwartbar ist, dass gleichgeschlechtliche Paare, die sich segnen lassen, auch die Legitimität ihrer Verbindung einfordern, wie die Afrikaner feststellten.
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