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Kritik am Synodalen Weg auf Theologischer Sommerakademie in Aigen

Martin Grünewald

In einem Vortrag hat Martin Grünewald, der ehemalige Chefredakteur des Kolpingmagazins und regelmäßiger Autor für CNA Deutsch, bei der 34. Internationalen Theologischen Sommerakademie in dieser Woche im österreichischen Aigen mit historischen Bezügen den Verlauf und die Methode des deutschen Synodalen Wegs kritisiert, insbesondere verglichen mit der Weltsynode.

Grünewald begann seinen Vortrag mit einem Blick in die Geschichte und stellte die Frage nach einer der wichtigsten Sternstunden des christlichen Abendlandes. Für ihn waren dies die Jahre, in denen Thomas von Aquin von 1256 bis 1259 an der Pariser Universität lehrte.

Thomas von Aquin, bekannt als Erfinder der disputatio de quodlibet, einer freien Diskussion, bei der die Zuhörer direkt das Thema bestimmen, habe das Ringen um die Wahrheit in den Vordergrund gestellt. Die Disputation, so Grünewald, sei eine der Grundformen der Wahrheitsfindung gewesen und habe auf einem Ethos der Fairness beruht – ein Prinzip, das im heutigen Diskurs oft vermisst werde.

Im Mittelalter sei der Andersdenkende nicht als Gegner, sondern als Ansporn gesehen worden, den eigenen Standpunkt zu vertiefen und die Wahrheit gemeinsam zu finden. Dieses Prinzip, so Grünewald, sei in der modernen Gesellschaft und insbesondere beim deutschen Synodalen Weg in den Hintergrund getreten.

Beim Synodalen Weg habe oft eine Atmosphäre der Ausgrenzung und Diffamierung vorgeherrscht. Als Beispiel nannte er Buh-Rufe und rote Karten für missliebige Beiträge – eine Praxis, die im Mittelalter undenkbar gewesen wäre.

Besonders kritisch sah Grünewald die strukturellen und methodischen Mängel des Synodalen Weges: Redezeiten von einer Minute und die Behandlung von 117 Anträgen ohne die Möglichkeit einer ausführlichen Debatte zeigten, dass eine ernsthafte theologische Auseinandersetzung nicht möglich sei. Das Verfahren sei parlamentarisch mangelhaft und widerspreche dem synodalen Gedanken der Einmütigkeit und der Suche nach dem besten Weg für die ganze Kirche.

Demgegenüber hob Grünewald die Weltsynode und ihre synodalen Methoden hervor, wie sie Papst Franziskus beschrieben habe. Franziskus habe betont, dass es bei einer Synode nicht um die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit gehe, sondern darum, unter der Führung des Heiligen Geistes eine Lösung zu finden, die fast alle mittragen könnten.

Als Beispiel nannte Grünewald das Zweite Vatikanische Konzil, bei dem die Konstitution Lumen Gentium mit überwältigender Mehrheit verabschiedet wurde, was ein Zeichen gelungener Synodalität sei.

Grünewald kritisierte die Fixierung des deutschen Synodalen Wegs auf parlamentarische Mehrheitsentscheidungen, bei denen oft nur eine Stimme Vorsprung den Ausschlag gebe. Dies führe zu einer Dominanz der Mehrheit und einer Marginalisierung der Minderheit, was im Widerspruch zur Synodalität stehe, die auf Einmütigkeit und Verantwortung beruhe.

Als besorgniserregend charakterisierte Grünewald die theologische Ausrichtung des Synodalen Wegs, die er als Abweichung von der 2000-jährigen Glaubenstradition beschrieb. Er verwies auf die Kritik mehrerer europäischer Bischofskonferenzen und Bischöfe aus der Weltkirche, die den deutschen Weg als gefährlich für das überlieferte Glaubensgut ansehen.

Er betonte zudem die Notwendigkeit, die Gaben des Heiligen Geistes zu nutzen und die Laien stärker in die synodalen Prozesse einzubinden. Papst Franziskus habe in einem Brief an die Priester weltweit dazu aufgerufen, die Gaben der Laien zu entdecken und zu fördern, die Kunst der gemeinschaftlichen Unterscheidung zu erlernen und die Geschwisterlichkeit zu fördern.

Grünewald schloss mit einem Appell an die Kirche, die reiche Tradition echter Synodalität wiederzubeleben und auf den Heiligen Geist zu vertrauen, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen. „Es gibt keinen Zwang, erfolgreich zu sein in dieser Welt, die Gott weitgehend ausgeblendet hat“, sagte er, „aber es gibt die Möglichkeit, dass wir als Kirche den Reichtum, den Gott für uns bereit hält, bewusst annehmen und stärker daraus leben“.

Stephan Kampowski über eine spezifisch christliche Moral

Nach dem Vortrag von Grünewald ging Stephan Kampowski, der Professor für philosophische Anthropologie am Päpstlichen Theologischen Institut „Johannes Paul II.“ für Ehe- und Familienwissenschaften in Rom, auf die Frage ein: Gibt es eine spezifisch christliche Moral, die sich aus den Glaubenswahrheiten ergibt, oder ist die christliche Sittenlehre wesentlich identisch mit einer säkulären Vernunftmoral, die vielleicht mit biblischen Geschichten ausgeschmückt wird?

Die Liebe ist die grundlegende Leidenschaft. Sie kann ganz unterschiedlich ausgerichtet sein. Deshalb fragte der Referent: „Dagobert Duck liebt das Geld. Aber lohnt es sich, für Reichtum zu leben? Ist das Leben nur ein Spiel wie Monopoly, bei dem am Ende derjenige gewinnt, der mit dem meisten Geld und Besitz stirbt?“

Deshalb stelle sich die weitere Frage: „Welche Horizonte eröffnet uns die katholische Wahrheit, wenn es um die Frage nach dem guten und gelingenden Leben geht?“ Ohne zu zögern gab Kampowski zur Antwort: „Das Besondere der christlichen Moral ist, dass es in erster Linie um eine Person geht – die Person Christi.“ Am Anfang des Christseins stehe kein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben eine entscheidende Richtung gibt.

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Was also fügt die Nachfolge Christi dem Naturgesetz hinzu? Das erste spezifische Merkmal für die christliche Moral ist das Wort Umkehr oder Bekehrung. Stephan Kampowski erinnerte an den Anfang des Markusevangeliums mit der Aufforderung: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Dieser Aussage gab der Referent eine entscheidende Bedeutung: Dort, wo darauf verzichtet wird, die Menschen zur Umkehr aufzurufen und stattdessen darauf verwiesen wird, man dürfe von ihnen nicht zu viel verlangen, entstehe schnell die Gefahr, dass das mögliche Gute zum zweiten Namen des Bösen werde.

„Die Notwendigkeit der Bekehrung schließt auch ein, dass es so etwas wie Sünde überhaupt gibt und dass diese nicht einfach auf Schwachheit und Irrtum zurückzuführen ist, sondern im Willen verankert ist“, sagte er. „Sündigen bedeutet bewusst und freiwillig etwas Böses zu tun.“

Bloße Vernunftmoral versuche, die Sünde wegzuerklären. Schuld sei dann die Gesellschaft, die die Menschen korrumpiert, die Kultur oder die Erziehung, vielleicht auch Unwissenheit oder Mangel an Lebensnotwendigem. Die Lösung sei dann nicht der Aufruf zur Umkehr, sondern Aufklärung, Reform des Bildungswesens, Abschaffung der Mangelwirtschaft, Herstellung einer Überflussgesellschaft und eine Pädagogik, die nicht zu viel vom Menschen verlangt, um ihn bloß nicht zu entmutigen.

Jesus gebe die Antwort, dessen Name ja „Gott rettet“ bedeute. Der Engel des Herrn, der Josef im Traum erschien, gab eine andere Antwort: „Ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen“. Während also für den tugendhaften Heiden der Weg zur moralischen Vollkommenheit auf einem linearen Pfad des moralischen Wachstums durch tugendhafte Praxis und moralische Unterweisung verläuft, nimmt für den Christen der Beginn seines moralischen Weges die Form einer Zäsur an, einer Bekehrung, die eine Abkehr von sich selbst und eine Hinwendung zu Christus bedeutet. Dazu gehöre die Einsicht der Unzulänglichkeit der eigenen Vernunft und des eigenen Willens.

Ein zweiter Unterschied liege in der Bedeutung des Handelns. „Die christliche Perspektive gibt dem Menschen eine zuvor unbekannte Absolutheit und vermittelt doch zugleich eine ganz neue Gelassenheit“, so Kampowski. Es sei sehr wichtig zu betonen, dass das Reich Gottes in der Heiligen Schrift dargestellt wird als etwas, das kommt. „Nie werden Metaphern des Bauens gebraucht. Wir finden hingegen solche des organischen Wachsens: es ist wie ein Weinberg oder ein Feld, die zwar vom Menschen kultiviert werden müssen, aber es ist Gott, der den Wein und den Weizen gedeihen lässt“, betonte der in Rom lehrende Theologe.

Eine Konsequenz: „Auch wenn wir von der Herrlichkeit Gottes als Ziel unseres Lebens sprechen, ist klar, dass unsere Handlungen nicht als Mittel zum Zweck stehen können.“ Auch Hannah Arendt weise auf den Unterschied zwischen den beiden Ausdrücken „um zu“ und „um willen“ hin und damit auf die Unterscheidung zwischen Zweck und Sinn.

Kampowski sagte: „Wenn wir die Wichtigkeit des eigenen Unterschieds der christlichen Moral zwischen Sinn und Zweck bedenken, dann ergibt sich daraus die Möglichkeit sittlicher Gelassenheit. Der Christ weiß, dass er nicht die Verantwortung dafür auf seinen Schultern tragen muss, das Gottes Reich auf Erden zu verwirklichen.“

Der Gläubige brauche also nicht verbissen einen Zweck verwirklichen, um seinem Leben so etwas wie Sinn zu geben, weil der Sinn nämlich gar nicht produziert werden müsse, sondern immer schon da sei: sein Handeln stelle den Sinn nicht her, sondern stelle ihn dar. Das bewahre vor Verbissenheit. Dieses Ziel, die Verherrlichung Gottes, heilige nicht die Mittel, werde aber „nur durch heilige Mittel erreicht“.

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