3. September 2020
Der "Arbeitstext" für das Synodalforum "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche" birgt staunenswerte Momente. Dort steht also auf Seite 5 wortwörtlich: "In Gleichnissen und Predigten wendet sich Jesus an Frauen wie an Männer, bricht mit patriarchalen gesellschaftlichen und religiösen Regeln, hat Jüngerinnen und Jünger, weiht niemanden." Bischof Voderholzer hat mit seinem auf CNA Deutsch dokumentierten offenen Brief in aller Klarheit und Deutlichkeit die Mängel des "Arbeitstextes" aufgewiesen. Was in diesem Text summarisch – scheinbar beiläufig und doch pointiert – dargelegt wird, ist eine kirchenpolitische Instrumentalisierung des Neuen Testaments. Der protestantische Neutestamentler Martin Hengel wurde nicht müde, davor zu warnen, die Bibel als "Steinbruch für Ideologien" zu missbrauchen. Wir dürfen vielleicht ergänzen: Nicht einmal für die besten säkularen Absichten sollte die Heilige Schrift ausgenutzt und instrumentalisiert werden.
Erinnert fühlte ich mich bei der Lektüre an meine Schul- und Studienzeit und an einen Reigen von diffusen Jesusbildern, von Eugen Drewermanns tiefenpsychologischen Deutungsversuchen bis zu Franz Alts Büchern über Jesus als den "ersten neuen Mann". Erinnert fühlte ich mich auch an das Bemühen mancher Exegeten, im bewussten Verkennen der Evangelien, in neuen interpretativen Zugängen zur Heiligen Schrift die Emanzipation von der Tradition und der Lehre der Kirche als einzig wahr, richtig und zeitgemäß zu verkünden. Wem ist damit gedient?
Ein zweiter Gedanke und ein zweites Zitat von derselben Seite des Arbeitstextes: "Unter den Augen- und Ohrenzeuginnen seines Wirkens, Sterbens und Auferstehens kommt Maria Magdalena eine besonders wichtige Rolle zu; alle vier Evangelien sehen in ihr übereinstimmend die erste Zeugin und Verkünderin des Auferstandenen, weshalb wir sie die »Apostelin der Apostel« nennen." Auch Heilige sollten nicht instrumentalisiert werden; auch nicht Maria Magdalena. Hingewiesen sei auf eine wichtige und instruktive Deutung, die der 2012 verstorbene Kardinal Carlo Maria Martini vorgelegt hat. Aus den Evangelien gehe hervor, "dass Maria Magdalena niemals für sich irgendwelche Vorrechte in Anspruch genommen hat. Sie hätte sagen können: »Mir ist der Herr zuerst erschienen«; doch stattdessen sehen wir, wie sie zu den anderen eilt, für sie da ist und wieder verschwindet. … Obwohl sie eine einflussreiche Position hätte beanspruchen können, hat Maria Magdalena – übrigens genau wie Maria, die Mutter Jesu – vorgezogen, eine Position einzunehmen, in der sie Frieden stiften und helfen konnte." (Carlo Maria Martini: Maria Magdalena. Von der Liebe im Übermaß. Patmos Verlag: Ostfildern 2019, 102)
Vielleicht dürfen wir in gläubiger Demut darum sagen: Heilige Maria Magdalena, Apostolin der Apostel, bitte für uns.
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