Die ablehnende Antwort der Glaubenskongregation auf die Frage, ob die Segnung homosexueller Partnerschaften möglich sei, hat scharfe Bruchlinien verdeutlicht, nachdem anschließend solche Segnungen in Deutschland ostentativ erst recht angeboten wurden. In den folgenden Überlegungen möchte ich einen differenzierten Blick auf die Problematik werfen und alle, die sich in der Frage pro oder contra engagiert haben, aufrufen, das Thema zu versachlichen und sich zu beruhigen.

Alle Menschen, Jesus und Maria allein ausgenommen, sündigen und sind Sünder. Das ändert sich auch durch die Taufe und nach der Taufe nicht. Daher ist es selbstverständlich, dass die Kirche alle Sünderinnen und Sünder segnet, da sie, wenn sie auch selbst heilig ist, auf Erden nur aus solchen besteht. Ebenso selbstverständlich ist es, dass es niemals die Sünden sind, die Menschen begehen, welche gesegnet werden. In diesem Zusammenhang ist eine unscheinbare Anweisung plötzlich sehr aussagekräftig, die die Kirche stets den Beichtvätern gegeben hat. Wenn die sakramentale Absolution verweigert werden muss, was ein Priester natürlich nicht leichtfertig und vorschnell oder oft tut, dann soll dem Pönitenten, der gebeichtet hat, dennoch der Segen erteilt werden. Dies dient zwar dem Schutz des Beichtgeheimnisses, wozu der Persönlichkeitsschutz des Beichtenden zählt, denn viele alte Beichtstühle waren von außen insoweit einsehbar, dass die Verweigerung der Lossprechung anderen hätte bekannt werden können, wenn jedes Kreuzzeichen ganz unterbleibt. Ob aber der Priester das Kreuzzeichen macht, um loszusprechen oder um zu segnen und ob derjenige, der gebeichtet hat, sich bekreuzigt, um die Absolution oder den Segen zu empfangen, ist für die, die es auch nur zufällig und ohne jede falsche Neugierde mitbekommen, nicht zu unterscheiden. Und doch: Es ist dies kein vorgetäuschtes Segenszeichen, nicht bloß die Fassade eines Segens. Die Kirche segnet also sogar den Sünder, dem das notwendige Mindestmaß an Reue oder der Vorsatz fehlt, die gleichen Sünden nicht wieder zu begehen. Die Kirche segnet den unbußfertigen Sünder, der für die Vergebung seiner Sünden noch nicht empfänglich ist.

Damit will ich keineswegs sagen, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften doch gesegnet werden sollten oder könnten, sondern nur verdeutlichen, dass sie meines Erachtens an sich nicht wegen der homosexuellen Praktiken, die damit verbunden sind oder sein können und die die Kirche objektiv und ihrer Materie nach als schwer sündhaft einstuft, nicht gesegnet werden, sondern wegen einer Verwechslungsgefahr mit dem Ehesakrament und dem Brautsegen und weil es eine sakramentale Ehe zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts tatsächlich und erst recht nicht geben kann

Durchaus nicht ganz auszuschließen ist, dass die Kirche bei der Beurteilung der subjektiven Ebene homosexuellen Verhaltens zu einer modifizierten Haltung übergeht. Bei Selbstmördern hat sie es getan oder Papst Franziskus tut es in der Frage der Todesstrafe, wobei man seine Begründung dafür kritisieren mag, dass sie sich auch auf alle Vergangenheit zurückbezieht. Ebenfalls hat der aktuelle Papst sich positiv dafür ausgesprochen, staatliche "Eingetragene Partnerschaften" für gleichgeschlechtliche Personen vorzusehen, um ihnen eine rechtliche Anerkennung und Absicherung ihrer Situation zu ermöglichen. Damit geht der regierende Heilige Vater eindeutig über die Vorgaben hinaus, die die Glaubenskongregation 2003 unter Kardinal Ratzinger als Präfekten in einem eigenen Dokument gegeben hat: Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen. Papst Franziskus fordert diese Eingetragenen Partnerschaften jedenfalls nicht nur als kleineres Übel zur Vermeidung der Öffnung der Ehe für alle, sondern bejaht sie im staatlichen Bereich als positiv, wünschenswert und sogar als notwendig, denn er sagt: „Wir brauchen sie.“ Nach der Argumentation von 2003 verstößt eine gesetzliche Verankerung solcher Eingetragenen Partnerschaften bereits auf für Katholiken nicht hinnehmbare Weise gegen Naturrecht, so die Erwägungen besonders in den Abschnitten 5, 8 und 10. Papst Franziskus befürwortet sie jetzt offenbar, oder schließt dies zumindest in manchen Aussagen nicht aus.

Doch zurück zur sakramentalen Ehe: Auch in ihr sind Sünden – einschließlich schwerer sexueller Verfehlungen – jederzeit möglich und kommen vor. Aber natürlich sind nicht sie es, die gesegnet und damit auch nur indirekt von der Kirche gutgeheißen oder gebilligt werden.

Die Frage nach dem Eintritt des Schismas

Der Kirchenrechtler Gero P. Weishaupt hat Befürwortern, jedenfalls Hauptamtlichen und Geistlichen, die trotz römischen Verbots gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesegnet haben, die Verwirklichung des Tatbestandes des Schismas nachzuweisen versucht, wie vorgeworfen. Andere Priester haben sich medial stark für eine Segnung eingesetzt, aus welchen Gründen oder biographischen Brüchen auch immer. Ein Kirchenrechtler wie Gero P. Weishaupt weiß unzweifelhaft, dass der Tatbestand des Schismas, selbst wenn er vorliegen sollte, allein nicht für Konsequenzen genügt, solange dieser nicht verbindlich durch Bischöfe beziehungsweise Rom festgestellt wird. Genau damit haben die Aktivisten auch gepokert.

Von Anfang an hat sich Weishaupt in der Frage als kirchenrechtlicher Rigorist hervorgetan. Demgegenüber ist meines Erachtens dem Münchner Kanonisten Elmar Güthoff zuzustimmen, der kürzlich in der katholischen Wochenzeitung Die Tagespost das positive Anliegen Weishaupts, durch seinen Einsatz in dieser Sache den Glauben und die Ordnung der Kirche zu schützen, durchaus gewürdigt hat, dabei aber genauso darauf hinwies, dass bei der Bewertung der Motive derer, die gleichgeschlechtliche Partnerschaften gesegnet haben, nicht nur zu prüfen ist, ob sie sich damit gegen die Ordnung der Kirche auflehnen und dadurch von ihr trennen wollten, sondern auch in Erwägung gezogen werden muss, dass sie damit redliche Motive der Seelsorge an homosexuell empfindenden Gläubigen verfolgen wollten, selbst wenn man persönlich die dazu gewählte Form für falsch hält und die Segnung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, mit dem römischen Responsum übereinstimmend, ablehnt.

Wenn all die von Weishaupt irgendwie geradezu ersehnten Konsequenzen nach den Segensfeiern ausbleiben, dann ist dem Anliegen selbst in den Hinsichten ein Bärendienst erwiesen, in denen alle, die solche Segnungen ablehnen, einer Meinung sind.

Wesentlich konstruktiver ist da die Argumentation und Begründung, die der Görlitzer Oberhirte, Bischof Wolfgang Ipolt, gegeben hat und die sich in ihrer Substanz mit der von mir vertretenen Position decken Ipolt bekräftigt Ablehnung von Segnung homosexueller Partnerschaften.

Interkommunion in Frankfurt

Die politisch prominent unterstützte "Rebellion" blieb letztlich sehr punktuell und überschaubar: Angeblich hundert Orte, die sich auf siebenundzwanzig deutsche Diözesen verteilen, wobei nicht einmal bekannt ist, ob tatsächlich in jedem Bistum solche Feiern stattfanden – und vielerorts eine Teilnahme, die selbst die Organisatoren nicht als quantitativen Erfolg werten konnten.

Viel schwerwiegender sind die Fälle der Interkommunion beziehungsweise der Teilnahme von Katholiken am evangelischen Abendmahl, die öffentlichkeitswirksam im Rahmen des Ökumenischen Kirchentages in Frankfurt am Main (Bistum Limburg) erfolgt sind. Auch hier sehen Beobachter, darunter Weishaupt, das deutsche Schisma verwirklicht, und ich füge hinzu: hier kann man unstrittig auch Merkmale der Häresie wahrnehmen. Doch in diesem Fall nehme ich ebenfalls nicht an, dass irgendwelche Sanktionen vom Ortsbischof zu befürchten sind, der selber im Zentrum der Kontroverse steht, und noch weniger sogar von Rom.

Dies schätze ich deshalb so ein, weil bei der Weihe des neuen Bischofs von Chur, die vor nicht allzu langer Zeit stattgefunden und die der aus der Schweiz gebürtige Ökumene-Kardinal Kurt Koch als Hauptkonsekrator, der eigens aus Rom anreiste, gespendet hat, der neugeweihte Bischof höchstpersönlich hochrangigen Protestanten die heilige Kommunion reichte. Kardinal Koch sagte danach gegenüber CNA, er habe das nicht registriert, da er nach seinem eigenen Kommunionempfang in Danksagung versunken gewesen sei, doch auch später ist nichts passiert.

Außerdem erinnere ich an das befremdliche Signal, das der Heilige Vater schon im November 2015 beim Besuch der stark deutsch geprägten lutherischen Gemeinde von Rom ausgesandt hat, bei dem er auch dem Pastor als Gastgeschenk ein Exemplar des Messkelches mit Patene überreichte – den er sonst katholischen Bischöfen schenkt, die er in ihren Diözesen besucht. 

Abschließend möchte ich an die von Gero P. Weishaupt – und anderen – vertretene Position, mit der ich in dieser Angelegenheit sachlich völlig einig bin, die Frage richten, ob man sich wirklich sicher ist, dass bei Katholiken, die nicht entweder seinem eigenen konservativen Lager angehören oder stark traditionsorientiert sind, also beim ganz normalen Durchschnittskatholiken, der Glaube an das Weihesakrament, an Transsubstantiation und Realpräsenz sowie an den Opfercharakter der Eucharistie und jeder heiligen Messe denn immer inhaltlich intakt und in der persönlichen Glaubenszustimmung lebendig ist.

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Wir stehen also nicht erst bei der Interkommunion vor einem Problem, zumal die Systemrelevanz der Sakramente nicht mehr verstanden wird und das Schisma psychologisch auch bei einigen Konservativen aufgetreten ist, die zumindest angesichts der Krise derzeit nicht in der Lage sind, sich in die Position und Beweggründe von Mitkatholiken zu versetzen, die bestimmte Dinge anders sehen als sie selbst und die kirchliche Autorität, auf deren Seite man sich fühlt.

Diese anderen Gläubigen, die wohl längst vielerorts die zahlenmäßige Mehrheit bilden, sind für sie nur noch Gegner, als Priester nicht mehr Mitbrüder, sondern regelrecht Gegenkatholiken. Das ist meines Erachtens unser aller eigentliches und tieferes Problem. So kann man niemanden überzeugen, der nicht ohnehin schon vorher der eigenen Meinung ist.

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