– die Relativierung der "Heiligen Überlieferung" durch Umwidmung in veränderbare Traditionen,
– den Abschied von der Heiligen Schrift als Urkunde und Fundament des Glaubens sowie
– die Absage an das uneingeschränkte Hirtenamt der Bischöfe, die Christus in dreifacher Weise repräsentieren.
Interessant ist beim "Synodalen Weg" die Einordnung der Beschlussvorlage "Predigtordnung" in die Hauptkategorie "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche". Die Frage, ob Laien bei einer Eucharistiefeier predigen dürfen, wird offenbar als Machtfrage verstanden. Dabei ist Macht keine Kategorie des Evangeliums, sondern allenfalls sind es Demut und Dienst.
Das mag veraltet klingen. Aber es bezeugt die Eigenart der Botschaft Jesu, die im Evangelium bezeugt wird: "Da rief Jesus die Jünger zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein" (Mt 20, 25-27).
In dem Beschlussentwurf zur "Predigtordnung" heißt es: "In Wort-Gottes-Feiern wird der Predigtdienst regelmäßig von nicht-geweihten Gläubigen übernommen, die zu diesem Dienst befähigt und beauftragt sind. Die Homilie, die amtliche Verkündigung in der Eucharistiefeier, sieht das Kirchenrecht "dem Priester oder dem Diakon vorbehalten" (can. 767 § 1 CIC). Der Synodale Weg hält es laut Beschlussentwurf für geboten, auch die Qualifikationen und Begabungen derjenigen Getauften und Gefirmten zu nutzen, die nicht das Weihesakrament (Ordo) empfangen haben".
Laien können und sollen den Glauben weitergeben
Die deutschen Bischöfe sollen eine Erlaubnis (Indult) beim Heiligen Stuhl erwirken, die heute geltende Predigtordnung so zu ändern, dass auch in Eucharistiefeiern an Sonn- und Festtagen der Predigtdienst durch theologisch wie geistlich qualifizierte Gläubige übernommen werden kann, die vom Bischof beauftragt sind.
Laien können immer und überall – auch bei liturgischen Feiern wie Sonn- und Festtagsgottesdiensten – ihren Glauben bezeugen, zum Beispiel am Arbeitsplatz, im politischen Diskurs und im Freundes- und Bekanntenkreis. Das bekennende Zeugnis scheint allerdings weitgehend aus der Mode gekommen zu sein. Laien können ihre eigenen Kinder im Glauben unterrichten, ebenso nach Absprache Kindergottesdienste gestalten, sich an der Kommunionvorbereitung beteiligen und Firmunterricht erteilen.
Es gibt fast unendliche Möglichkeiten, den eigenen Glauben weiterzugeben. Wie intensiv dies hierzulande genutzt wird, ist eine andere Frage. Vergleiche mit anderen Ländern innerhalb der Weltkirche können dazu anregend sein. Laien sind auch als Vorbeter regelmäßig in Eucharistiefeiern tätig, sie gestalten Andachten und leiten sogar Wort-Gottes-Feiern. Auch sonntags geschieht dies, wenn ein Priester oder Diakon nicht zur Verfügung steht. Dann können Laien auch predigen.
Es geht bei diesem Antrag allein um die Frage, ob auch Pastoral- oder Gemeindereferenten an Sonn- und Feiertagen zusätzlich bei einer Eucharistiefeier predigen dürfen. Der Antrag klingt ein wenig larmoyant, etwa in dem Sinn: Die Kirche schließt ohne wichtigen Grund Menschen aus.
Konkurrenz vorprogrammiert?
Es gibt aber einen Grund: Die offizielle Verkündigung des Wortes Gottes ist eine der Hauptaufgaben der Priester und Diakone, die nicht nur dafür ausgebildet sind, sondern dafür eine Weihe erhalten haben. Und wenn sie schon anwesend sind, ist es vorrangig ihre Aufgabe.
Im letzten Satz des Antragstextes wird darauf hingewiesen, die gewünschte "Ordnung muss gewährleisten, dass keine Konkurrenz zwischen Priestern, Diakonen und anderen mit dem Predigtdienst Beauftragten entsteht". Damit liegt bereits eine Begründung gegen das Begehren vor, weil es entstehende Probleme aufzeigt. Und die bestehende Regelung schafft Klarheit und Ordnung.
Auf der "Amazonas-Synode" hat sich die Welt-Bischofssynode mit dem Thema befasst; in anderen Erdteilen ist es in abgelegenen Gegenden weit schwieriger, einen Priester zu finden. Papst Franziskus hat zwar die Arbeit der Laienkatecheten gestärkt, die er als Südamerikaner sehr schätzt. Der Essener Weihbischof Franz Grave berichtete zum Beispiel im Kolpingmagazin über die Arbeit der "Delegados de la Palabra" in Mittel- und Südamerika und beschrieb dabei die Antwort eines Laienkatecheten auf die Anfrage einer mitreisenden Journalistin, "was er dafür bekomme". In dem Bericht heißt es: "Da stutzte der Mann und verstand die Frage nicht. Als der Übersetzer die Frage deutlicher formuliert hatte, antwortete der Delegado, dass er kein Geld bekäme und auch nichts annehmen würde, schließlich sei das, was er tue, ein großes Geschenk. Dieses Beispiel macht deutlich, dass der Glaube ein Geschenk ist. Diese Vorstellung ist hierzulande wenig verbreitet", berichtete das Kolpingmagazin.
"Braucht es noch das Priesteramt?"
Um "Priesterliche Existenz heute" geht es im zweiten Themenbereich des Synodalen Weges. Besondere Aufmerksamkeit hat ein Beschluss der letzten Synodalversammlung erzeugt, der mit knapper Mehrheit beschlossen wurde und wörtlich so lautete: "Mit den eingebrachten Änderungsanträgen zum Priesteramt wurde beantragt: Das Forum soll sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es das Priesteramt überhaupt braucht. Die Antragskommission empfiehlt, diesen Änderungsantrag anzunehmen."
Dieser Zusatzantrag kam offenbar nicht zufällig. Wie
CNA Deutsch damals berichtete, stellten offizielle Teilnehmer der Synodalversammlung die Frage, ob die Kirche überhaupt das sakramentale Priestertum brauche. Begründet wurde diese Anfrage mit dem Hinweis, dass Laien dadurch von einer "Partizipation" ausgeschlossen seien, während die "Machtstrukturen" der Priester innerhalb der Kirche verfestigt würden.
Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz und Co-Präsident der Synodalen Versammlung, Bischof Georg Bätzing, versuchte bei der anschließenden Pressekonferenz das Thema "abzuräumen", wie er es formulierte, "weil in einigen Medien aufgeschlagen ist, die Synodalversammlung habe darüber abgestimmt, einen Antrag aufzunehmen, das Priesteramt abzuschaffen."
Bischof Bätzings Dementi
Warum versucht er etwas zu dementieren, was
genau so stattgefunden hatte? Bischof Georg Bätzing erläuterte: "Bei dem Antrag ging es beileibe nicht um die Abschaffung des Priesteramtes. Denn es kann keine katholische Kirche ohne Priesteramt geben, und es wird sie nicht geben." Damit hat er das Thema nicht abgeräumt, sondern vielmehr begründet, wie unsinnig Antrag und Beschluss waren. Dass dies nachträglich nicht rückgängig zu machen war, haben viele nicht verstanden. Die meisten Medienvertreter haben das Thema tatsächlich "abräumen" lassen und den peinlichen Fehltritt verschwiegen.
Martin Rothweiler hat bei
katholisch.de kommentiert: "Hier geht es ans Eingemachte, an das Selbstverständnis von Kirche und Priestertum. Man kann diese Infragestellung des Priestertums nicht einfach als Fehlinterpretation abräumen, wie Bischof Georg Bätzing es auf der abschließenden Pressekonferenz versucht hat. Einen solchen Antrag stellt man nicht, wenn es nur darum ginge, die Bedeutung des Priesteramts inmitten des Volkes Gottes zu stärken. Der Antragskommission und den Synodalen muss man wenigstens noch zutrauen dürfen, einen Antrag so zu formulieren und zur Entscheidung zu stellen, wie er gemeint ist. Katholiken, ob Teilnehmer oder Beobachter, müssen schon noch ernst nehmen dürfen, was auf dem "Synodalen Weg" verhandelt wird. Und das bereitet zunehmend große Sorge."
Neben einem Grundtext stehen im zweiten Themenbereich drei Anträge zur Debatte:
– "Versprechen der Ehelosigkeit im Dienst des Priesters"
– "Prävention und Umgang mit Tätern"
– "Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung"
Die Diskussion über den Zölibat gibt es bereits seit vielen Jahrzehnten, wenn nicht schon länger. In dem Anfang Januar vorliegenden Antragtext heißt es: "Wir schätzen das gewachsene Zeugnis der priesterlichen Ehelosigkeit.
"Unreife Typen" und die Frage nach der Evidenz
Gleichzeitig hat uns die Missbrauchskrise gelehrt, dass der verpflichtende Zölibat dazu führen kann, überproportional viele Männer anzuziehen, die sich ihrer Sexualität, ihrer sexuellen Identität und Orientierung unsicher sind und die Auseinandersetzung damit vermeiden wollen. Der regressiv-unreife Typus als dritte Gruppe von Beschuldigten sexueller Übergriffe weist diese Merkmale auf. Daraus zieht die MHG-Studie den Schluss, dass die Verpflichtung zum Zölibat – nicht der Zölibat an sich – durch diese und andere Konstellationen sexuellen Missbrauch begünstigen kann." Ein kühne Behauptung, die wenig belegt ist.
Gibt es außer der MHG-Studie weitere Quellen für diese folgenschwere Einschätzung? Immerhin beschreibt die MHG-Studie gleichzeitig, dass unter 38.156 Klerikern ein Anteil von 4,4 % des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wurde. Aber 100 Prozent lebten – soweit nachvollziehbar – zölibatär. Das spricht für keine große Evidenz. Folglich heißt es in der MHG-Studie: "Allerdings sind weder Homosexualität noch Zölibat eo ipso Ursachen für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen."
Wichtig ist der Hinweis der MHG-Studie, dass die "hohe Zahl männlicher Betroffener ein Indiz dafür ist, dass im klerikalen Kontext der Anteil homosexueller Angehöriger dieses Typus wahrscheinlich höher liegt als außerhalb der Kirche". Die Evidenz spricht dafür, dass Homosexualität eine höhere Ursächlichkeit für pädophilen Missbrauch hat als der Zölibat. Darauf geht der Antrag des Synodalen Weges nicht ein. Im Gegenteil: Dazu mehr im vierten Themenbereich (Sexualität etc.).
(K)eine Klerikalisierung der Laien
Im Antrag "Versprechen der Ehelosigkeit im Dienst des Priesters" werden folgende Beschlüsse vorgelegt:
– Stärkung des Bewusstsein der Gläubigen für den Wert der evangelischen Räte und damit des zölibatären Lebens für die Kirche insgesamt
– Aufhebung des Pflichtzölibats als Forderung an die Weltkirche
– Falls dem nicht entsprochen wird: weitere Entpflichtungen wie z.B. Priesterweihe von verheirateten Diakonen, Pastoralreferenten und Ehrenamtlichen ("viri probati").
– Entpflichtung von Priestern, die heiraten, von der Verpflichtung, dann ihr Amt aufzugeben.
Das Reform-Manifest der Initiative "Neuer Anfang" erklärt dazu: "Der Dienst der Kirche an der Welt ist Laien und Priestern gemeinsam und ohne Unterschied in den Zielen und der Würde anvertraut. Trotzdem sollten Laien tun, was nur Laien tun können und Priester den Dienst leisten, wozu sie durch die Kirche berufen und durch die Weihe befähigt wurden. Der Synodale Weg verdunkelt diese spezifische Berufung des Priesters, indem er den Priester theologisch und strategisch marginalisiert und systematisch versucht, theologisch qualifizierte Laien ohne Weihe funktional in Priesterersatz‐Positionen hineinzuheben. Wir halten das für durchsichtigen Lobbyismus und wenden uns sowohl gegen die Laikalisierung des Priesters wie auch gegen die Klerikalisierung von Laien."
Ein weiterer Antrag unter dem Titel "Prävention und Umgang mit Tätern" befasst sich mit Präventionsarbeit in der Priesterausbildung und strengeren Regeln mit Priestern, "denen zwar kein strafrechtlich relevantes Verhalten nachgewiesen werden konnte, die jedoch ein grenzwertiges Verhalten zeigen". Im dritten Antrag des Themenbereiches geht es um "Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung". Es wird auf einen Hinweis der MHG-Studie Bezug genommen, dass sexualisierte Gewalt oft in engem Zusammenhang mit einer unreifen und gestörten Persönlichkeit der Täter stehe.
Dass es mehr Bildungsangebote zur Persönlichkeitsbildung geben soll, wird einleuchten und niemand für anstößig halten. Ein Generalverdacht, Priesteranwärter seien unreifer als andere Menschen – oder gar eine Pathologisierung – wären dagegen unangebracht.
Warum in diesem Zusammenhang Modelle für ein Leben als "Priester im Zivilberuf" entwickelt werden sollen, erschließt sich angesichts des zunehmenden Priestermangels
nicht auf den ersten Blick. Zumal es das Lebensmodell eines "Arbeiterpriesters" bereits seit 70 Jahren gibt, wahrscheinlich ohne vorherigen Beschluss am grünen Tisch.