30. Juni 2018
Eine lebhafte Debatte über die Eucharistie und den deutschen "Kommunionstreit" führen Christen verschiedener Konfessionen in der Reihe Disputa del Sacramento bei CNA Deutsch.
Auslöser und Kern der Disputa ist der Austausch zwischen Paul Badde und Jörg Bremer, der auf dessen jüngste Replik nun antwortet.
Jörg Bremer (Foto: EWTN / Paul Badde)
Lieber Paul!
Natürlich werden wir auch von Euch zur Beichte eingeladen. Dazu bedarf es aber eigentlich keiner Einladung; Beuchte sollte gegenüber unserem Herrn und Schöpfer selbstverständlich sein. Aber ich stimme Dir unumwunden zu. Das ist bei uns Evangelischen eine Wunde. Da gibt es zwar in manchen lutherischen Kirchen noch immer den Beichtstuhl, aber wir wissen eigentlich nicht mehr warum. Ich muss Dir freilich auch gestehen, dass ich leider noch nicht einmal mir gegenüber immer so richtig ehrlich bin. Wenn da dann nur noch so ein bisschen von Ehrlichkeit dem Pastor gebeichtet würde, was hätte ich davon? Also, Du hast völlig recht, wir Evangelischen müssen wieder das Beichten lernen. Wir alle müssen es! Denn diese Sache darf nicht so eine formale Geschichte bleiben. Lass uns bitte darüber noch einmal reden!
Und dann wollte ich Dich doch noch einmal mit ins Coenaculum nehmen. Von wegen Maria: Jenes letzte Abendmahl war ein Sederabend zu Beginn von Pessach. Wie in jeder jüdischen Gemeinschaft war auch damals dazu jeder in der Familie eingeladen. Und das galt natürlich erst recht für all jene, die mit Jesus zum Pessachfest aus dem fernen Nazareth in Galiläa nach Zion gezogen waren. Und natürlich waren dabei die Frauen mit dabei; selbstverständlich auch Maria. Das musste der Evangelist nicht extra betonen. Der würde Dir den Vogel zeigen, die Mutter der Hauptperson aus; auch wenn die (katholische) Kirche der Mutter Gottes in den Jahrhunderten danach eine andere "höhere Bedeutung" gab. (Lies dazu mal das grandiose Magnificat von Martin Luther, der Maria so verehrte).
Doch dieses Nachhinein lässt nicht das Anfängliche erlöschen oder ersetzen. Die Eucharistie, die Leibwerdung Christi bei einem jeden, ging in der Tat allein von Jesus aus und erfolgte an alle, die damals dabei waren – Ja , auch an den nach syrisch –orthodoxem Verständnis "heiligen Judas". Dann sagst Du in Deinem Text, das entspreche der "Gnadenfülle der Sakramente für die Gefallenen und Sündigen". Darauf folgt bei Dir die Volte: "In dem Sinne ist es also doch das Amt". Wahrscheinlich fehlt da leider ein Satz, denn dass Verbrecher auch an der Eucharistie teilnehmen dürfen, kann ja nicht den Umstand begründen, dass nur ein Amtsträger dies Eucharistie erteilt. Ich hätte freilich anzumerken, dass es schon drollig ist, dass Verräter und Mörder an der katholischen Eucharistie teilnehmen dürfen, aber wir um den christlichen Glauben - wie Du - ringenden Evangelische, die wir dazu noch an die Verwandlung in Fleisch und Blut glauben, nicht. Aber ich sagte ja schon; spätestens seit Benedikt XVI Franziskus fühle ich mich eingeladen.
Ich habe mit Aufmerksamkeit den Beitrag aus Warschau von Stephan Meetschen gelesen, der mir zu Herzen ging. Ich habe ja fünf Jahre in Warschau gelebt (durfte damals Papst Johannes Paul II kennen lernen), habe auch die Lebendigkeit der Volkskirche unter "Solidarnosc" spüren können. Auch ich fand es wunderbar, in Tschenstochau Schulter an Schulter mit der Bäuerin und dem Prinzen die schwarze Madonna um Hilfe zu bitten gegen das Regime. (Übrigens: Von den Priestern dort und andernorts, die mich als Evangelischen kannten, habe ich stets die Einladung zum Altar des Herrn erhalten). Aber was ist aus dieser Kirche geworden, die es nicht einmal mehr schafft, das Evangelium der Barmherzigkeit gegenüber Fremden umzusetzen?
Was ist überhaupt aus unseren Kirchen geworden, die nicht mehr die Sprachen sprechen - und da danke ich unserem Freund Alexander Schwabe bei der Disputa, - die die Menschen erreicht?
Kann das womöglich daran liegen, dass viele Texte nur eine Kette von Zitaten von Heiligen und Sinnsprüchen von Kirchenvätern und Entschlüssen von Konzilen sind, die uns wie ein Zitategefängnis in Ketten legt. Wo bleibt da die frische Luft des eigenen Gedankens? Des eigenen Gewissens? Der eigenen Glaubensnähe? Kann es vielleicht sein, dass wir so wenige Menschen nur noch erreichen, weil wir mit unserer Sprache zurückgucken, mit unseren Weisen aus dem Mittelalter kommen, um das 21. Jahrhundert zu gestalten?
Ja, Du hast recht – "Wahrheit muss nicht kreativ sein", ich glaube, Spaemann sagte sowas. Aber Wahrheit und Wahrnehmung gehören zusammen. Das vergessen wir manchmal. Wir sind nun wieder auf dem Weg nach Berlin, einer Hauptstadt der Heiden, un abbraccio in die ewige Stadt.
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Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansichten des Autors wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.