Vatikanstadt - Montag, 27. März 2023, 9:15 Uhr.
Papst Franziskus hat am Samstag eine aktualisierte Fassung von "Vos estis lux mundi", seinem Grundsatzgesetz zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs innerhalb der Kirche, erlassen.
Das Motuproprio, das am 25. März verkündet wurde, weitet die Normen der Kirche für den Umgang mit Missbrauch auf Laien in der Leitung von internationalen, vom Vatikan anerkannten Vereinigungen von Gläubigen aus.
Vos estis lux mundi ("Ihr seid das Licht der Welt") bekräftigt die Verpflichtung, Fälle von Missbrauch an "schutzbedürftigen Erwachsenen" zu melden, einschließlich Gewalt gegen Ordensfrauen durch Kleriker und Fälle von Belästigung erwachsener Seminaristen oder Novizen durch einen Oberen.
Das Motuproprio umfasst auch den Schutz von Personen, die Zeugen von Missbrauchshandlungen sind, zusätzlich zu denjenigen, die Berichte über mutmaßlichen Missbrauch einreichen, und legt fest, dass denjenigen, die Missbrauch melden, bezeugen oder Opfer von Missbrauch sind, keine "Schweigepflicht" auferlegt werden darf.
Die neuen Normen treten am 30. April in Kraft und ersetzen die vor fast vier Jahren vom Papst veröffentlichte vorläufige Fassung von Vos estis lux mundi.
Die Normen beziehen sich auf das, was im Kirchenrecht als "Vergehen gegen das Sechste Gebot des Dekalogs" bezeichnet wird und aus sexuellen Handlungen mit einer minderjährigen oder schutzbedürftigen Person, der Erzwingung sexueller Handlungen durch Gewalt, Drohung oder Missbrauch von Autorität sowie der Herstellung oder dem Besitz von Kinderpornographie besteht.
In dem apostolischen Schreiben, das am Hochfest der Verkündigung des Herrn unterzeichnet wurde, schreibt Papst Franziskus, es sei "gut, dass weltweit Verfahren angenommen werden, um diese Verbrechen, die das Vertrauen der Gläubigen missbrauchen, zu verhindern und zu bekämpfen".
Der Papst sagte, die aktualisierte Version der Normen berücksichtige die Kommentare, die er seit der Veröffentlichung von Bischofskonferenzen und der römischen Kurie zu Vos estis lux mundi erhalten habe.
Papst Franziskus hatte Vos estis lux mundi erstmals im Mai 2019 versuchsweise für einen Zeitraum von drei Jahren verkündet.
Die Normen für den Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch stellen Seminaristen und Ordensleute, die durch Missbrauch von Autorität zu sexuellen Handlungen gezwungen werden, in dieselbe strafrechtliche Kategorie wie Minderjährige und schutzbedürftige Erwachsene, die missbraucht wurden.
Das Dekret führt außerdem eine Meldepflicht für Kleriker und Ordensleute ein, schreibt vor, dass jede Diözese über ein Verfahren zur Meldung von Missbrauch verfügt, und überträgt dem Metropolitanerzbischof die Verantwortung für die Untersuchung von Anschuldigungen gegen Suffraganbischöfe.
Dem Gesetz zufolge leitet der Metropolitanerzbischof die Ermittlungen gegen einen Suffraganbischof im Auftrag des Heiligen Stuhls. Der Metropolit ist verpflichtet, dem Heiligen Stuhl innerhalb eines strengen Zeitrahmens Berichte über den Fortgang der Untersuchung zu übermitteln.
Der Metropolitanerzbischof kann sich bei der Durchführung der Untersuchung der Hilfe von qualifizierten Laien bedienen, obwohl sie in erster Linie in seiner Verantwortung liegt, so die Normen. Die Bischofskonferenzen können Fonds zur Unterstützung dieser Untersuchungen einrichten.
Seit der Papst "Vos estis lux mundi" erstmals verkündet hat, wurde gegen eine Reihe von Bischöfen ermittelt. Einige wurden aufgrund der Normen für den falschen Umgang mit Missbrauchsfällen sanktioniert, darunter der US-Bischof Michael Hoeppner aus Crookston, Minnesota, und mehrere Bischöfe in Polen.
Der Bischof von Brooklyn, Nicholas DiMarzio, wurde freigesprochen, nachdem eine Untersuchung von Vos estis lux mundi keinen "Anschein von Wahrheit" in den Missbrauchsvorwürfen gefunden hatte.
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Verantwortliche zur Rechenschaft ziehen
Die neuen Normen sehen vor, dass für alle Personen, gegen die ermittelt wird, die Unschuldsvermutung gilt und dass "der legitime Schutz des guten Namens und der Privatsphäre aller beteiligten Personen sowie die Vertraulichkeit personenbezogener Daten" zu gewährleisten sind.
Die aktualisierte Fassung schreibt außerdem vor, dass Diözesen und Eparchien über ein Büro oder eine Organisation verfügen müssen, die leicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind, um Berichte über Missbrauch entgegenzunehmen. Dies umfasst nicht nur den Missbrauch von Kindern und schutzbedürftigen Erwachsenen, sondern auch sexuelle Gewalt und Belästigung infolge von Amtsmissbrauch.
Erzbischof Filippo Iannone, Präfekt des vatikanischen Dikasteriums für Gesetzestexte, erklärte, die neueste Version von Vos estis lux mundi greife das auf, "was bereits durch das neue, seit Dezember 2021 geltende kanonische Strafrecht festgelegt wurde, und zwar mit Blick auf Minderjährige, auf Personen, die gewohnheitsmäßig einen unvollkommenen Gebrauch der Vernunft haben, und auf schutzbedürftige Erwachsene, denen das Gesetz besonderen Schutz gewährt".
"Ich glaube, dass diese neue, vom Papst gewollte Norm die besondere Aufmerksamkeit zeigt, die die Kirche den schwächsten und wehrlosesten Menschen widmet, deren Freiheit und Würde von allen geachtet und geschützt werden muss, indem ihre Verletzung beispielhaft geahndet wird", sagte Iannone.
Auch Kardinal Blase Cupich, der Erzbischof von Chicago, lobte die dauerhafte Anwendung von Vos estis lux mundi.
"Ich denke, dass dieses Dokument ein klarer Hinweis darauf ist, dass der Heilige Vater sagt, dass die Verantwortlichen in der Kirche dafür verantwortlich gemacht werden, wie sie mit [Missbrauch] umgehen", sagte Cupich in einem am 25. März veröffentlichten Interview mit Vatican News.
"Es ist also ein klarer Hinweis darauf, dass der Heilige Vater die Menschen zur Verantwortung ziehen wird, nicht nur diejenigen, die Missbrauch begangen haben, sondern auch die Autoritätspersonen, welche die Verantwortung dafür tragen, wie sie damit umgehen, die Opfer zu schützen und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen."
Erzbischof Charles Scicluna, der beigeordnete Sekretär des Dikasteriums für die Glaubenslehre, sagte, die offizielle Bestätigung von Vos estis lux mundi durch den Papst führe neue Elemente "in die Geschichte des Kirchenrechts" ein, darunter "die strafrechtliche Relevanz des Missbrauchs eines schutzbedürftigen Erwachsenen".
"Zu den Änderungen gehört auch eine weitere Klärung der Frage, wer die Opfer von Missbrauch sind. Bisher sprachen wir von Minderjährigen und schutzbedürftigen Personen, jetzt sprechen wir auch von 'schutzbedürftigen Erwachsenen' und 'Personen, die gewöhnlich einen unvollkommenen Gebrauch der Vernunft haben'", sagte Scicluna.
Er fügte hinzu: "Dieses Gesetz betrifft die Zukunft und macht sehr deutlich, dass bei einer Anschuldigung gegen einen Laien in der Leitung einer internationalen Vereinigung auf dieses besondere Gesetz verwiesen werden muss, das universelle Gültigkeit erlangt hat."
In dem apostolischen Schreiben des Papstes betonte Franziskus, dass "Verbrechen des sexuellen Missbrauchs unseren Herrn beleidigen, den Opfern physischen, psychologischen und geistlichen Schaden zufügen und die Gemeinschaft der Gläubigen schädigen".
"Damit sich diese Phänomene in all ihren Formen nie wieder ereignen, ist eine ständige und tiefe Bekehrung der Herzen notwendig, die durch konkrete und wirksame Aktionen bezeugt wird, die alle in der Kirche einbeziehen, damit die persönliche Heiligkeit und das moralische Engagement dazu beitragen können, die volle Glaubwürdigkeit der Botschaft des Evangeliums und die Wirksamkeit der Mission der Kirche zu fördern", so Papst Franziskus.
Übersetzt und redigiert aus dem Original von Catholic News Agency (CNA), der englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.