Köln - Dienstag, 13. Juni 2023, 13:00 Uhr.
Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Helmut Dieser, hat den Ende 2022 verstorbenen Papst Benedikt XVI. mit Blick auf dessen Aufarbeitung von Missbrauchsfällen angegriffen.
Im Gespräch mit der Kölnischen Rundschau sagte der Aachener Bischof am Montag: „Wer eine Diözese leitet oder gar als Papst an der Spitze steht, kann doch nur sagen: Ja, die Institution hat als Ganze versagt. Dafür bin ich verantwortlich, und ich hätte auch die Macht gehabt, einzuschreiten. Das muss man klar sagen, sonst bleiben die Betroffenen wieder im Regen stehen.“
Auf Nachfrage, ob dies explizit auch von Papst Benedikt gelte, sagte Dieser: „Ja. Die endlosen Schriftsätze haben sicherlich andere für ihn verfasst, aber sie waren eines ehemaligen Erzbischofs und Papstes nicht würdig.“
Zur Lage in Deutschland sagte Dieser, man habe in den letzten zehn Jahren „gezielt Maßnahmen ergriffen, um Vertuschung zu verhindern. Zum Beispiel die Interventionsordnung der DBK. Ein weiteres Instrument ist der ‚Letter of good standing‘, eine Art internationales Prüfsiegel, das jeder Priester braucht, der in einem anderen Land tätig werden will. Ich hoffe, dass das auch in anderen Ländern so ernst genommen wird. In Deutschland wird für Täter immer schwieriger, eine Nische zu finden.“
Im Erzbistum Köln gebe es gerade „eine schwere Zeit, und ich weiß nicht, was wir da noch tun sollen. Wir Bischöfe haben es vor dem Papst angesprochen. Der Ball liegt beim Papst. Wir können nur hoffen, dass es für Köln bald eine gute Klärung gibt.“
Der Kölner Erzbischof steht in manchen Kreisen wegen seiner Rolle in der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kritik, obwohl ihm kein Fehlverhalten vorgeworfen wurde. Im März 2022 hatte er Papst Franziskus dennoch seinen Rücktritt angeboten. Bis heute wurde dieses Angebot weder angenommen noch abgelehnt – eine Tatsache, die sowohl bei Unterstützern als auch Kritiken von Woelki auf Unverständnis stößt.
Insgesamt wünschte sich Dieser eine größere Rolle für den Staat, um Missbrauch aufzuarbeiten: „Der Staat muss hier seine Verantwortung stärker wahrnehmen. Missbrauch ist ein Thema nicht nur der Kirche, sondern der ganzen Gesellschaft.“
Der Staat könne „helfen, allgemeinverbindliche Regeln und Standards zu setzen, an die sich die aufarbeitenden Institutionen halten müssen und deren Einhaltung überprüft werden kann“.