Bonn - Montag, 3. Juli 2023, 10:30 Uhr.
Am Donnerstag soll der Bundestag über mehrere Gesetzesvorschläge abstimmen, welche die Beihilfe zum Selbstmord, oft Sterbehilfe genannt, regeln sollen. Ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe war 2020 durch das Bundesverfassungsgericht gekippt worden.
Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), hat vor diesem Hintergrund am Sonntag festgestellt: „Suizidassistenz ist drei Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Realität in Deutschland.“
„Es gilt ein qualitativ anspruchsvolles und umfassendes legislatives Schutzkonzept zu entwickeln, das, soweit wie möglich, die Freiverantwortlichkeit des Suizidwunsches zu gewährleisten versucht und zugleich ein dem Leben zugewandtes Gesamtklima und eine Kultur gegenseitiger Fürsorge und Zuwendung bewahrt“, erklärte der DBK-Vorsitzende. „Benötigt wird ein angemessener Qualitätsmaßstab für eine verlässliche fachliche Begutachtung der Freiverantwortlichkeit und der Dauerhaftigkeit des Suizidwillens.“
„Hierfür bedarf es einer besonderen psychologischen und medizinischen Kompetenz“, so Bätzing weiter. „In einem legislativen Schutzkonzept kommt der Beratung eine hohe Bedeutung zu. Dazu sollte keine spezielle Infrastruktur für eine Beratung zur Suizidassistenz aufgebaut werden, sondern die Beratung sollte im bestehenden, allgemeinen Regel- und Beratungssystem verortet sein, um eine an allen Sorgen und Nöten des Suizidwilligen ausgerichtete, niedrigschwellige und offene, fachliche Beratung sicherzustellen. So weitet sie den Blick über das Beratungsanliegen ‚Suizid/Suizidassistenz‘ hinaus auf mögliche Ursachen des Suizidwunsches, baut auf vorhandenen Vernetzungsstrukturen auf und erleichtert multiprofessionelle Unterstützung.“
„Auch brauchen diejenigen Schutz, die in schwierigen Situationen nicht mit dem Thema Suizid(assistenz) konfrontiert werden wollen (vgl. BVerfG, Rn. 235)“, betonte Bätzing.
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„Der Vorschlag der Abgeordnetengruppe Helling-Plahr/Künast trägt den genannten Aspekten anders als der Entwurf der Abgeordneten um Castellucci/Heveling nicht hinreichend Rechnung“, fasste er die beiden Gesetzesvorschläge mit Blick auf ihren Inhalt zusammen.
In seiner Stellungnahme widmete sich Bätzing einer ausführlichen Kritik am Gesetzesvorschlag der Abgeordnetengruppe Helling-Plahr/Künast und sagte: „Daneben ist die Suizidprävention im Sinne des Entschließungsantrags der Abgeordnetengruppe Castellucci/Heveling zu stärken, auszubauen und noch in dieser Legislaturperiode ein umfassendes Suizidpräventionsgesetz zu verabschieden.“
Unterdessen konstatierte Cornelia Kaminski, die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) bereits am Donnerstag: „Der Staat hat die Verpflichtung, das Leben jedes Menschen zu schützen – ohne jede Kosten-Nutzen-Rechnung. Auch ein Mensch, der nicht mehr produktiv ist, sondern auf Grund seines Alters oder seiner Krankheit Kosten verursacht, muss Wertschätzung erfahren und darf nicht den Eindruck haben, nur noch eine unzumutbare Last zu sein. Nicht die Hilfestellung zum Suizid, sondern die Unterstützung bei der Entwicklung von Lebensperspektiven ist dringend geboten.“
„Keiner der vorliegenden Gesetzentwürfe trägt dem in ausreichendem Maße Rechnung“, so die ALfA-Vorsitzende. „Keiner der Gesetzentwürfe gibt rechtsverbindliche Antworten auf entscheidende Fragen: Wie soll ein missbräuchlicher Nutzen der todbringenden Substanz verhindert werden? Wer kann mit Sicherheit sagen, dass die Entscheidung für die Selbsttötung nicht fremdbestimmt ist? Wo sollen angesichts des jetzt schon bestehenden Fachärztemangels die Psychiater herkommen, die ein solches Urteil fällen? Wie kann effektiv die Werbung für den assistierten Suizid verhindert werden?“
Die Vorlage der Abgeordnetengruppe Castellucci/Heveling werde „mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen“, da die dort formulierten Einschränkungen der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, „ein Recht auf Beihilfe zur Selbsttötung in jeder Phase der menschlichen Existenz zu gewähren, zuwiderlaufen“.