Köln - Montag, 3. Juli 2023, 12:30 Uhr.
Der bekannte Vatikanexperte Ulrich Nersinger hat eine zu große Zahl von Kardinälen kritisiert. Die Kommunikation untereinander sei bei zu vielen Kardinälen „relativ schwierig“.
Derzeit hat die Kirche 222 Kardinäle, von denen 121 wahlberechtigt sind. Papst Johannes Paul II. hatte in der bis heute gültigen Ordnung für eine Papstwahl festgelegt: „Die Höchstzahl der wahlberechtigten Kardinäle darf nicht mehr als 120 betragen.“
Genau zwei Drittel der wahlberechtigten Kardinäle, nämlich 81, wurden von Papst Franziskus im Lauf seines inzwischen zehnjährigen Pontifikats kreiert. Für die Wahl eines neuen Papstes ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
Von den insgesamt 222 Kardinälen hat Papst Franziskus 110 ernannt, also fast die Hälfte.
Gegenüber dem Kölner Domradio sagte Nersinger am Sonntag: „Die Kardinäle sollen sich ja auch untereinander verständigen, sie sollen sich untereinander kennen. Denn neben der Beratung des Papstes ist ja ihre Hauptaufgabe eigentlich die Wahl eines künftigen Papstes.“
Daher sei es „doch sehr sinnvoll, wenn man sich kennt, wenn man weiß, was die einzelnen Anliegen in den einzelnen Kontinenten, in den einzelnen römischen Kongregationen sind. Und das halte ich bei einer so großen Anzahl von Kardinälen für doch relativ schwierig.“
„Wenn man nun sagt, dass es dann ja nur 121 Wahlberechtigte seien, auch wenn bis zum Ende des Jahres vermutlich noch einmal sieben Kardinäle durch die Altersbegrenzung ausscheiden, so ist das immer noch eine fast zu große Zahl“, zeigte sich Nersinger überzeugt. „Das sehen wir ja auch, wenn wir einen Blick in die Antike werfen. Der alte römische Senat ist ja auch immer weiter vergrößert worden und hatte mit jeder Vergrößerung an Effizienz abgenommen.“
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Im September 2022 hatte Kardinal Walter Brandmüller scharfe Kritik an der Arbeit des Kardinalkollegiums unter Papst Franziskus geübt.
Die Kardinäle seien laut Kirchenrecht dazu berufen, dem Papst zu helfen, ihn zu unterstützen und ihm zur Seite zu stehen, so der damals 93 Jahre alte und damit nicht mehr wahlberechtigte Kardinal. In der Antike habe „diese Funktion der Kardinäle ihren symbolischen und zeremoniellen Ausdruck in dem Ritus der ‚aperitio oris‘“ gefunden, „der Öffnung des Mundes“.
Konkret habe ein Kardinal also „die Pflicht, die eigene Überzeugung, den eigenen Ratschlag offen auszusprechen, besonders im Konsistorium“. Die derzeitige Wirklichkeit gestalte sich aber anders: „Im Moment wird diese Offenheit leider durch ein seltsames Schweigen ersetzt.“
Entsprechend sei es „notwendig, das Recht und sogar die Pflicht der Kardinäle zu betonen, sich klar und offen zu äußern, gerade wenn es um die Wahrheiten des Glaubens und der Moral, des ‚bonum commune‘ der Kirche geht“.
„Die Erfahrung der letzten Jahre war eine ganz andere“, so Brandmüller. „Bei den Konsistorien – die fast ausschließlich für die Anliegen der Heiligen einberufen wurden – wurden Formulare verteilt, um Redezeit zu beantragen, gefolgt von offensichtlich spontanen Äußerungen zu irgendeinem Thema, und fertig. Es gab nie eine Debatte, einen Austausch von Argumenten zu einem bestimmten Thema. Offensichtlich ein völlig sinnloses Verfahren.“
„Ein dem Kardinaldekan unterbreiteter Vorschlag, ein Diskussionsthema im Voraus mitzuteilen, damit Bemerkungen vorbereitet werden können, blieb unbeantwortet“, berichtete der Kardinal. „Kurzum, seit mindestens acht Jahren sind die Konsistorien ohne jede Form des Dialogs zu Ende gegangen.“