Vatikanstadt - Freitag, 3. November 2023, 13:00 Uhr.
Papst Franziskus hat bei einer Messe für die im Lauf der letzten zwölf Monate verstorbenen Kardinäle sowie für Papst Benedikt XVI. über die Begriffe Mitgefühl bzw. Mitleid und Demut gepredigt.
„Benedikt XVI., dessen wir heute zusammen mit den in diesem Jahr verstorbenen Kardinälen und Bischöfen gedenken, hat in seiner ersten Enzyklika geschrieben, das Programm Jesu sei ‚das sehende Herz‘ (Deus caritas est, 31)“, erinnerte Franziskus am Freitagmorgen am Kathedra-Altar im Petersdom. „Wie oft hat er uns daran erinnert, dass der Glaube nicht in erster Linie eine Idee ist, die man verstehen, oder eine Moral, die man sich zu eigen machen kann, sondern eine Person, der wir begegnen sollen, Jesus Christus: Sein Herz schlägt für uns höher, sein Blick erbarmt sich angesichts unserer Leiden.“
„Dies ist unser Gott, dessen Göttlichkeit in der Berührung mit unserem Elend aufleuchtet, weil sein Herz barmherzig ist“, führte der Pontifex mit Blick auf das Tagesevangelium über den jungen Mann in Naïn aus. „Die Auferweckung jenes Sohnes, das Geschenk des Lebens, das den Tod besiegt, kommt genau von dort: aus dem Mitgefühl des Herrn, der angesichts unseres größten Übels, des Todes, tief betroffen ist. Wie wichtig ist es, diesen Blick des Mitgefühls denjenigen weiterzugeben, die wegen des Todes eines geliebten Menschen Schmerz empfinden!“
Weiter sagte er: „Das Mitgefühl Jesu hat eine Besonderheit: Es ist konkret. So heißt es im Evangelium: ‚Er trat heran und berührte die Bahre.‘ Die Bahre eines Toten zu berühren, war nutzlos. Außerdem galt das zu jener Zeit als eine unreine Geste, die denjenigen, der sie ausführte, unrein machte. Aber Jesus achtet nicht darauf, sein Mitgefühl beseitigt die Distanz und drängt ihn dazu, nahe zu sein. Das ist der Stil Gottes, der aus Nähe, Mitgefühl und Zärtlichkeit besteht.“
„Und aus wenigen Worten“, ergänzte Papst Franziskus. „Christus predigt nicht über den Tod, sondern sagt nur eines zu dieser Mutter: ‚Weine nicht!‘ Warum? Ist es etwa falsch, zu weinen? Nein, Jesus selbst weint in den Evangelien. Weine nicht, sagt er ihr, weil die Tränen mit dem Herrn nicht ewig anhalten, sie haben ein Ende.“
Über den Begriff der Demut sagte der Papst: „Die Waise und die Witwe sind nämlich die Demütigen schlechthin, diejenigen, die alle Hoffnung auf den Herrn und nicht auf sich selbst setzen und somit den Mittelpunkt ihres Lebens zu Gott hin verlagert haben: Sie zählen nicht auf ihre eigenen Kräfte, sondern auf ihn, der für sie sorgt. Diese Menschen, die jegliche anmaßende Selbstgenügsamkeit ablehnen, erkennen, dass sie auf Gott angewiesen sind, und sie vertrauen auf ihn, sie sind die Demütigen.“
„Brüder und Schwestern, das ist die christliche Demut: nicht eine Tugend unter anderen, sondern die grundlegende Haltung des Lebens: glauben, dass wir auf Gott angewiesen sind und ihm Raum geben, indem wir unser ganzes Vertrauen in ihn setzen“, fasste Franziskus zusammen. „Gott liebt die Demut, weil sie es ihm ermöglicht, mit uns im Austausch zu stehen. Mehr noch, Gott liebt die Demut, weil er selbst demütig ist. Er kommt zu uns herab, er erniedrigt sich; er drängt sich nicht auf, er lässt Raum.“
Schließlich erinnerte Papst Franziskus in diesem Zusammenhang an die ersten Worte von Benedikt XVI. als Papst, nämlich „demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn“: „Ja, die Christen, insbesondere der Papst, die Kardinäle, die Bischöfe, sind aufgerufen, demütige Arbeiter zu sein: zu dienen, nicht sich dienen zu lassen; zuerst an die Früchte des Weinbergs des Herrn zu denken, statt an die eigenen. Und wie schön ist es, sich selbst zugunsten der Kirche Jesu aufzugeben!“