Augsburg - Montag, 8. Januar 2024, 6:15 Uhr.
Das Gebetshaus Augsburg will sich zu einer Bewegung entwickeln. Das kündigten der katholische Theologe und Gründer Johannes Hartl und Geschäftsführer Constantin Maasburg anlässlich der Glaubenskonferenz „MEHR 2024“ an, die vom 4. bis 7. Januar in Augsburg stattfand.
Noch in diesem Jahr sollen neue Räume mit Veranstaltungsbereich auf dem gegenüberliegenden Grundstück mit 1.000 Quadratmeter Fläche angemietet und bezogen werden. Gegenwärtig arbeiten bereits 100 Mitarbeiter für das Gebetshaus, darunter mehr als die Hälfte als Gebetshausmissionare.
An der Glaubenskonferenz, die jetzt als Glaubensfestival bezeichnet wird, nahmen 11.000 Teilnehmer vor Ort und zahlreiche weitere im Livestream sowie als Zuschauer bzw. Zuhörer von Live-Übertragungen bei Bibel TV und Radio Horeb teil.
Eine Bewegung zeichne sich dadurch aus, dass ein Mitmachen möglich sei, betonte Maasburg bei der Veranstaltung. Beim Gebetshaus fange das damit an, Veröffentlichungen über Wege wie Social Media zu lesen. Es reiche bis zu der Möglichkeit, zehn Monate lang an einer Jüngerschaftsschule in Augsburg teilzunehmen.
Weitere Neuerungen: Ab dem 1. Februar wird die 24-stündige Gebets- und Lobpreiszeit per Livestream im Internet übertragen. Für Anfang Januar 2025 wird erstmals ein Jugendfestival für 15- bis 25-Jährige geplant. Bereits jetzt stehen erste Informationen bereit.
Seit 13 Jahren wird im Gebetshaus ununterbrochen gebetet. Seit 2008 findet die MEHR-Konferenz statt, die mit 70 Teilnehmern begonnen hatte. Gründer Johannes Hartl beschrieb das Gebetshaus als „modernes, junges Kloster“. Es gibt zahlreiche Schulungsangebote, angefangen bei Kurzschulungen zu Gebet, Kontemplation, Lobpreis und Berufung bis hin zu ganzen Wochen zur Anleitung im geistlichen Leben. Für Lobpreisleiter und Musiker wird eine vierwöchige Sommerschule angeboten.
Bei MEHR 2024 ging es erneut um Glaubensverkündigung. Johannes Hartl wünschte: „Niemand soll die Veranstaltung ohne eine Begegnung mit dem lebendigen Gott verlassen.“ Gleichzeitig stand eine Vertiefung in der Nachfolge Jesu unausgesprochen im Mittelpunkt. So erinnerte Hartl in seinem ersten Vortrag an das Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus, das im Buch der Offenbarung mahnt, zur „ersten Liebe“ zurückzukehren. Er fragte: „Wie ist es um dein inneres Feuer bestellt?“
Hartl warnte vor übertriebenem Aktionismus als Ursache für den Verlust der geistlichen Freude: „Du bist im Tiefsten von Gott geliebt und angenommen!“
In seinem zweiten Vortrag wies er auf eine radikale Änderung in der gesellschaftlichen Entwicklung hin: Während es in analoger Zeit selbstverständlich gewesen sei, dass der Mensch die Realität vorfinde, sei dies zu einer Angelegenheit des persönlichen Empfindens geworden. Wahrheit sei relativ, jeder sei herausgefordert, den Kompass für das eigene Leben in sich selbst zu finden. „Das ist nicht nur anstrengend, sondern oft auch überfordernd“, so Hartl.
Gefühle allein eigneten sich nicht als Kompass, denn sie seien oft flüchtig, widersprüchlich, leicht manipulierbar und ohne Bezug zu einem Du. „Die Moderne hat Gott nicht abgeschafft, sondern das Ich zum Gott gemacht“, warnte der Gebetshausgründer. Er erinnerte an Petrus, der nach seinem Versagen bei der Verhaftung Jesu vom Auferstandenen nicht verurteilt, sondern umworben wurde und seine zweite Chance nutzte.
Beeindruckend waren die Zeugnisse von zwei jungen Frauen durch die Ehrlichkeit, in der sie ihre inneren Konflikte, Kämpfe und Suche schilderten. Und die Souveränität und Offenheit, in der sie ihren Weg jetzt beschreiben konnten. Esther Magnis lernte, von ihrem Wunschdenken loszulassen. Der Krebstod zuerst ihres Vaters und später ihres jüngeren Bruders zwang sie dazu. Tabitha Bühne hatte eine schwierige Kindheit, weil sie gemobbt wurde. Noch einschneidender war die Ermordung ihrer Freundin. Beide Frauen – Esther Magnis und Tabitha Bühne – haben zu einem vertieften Glauben gefunden und sich – für jeden offensichtlich – zu kraftvollen Persönlichkeiten entwickelt. Strahlend standen sie nun auf der Bühne, um den Teilnehmern Mut zu machen, auch schwierige Situationen anzunehmen und zu durchstehen.
Kardinal Christoph Schönborn von Wien gab Einblick in seinen ganz persönlichen Glaubensweg. Bereits als Kind war der Gottesdienstbesuch selbstverständlich, aber als er einmal allein ein Gotteshaus aufsuchte, erlebte er so stark die unsichtbare Gegenwart eines anderen, dass er erschrak und davonlief. Der Mensch auf der Flucht vor Gott – das erinnere an die Urerfahrung Adams, der sich vor Gott versteckte. Heute erblickt er in dem Kindheitserlebnis eine verpasste Chance und ruft deshalb dazu auf, die Kirchen offen zu halten. „Ja, der Herr besorgt die Begegnung“, stellte der Kardinal fest. Bereits mit elf Jahren habe er die Berufung zum Priestertum erfahren und sei nach der Schule im Alter von 18 Jahren ins Kloster eingetreten.
Bald habe er zur Rechtgläubigkeit eine besondere Zuneigung entwickelt. Joseph Ratzinger und Hans Urs von Balthasar seien seine Vorbilder geworden, er selbst wurde Professor für Dogmatik in Fribourg. Schönborn bezeichnete die Kirche als einen „Ort der Freundschaft“. Denn Liebe sei gegenseitig und bestehe im Wesentlichen aus Freundschaft. „Die griechische Philosophie und bis heute andere Religionsgemeinschaften kennen keine Freundschaft des Menschen mit Gott. Für sie ist der Abstand zu groß.“ Eine Freundschaft, die allerdings getrübt werde durch die Neigung des Menschen zum Bösen, seine Anfälligkeit und den Hang zur Sünde: „Man redet nicht mehr über die Erbsünde.“ Es sei aber ein Fehler, dass die Sünde nicht mehr benannt und die Gnade nicht mehr erfleht werde.
Der frühere Sekretär der Kommission für die Abfassung des Katechismus der Katholischen Kirche erlaubte sich einen kleinen Seitenhieb: Der Katechismus sei ein „ordentliches Handbuch für den Glauben – auch wenn es in Deutschland nicht so gerne gelesen wird“.
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Patrick Knittelfelder leitet als Unternehmer nicht nur mehrere Firmen, sondern auch die Home Base Salzburg, die Teil der Loretto-Gemeinschaft ist. Er macht sich für Jüngerschaft stark. Wer das Vaterherz Gottes entdecke, gehöre zu den glücklichsten Menschen der Welt, betonte er. Jüngerschaft beginne damit, die eigene Vater-Beziehung zu reflektieren und die persönliche Lebensgeschichte aufzuarbeiten. Daraus entstünden Identität und Selbstannahme. Dann folge die Herausforderung, die Stimme Gottes zu hören und zu verstehen. Die Heilige Schrift bilde dazu die Referenz, so Patrick Knittelfelder. Die bewusste Hingabe des eigenen Lebens an Jesus bildet für ihn den wichtigsten Schritt.
Schätzungsweise 30 Millionen Menschen weltweit haben an Alpha-Glaubenskursen teilgenommen. Nicky und Pippa Gumbel haben die Idee zwar nicht selbst erdacht, sie aber zum Erfolg geführt. Auf der MEHR-Konferenz wurde das aus London angereiste Paar dazu interviewt. Johannes Hartl brachte es mit einem Wort auf den Punkt: „Vorbildlich!“ Nicky Gumbel stammt aus einer säkular-jüdischen Familie und wuchs als Atheist ohne christliche Erziehung auf. Zum Glauben kam er durch Mitstudenten an der Cambridge-Universität, obwohl er zunächst Einwände hatte: Er vermutete, dass sein Leben miserabel und langweilig würde. Es kam anders: Nachdem er sein Leben Gott anvertraute, kehrte innerer Friede bei ihm ein. Nun war er so begeistert, dass er seine Erfahrung an jedermann weitergeben wollte. Diese Haltung hat er bis heute behalten, denn er sagte auf der Konferenz: „Das größte Unrecht entsteht, wenn ein Mensch nie von Jesus gehört hat!“
Als er 1990 gebeten wurde, gemeinsam mit seiner Ehefrau Pippa den Kurs durchzuführen, ging es um eine Glaubensvertiefung. Die Eheleute Gumbel bemerkten, dass der Kurs auch zur Evangelisierung geeignet ist. Sie wollten Menschen außerhalb der Kirche erreichen. Das hängt allerdings sehr davon ab, wie der Kurs durchgeführt wird. Nicky und Pippa Gumbel legen nicht nur Wert auf das gemeinsame, familiäre Essen der Teilnehmer. Die Gastgeber benötigen an erste Stelle die Fähigkeit, sehr gut zuzuhören und auf die Gäste einzugehen. Wenn dann die Frage nach der Vergebung aufkommt, wird ein entscheidender Punkt erreicht. Jeder Mensch könne darauf antworten, wie er bereits anderen vergeben musste, so Nicky Gumbel: „Verbindung entsteht durch Verletzlichkeit.“
Jeder Mensch habe zwei Sehnsüchte: die nach Liebe und die nach Zugehörigkeit. Die Botschaft „Du bist geliebt!“ fasse die Botschaft Jesu genau zusammen. Und am Kursende entstehe meist der Wunsch der Teilnehmer, zusammen zu bleiben. Die Kirche sei die größte Gemeinschaft mit dem stärksten Zusammengehörigkeitsgefühl.
„Eine Kirche ohne den Heiligen Geist ist unerträglich!“ Mit diesen Worten spitzte Johannes Hartl in seinem dritten Vortrag die vorgetragene Schrift-Auslegung zu. Davor hatte er die einfühlsame Begegnung Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen und die Früchte des Heiligen Geistes aus dem Galaterbrief ausgelegt. Der Heilige Geist, der mit dem „lebendigen Wasser“ am Brunnen gemeint sei, „ist der große Unbekannte im Christentum“, sagte Hartl. Als die Frau sich auf Jesus eingelassen habe, habe etwas Neues in ihr begonnen. Der Sprecher zog eine Analogie: „Jesus dürstet nach der Beziehung zu uns, nach unserem freiwilligen Liebes-Ja!“
Der Augsburger Bischof Bertram Meier hob am Fest der Taufe Jesu hervor, dass der Mensch nicht nach Selbstoptimierung streben müsse: „Die Verbesserungskraft entspringt dem Sakrament der Taufe.“ Hinter Kleidern könne man sich verstecken. Bei der Taufe lege der Täufling alles ab, „um Christus anzuziehen“. Als der Bischof über die reinigende Wirkung des Wassers sprach und zu mehr „Mut zur Keuschheit“ aufforderte, erhielt er zustimmenden Applaus.
Am Abschlusstag beeindruckte Hartl dann mit einer Analyse und Widerlegung gesellschaftlicher Entwicklungen. Anfangs zitierte er die Publizistin Sybille Berg, die folgende zeitgeistnahe Aussage veröffentlicht hatte: „Es ist normal geworden, keine Wurzeln mehr zu haben. Nicht in Orten, nicht in Familien. Kein Grund, sich zu beklagen. Dafür leben wir heute länger. Wenn auch nicht ganz klar ist, wozu.“
Bisher hätten alle menschlichen Kulturen Platz gehabt für die Transzendenz“, erinnerte Hartl. „Das wird gegenwärtig erstmals infrage gestellt.“ Schnittblumen, die man von der Wurzel entfernt hätte, blieben in der Vase ein paar Tage ansehnlich. Manche Effekte würden sich eben nicht sofort zeigen. Aber wie geht es langfristig mit unserer Kultur weiter?
Seine Gegenwartsanalyse leitete Hartl aus den drei ersten Kapiteln des Römerbriefes ab. Darin finde sich die bis heute zu beobachtende Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Am Gesetz scheitern alle – die Juden am Gesetz des Moses, die Heiden am Gesetz, das ihnen ins Herz geschrieben ist. Paulus weist, so Hartl, bereits vor 2000 Jahren auf die Scheinlösungen hin, die sich der Mensch bis heute suche. Entweder moralisiere er und behaupte, er sei besser als die anderen. Durch das Anprangern der anderen könne der Mensch vom eigenen Versagen ablenken. Der Ausweg bestehe im Vorwurf: „Die anderen sind Schuld!“
Oder der Mensch neige dazu, Ideale abzuschaffen und Ansprüche an besseres Verhalten zu nivellieren. Wenn jede Lebensweise – ganz unabhängig von ihren Auswirkungen – gleich gut oder schlecht sei, lasse sich viel entspannter leben. Die häufig geforderte Abschaffung von Schulnoten und die tatsächlich erfolgte Abschaffung des Wettbewerbs bei den Bundesjugendspielen bot dem Redner dazu bekannte Beispiele.
Was ist nun die Antwort des Christentums? Zunächst stellte Hartl fest: „Das Christentum ist keine Religion der Moral und Ideale.“ Vielmehr verwies er auf das Wort Jesu: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ Das Weizenkorn verliere dabei seine bisherige Gestalt. Das Sterben sei aber kein Akt, das der Mensch selbst vollbringe. Es komme also nicht darauf an, sich selbst zu optimieren, sondern sich ohne Vorbedingungen in das Sterben Jesu hineinzuwerfen und ihm zu vertrauen, dass mich auferweckt zu neuem Leben.“
Hartl gab zu, der Mensch sei heute andere Denkweisen gewohnt. Stets gehe es um Optimierung – ob beim Betriebssystem oder bei der neuesten Generation eines Smartphones. Deshalb schilderte er das Beispiel einer Person, mit der er anlässlich einer Vortragsveranstaltung in einen Austausch kam. Diese Person bekundete: „Wenn ich diesen Schritt gehe, dann muss ich alles aufgeben, was ich jahrzehntelang an Freunden gewonnen und beruflich aufgebaut habe.“ Er beobachtete, wie diese Person tagelang mit dem Vorgang des Ego-Sterbens ringen musste. Dieser Schritt erschien unmenschlich schwierig und riskant. Nach einem Jahr erhielt er einen Anruf dieser Person, die ihm berichtete: „Ich habe alles aufgegeben und habe mehr gewonnen!“
Das Fazit: „Wohin das Evangelium kommt, bringt es die Wüste zum Blühen. Und es setzt heilende Kräfte frei, die in die Gesellschaft hineinwirken!“