München - Donnerstag, 22. Februar 2024, 11:00 Uhr.
Am heutigen Donnerstag vor 81 Jahren wurden drei Mitglieder der Gruppe Weiße Rose – Hans Scholl, Sophie Scholl und Christoph Probst – im Gefängnis München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet.
Die Widerstandsgruppe wandte sich aus christlicher Überzeugung gegen die nationalsozialistische Ideologie.
Als angehende Mediziner und Naturwissenschaftler seien die Mitstreiter der Widerstandsgruppe schon immer kritisch gegenüber der materialistischen Tendenz des vorherrschenden Wissenschaftsbetriebs gewesen, wie der Historiker Rainald Becker im Gespräch mit Vatican News betonte.
Der Materialismus ist eine philosophische Strömung, die den Menschen auf seine bloße Materie reduziert und die Existenz einer überzeitlichen Geistseele ausschließt.
Relativ früh habe sich die Gruppe radikal die Sinnfrage gestellt und die Hitler-Diktatur durchschaut. Bei der Beantwortung der Sinnfrage habe christliche Literatur eine große Rolle gespielt: „Dazu gehörten die großen Kirchenväter ebenso wie die Strömungen des Protestantismus oder der Orthodoxie.“
Die Weiße Rose war eine Widerstandsgruppe während der Diktatur von Hitler in Deutschland. Sie entstand aus dem Freundeskreis um die beiden Studenten Hans Scholl und Alexander Schmorell in München.
Im Sommer 1942 begannen sie, Flugblätter zu verteilen, in denen sie sich gegen die nationalsozialistische Diktatur aussprachen und zur Beendigung des Krieges aufriefen.
Benannt wurde die Gruppe nach den ersten vier Flugblättern. Er solle „einen guten Klang haben, hinter dem aber ein Programm steht“, wie Hans Scholl später im Gestapo-Verhör aussagte.
Ende Juli 1942 wurde die Widerstandstätigkeit von Hans Scholl und Alexander Schmorell unterbrochen, da sie als Sanitäter an die Ostfront abkommandiert wurden.
Ihre Erlebnisse dort, insbesondere die Behandlung der jüdischen Bevölkerung im Warschauer Ghetto, bestärkten sie in ihrer Haltung.
„Das sind existenzielle Herausforderungen, die auch diese Frage nach Gott stark gemacht haben”, kommentierte Becker die Erlebnisse der beiden.
Nachdem Scholl und Schmorell im November 1942 von der Front zurückgekehrt waren, setzten sie ihre Widerstandsaktionen fort.
„Leistet passiven Widerstand“, forderte Scholl, „Widerstand – wo immer Ihr auch seid, verhindert das Weiterlaufen der atheistischen Kriegsmaschine, ehe es zu spät ist.“
Die Deutschen würden bei weiterer Hinnahme des Nationalsozialismus, „ohne Gnade dem endzeitlichen Gottesgericht verfallen“.
Anfang Februar 1943, nach dem Erscheinen des fünften Flugblatts, setzte die Gestapo eine Sonderkommission ein, um die Verfasser zu finden.
Im gleichen Monat wurden Sophie und Hans Scholl – nachdem sie ein Hausmeister beim Verteilen der Flugblätter beobachtet hatte – im Hauptgebäude der Münchner Universität von der Gestapo festgenommen.
Sie wurden einzeln vernommen. Sophie gab zu, dass sie „nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun haben” möchte.
Vier Tage nach der Festnahme verurteilte der Volksgerichtshof – unter der Leitung des berüchtigten Richters Roland Freisler – Christoph Probst sowie die Geschwister Sophie und Hans Scholl wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode.
Die Urteile wurden noch am selben Tag in der Strafanstalt München-Stadelheim mit dem Fallbeil vollstreckt.
Becker wirft dabei die Frage auf: „Was bleibt einem letztlich vor einem irdischen Richter, der ungerecht ist wie eben der Volksgerichtshof?"
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Vor der Hinrichtung habe der protestantische Pfarrer Karl Alt mit Sophie Scholl das Abendmahl gefeiert. Der Wunsch nach einem gemeinsamen Abendmahl blieb jedoch den Geschwistern Scholl und Probst verwehrt.
Die Mutter von Sophie Scholl schrieb später an Sophies Freund Fritz Hartnagel, dass ihre Tochter „leicht und locker an der Heizung lehnte“ und „einen Glanz in den Augen hatte, den ich sonst nicht kannte“.
In seinen Erinnerungen an die Vollstreckung des Todesurteils schrieb Alt, dass das Kreuz als „veraltetes Symbol“ aus dem Hinrichtungsraum entfernt worden sei und die Geistlichen nicht mehr laut mit den zum Tode Verurteilten beten sollten.
Der protestantische Pfarrer hatte sich jedoch erfolgreich dagegen gewehrt.
Eine christliche Widerstandsbewegung?
Der christliche Glaube spielte in der Widerstandsgruppe der Weißen Rose eine wesentliche Rolle. Dabei kamen die Mitglieder aus unterschiedlichen Konfessionen, aber es einte sie der Kampf gegen die nationalsozialistische Ideologie.
Hans und Susanne Hirzel, Teil der als „Ulmer Abiturienten“ bekannten Gruppe und Sympathisanten der Weißen Rose, wuchsen beispielsweise in einem evangelischen Pfarrhaus auf. Ihr Vater war Mitglied der „Bekennenden Kirche“, einer Oppositionsbewegung zur Gleichschaltung in der protestantischen Kirche durch den Nationalsozialismus.
Hans und Sophie Scholl wuchsen ebenfalls in einem christlich geprägten Umfeld auf, besonders ihre pietistische Mutter beeinflusste sie. Der mit ihnen ermordete Christoph Probst war noch nicht getauft, hatte aber eine Neigung zum Katholizismus.
Alexander Schmorell war Mitglied der russisch-orthodoxen Kirche und wurde von dieser später heiliggesprochen.
Die katholischen Mitglieder der Weißen Rose nahmen an einem freiwilligen Religionsunterricht von Adolf Eisele teil, nachdem der reguläre ab 1941 in Schulen verboten wurde.
Eisele – ein Pater des Missionsordens der „Weißen Väter“ – nutzte Texte von Thomas von Aquin und diskutierte mit den Jugendlichen kritische Schriften zum Nationalsozialismus. Dazu gehören die Predigten des seligen Münsteraner Bischofs Clemens August von Galen gegen die Euthanasie und dessen Protestschreiben an die Reichskanzlei.
Willi Graf – ein überzeugter Katholik
Will Graf ist einer der Katholiken in der Widerstandsgruppe gewesen. Er war Medizinstudent und Sanitätssoldat während des Zweiten Weltkriegs.
Geprägt durch seine katholische Sozialisation und der Zugehörigkeit zum katholischen Schülerbund „Neudeutschland“ trat er entschieden gegen die nationalsozialistische Ideologie ein. „Es war eine Gewissensentscheidung, sich dem NS-Terror zu widersetzen“, erklärte Hildegard Kronawitter, die Vorsitzende der „Weiße Rose“-Stiftung.
Er wurde acht Monate nach Hans und Sophie Scholl getötet. In einem seiner letzten Briefe aus der Haft schrieb Graf: „Was die kommenden Tage bringen, liegt in Gottes Hand.“
Für ihn sei der Tod nicht das Ende, sondern ein „Durchgang, das Tor zum wahren Leben“.
Graf schrieb: „Ich versuche, mir diese Wirklichkeiten ganz bewusst werden zu lassen und bitte um Kraft und Segen dafür. [...] So berühren einen die alltäglichen Dinge nicht mehr so stark, wie sie auch ausschauen mögen. Die Erfüllung des Lebens liegt nicht in ihnen. Aber die Liebe zu Deutschland wächst von Tag zu Tag und ich nehme schmerzvollen Anteil an seinem Geschick und seinen großen Wunden.“
Das Erzbistum München und Freising plant die Seligsprechung von Willi Graf.