Flüchtlingsbischof Heße sieht bei CDU „Widerspruch zur Orientierung an christlichen Werten“

Erzbischof Stefan Heße
screenshot / YouTube / Erzbistum Hamburg

Der Sonderbeauftrage der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Flüchtlingsfragen, Erzbischof Stefan Heße, hat der CDU vorgeworfen, im Entwurf zum neuen Grundsatzprogramm einen Satz „in einem bemerkenswerten Widerspruch zur Orientierung an christlichen Werten“ formuliert zu haben.

Heße, der Erzbischof von Hamburg, stieß sich in einem gemeinsam mit dem protestantischen Bischof Christian Stäblein für die „Welt am Sonntag“ verfassten Beitrag an dem Satz: „Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen.“

Sollte die CDU beim gegenwärtig laufenden Bundesparteitag den Satz beschließen, so Heße und Stäblein, „würde die CDU einen radikalen Bruch mit ihrem humanitären Erbe im Flüchtlingsschutz vollziehen. Dass auch in der FDP der Ruf nach der Auslagerung von Asylverfahren laut geworden ist, macht die Sache nicht besser.“

Mit dem CDU-Programm gelte, so zeigten sich Heße und Stäblein überzeugt: „Deutschland und die EU würden sich aus der gemeinsamen internationalen Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen verabschieden. Die Genfer Flüchtlingskonvention würde an entscheidender Stelle geschwächt. Das individuelle Recht auf Asyl, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Grundgesetz festgeschrieben ist, würde in Deutschland de facto abgeschafft, da hier keine Prüfung der Schutzbedürftigkeit mehr stattfände.“

„Das Konzept der ‚sicheren Drittstaaten‘ im CDU-Entwurf unterscheidet sich fundamental vom Prinzip im geltenden Recht, das eine belastbare Verbindung des Schutzsuchenden zum sicheren Drittstaat fordert“, argumentierten Heße und Stäblein. „Eine derartige Verbindung fehlt aber fast immer, wenn man den Flüchtlingsschutz nach dem ‚Ruanda-Modell‘ auslagert. Ein Land wird nicht sicher, nur weil man es aufgrund der eigenen Interessenlage dazu erklärt.“

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Das sogenannte „Ruanda-Modell“ geht zurück auf den britischen Ansatz in der Flüchtlingspolitik. Die Tagesschau erläuterte im April: „Die britische Regierung will alle Menschen, die ohne die notwendigen Papiere ins Land kommen, grundsätzlich nach Ruanda abschieben – und zwar egal, wo sie herkommen. Sie sollen dann in dem afrikanischen Land einen Asylantrag stellen. Bei einem Erfolg sollen sie in Ruanda bleiben können. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen.“

„Nach Einschätzung des Rechnungshofs in London zahlt die Regierung bis zu einer halbe Milliarde Pfund an Ruanda – umgerechnet etwa 584 Millionen Euro“, hieß es weiter. „Dazu könnten dann noch einmal Hunderttausende Pfund pro Asylbewerber kommen.“

Vor diesem Hintergrund forderten Heße und Stäblein: „Wir brauchen Lösungen, die im Einklang mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht stehen. Das im CDU-Entwurf vorgestellte Konzept wirft hier erhebliche Zweifel auf. Würden Deutschland und die EU alle Schutzsuchenden abweisen, wären Grundprinzipien des internationalen Rechts und der globalen Gerechtigkeit massiv verletzt.“

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Im Programmentwurf der CDU heißt es derweil zur Rechtslage: „Die Anforderungen an sichere Drittstaaten sind auf den Kern der Verpflichtungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu beziehen. Beide Konventionen beinhalten nicht das Recht, sich das Land des Schutzes frei auszusuchen, und gewähren keinen Schutzanspruch aufgrund einer wirtschaftlichen Schwäche des Herkunftslandes.“