Kann ein Lektor nicht AfD-Mitglied sein? Pfarrer verbietet Partei-Funktionär das Ehrenamt

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Ben White / Unsplash (CC0)

Ein Pfarrer hat einen Ministranten und Lektor von seinen Aufgaben entbunden, weil dieser für die Alternative für Deutschland (AfD) arbeitet. Die Partei hat einem Bericht zufolge rechtliche Schritte angekündigt, doch das Erzbistum steht hinter der Entscheidung des Pfarrers.

Anfang Juli teilte Pfarrer Ralf Dunker dem 20-jährigen Julian-Bert Schäfer mit, dass er nicht mehr als Messdiener, Lektor und Organist in der Pfarrei St. Franziskus von Assisi in Hamm tätig sein könne. Dunker begründete dies mit Schäfers aktivem Engagement in der AfD, das mit diesen ehrenamtlichen Aufgaben unvereinbar sei. 

Schäfer, seit vier Jahren AfD-Mitglied und Büroleiter der Partei im Hammer Stadtrat, verurteilte die Entscheidung. „Es ist empörend, dass ein Pfarrer willkürlich entscheidet, ohne das Seelsorgeteam darüber abstimmen zu lassen, welche politischen Überzeugungen mit der Teilnahme am kirchlichen Leben vereinbar sind”, so Schäfer in einer Erklärung auf Facebook.

Er fügte hinzu: „Dieser Ausschluss ist nicht nur eine Verletzung meiner Rechte als Gläubiger, sondern auch ein Verrat an den Prinzipien der Toleranz und des Respekts, die die Kirche predigt”.

Der AfD-Mitarbeiter hat einen Anwalt eingeschaltet, dem Vernehmen nach ein AfD-Bundestagsabgeordneter, um gegen die Entscheidung vorzugehen. Schäfer argumentiert: „Ich berufe mich auf Artikel 3 des Grundgesetzes, der die Gleichheit vor dem Gesetz garantiert und eine Benachteiligung aufgrund der politischen Überzeugung verbietet.”

Reaktion von kirchlicher Seite

Das Erzbistum Paderborn steht indes fest hinter Dunkers Entscheidung. Ein Sprecher des Erzbistums erklärte gegenüber katholisch.de: „Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, einem aktiven AfD-Funktionär mitzuteilen, dass er kein Ehrenamt in der katholischen Kirchengemeinde ausüben kann.”

Der Vorfall steht nicht allein. Im Mai bestätigte der Trierer Bischof Stephan Ackermann die Entlassung des AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Schaufert aus dem Verwaltungsrat einer Kirchengemeinde. „Die Ausübung eines politischen Mandats für die AfD ist unvereinbar mit der Ausübung eines Wahlamtes im Verwaltungsrat einer Kirchengemeinde des Bistums Trier”, begründete Ackermann seine Entscheidung.

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Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich mit ihrer Erklärung im Februar 2024 positioniert. Dort steht zu lesen: „Parteien, die rechtsextrem sind oder sich am Rande dieser Ideologie bewegen, können für uns Christen kein Ort politischen Engagements sein.”

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Über innerkirchliche Fragen hinaus haben sich katholische Organisationen aktiv gegen die AfD positioniert. Während der Proteste gegen einen Bundesparteitag der AfD in Essen im Juli lobte Klaus Pfeffer, Generalvikar des Bistums Essen, die Beteiligung: „Ich bin wirklich sehr beeindruckt und auch stolz auf Essen und das Ruhrgebiet. Alle Altersgruppen sind vertreten, ganz unterschiedliche Kulturen, Religionen und politische Gruppierungen - und alle eint die Überzeugung, dass Rechtsextreme in unserem Land nie wieder an die Macht kommen dürfen.”

Dass dabei von offizieller deutscher kirchlicher Seite aber linksextreme Gewalt und Ideologien – von Transgender bis Klima-Extremisten, Abtreibung und Euthanasie – nicht ähnlich parteipolitisch thematisiert werden, wird von konservativen Christen immer wieder bemängelt. 

Indessen wächst offenbar der Zuspruch für die AfD: Umfragen sehen sie bundesweit bei bis zu 20 Prozent und damit als zweitstärkste politische Kraft hinter der CDU. In den ostdeutschen Bundesländern, in denen 2024 wichtige Wahlen anstehen, liegt die AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg bei über 30%.

Dieser Aufstieg spiegelt breitere europäische Trends wider, wo rechte Parteien wie Marine Le Pens Rassemblement National in Frankreich und Geert Wilders' Partei für die Freiheit in den Niederlanden erheblich an Boden gewonnen haben. Analysten führen dies auf Ängste vor Massenmigration, wirtschaftliche Unsicherheit und Ernüchterung über die etablierte Politik zurück.

Herausforderungen für die Kirche

Für die katholische Kirche in Deutschland stellt das Erstarken der AfD eine komplexe Herausforderung dar. Kirchenführer haben sich klar gegen die Ideologie der Partei ausgesprochen, müssen sich aber auch der Realität stellen, dass einige Katholiken die AfD unterstützen und Mitglieder sind.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat zum Dialog mit AfD-Wählern aufgerufen, um deren Anliegen zu verstehen, zugleich aber bekräftigt, dass „rechtsextreme Parteien für Christen kein Ort politischen Engagements sein können”.

Mit Blick auf die nächste Bundestagswahl 2025 und die noch früher anstehenden wichtigen Landtagswahlen dürfte der Umgang der katholischen Kirche mit der AfD für Diskussionen sorgen. Die Fälle Schäfer und Schaufert könnten weitere Konflikte ankündigen, während die Kirche versucht, ihre politische Neutralität mit ihrer moralischen Haltung gegen rechtsextreme Ideologien in Einklang zu bringen.

Die deutschen Bischöfe scheinen in ihrer Haltung gegen eine Beteiligung der AfD in kirchlichen Strukturen entschlossen, müssen sich aber mit den weiterreichenden Auswirkungen der wachsenden Popularität der Partei unter Wählern, darunter auch einigen Katholiken, auseinandersetzen. Die Frage, wie sich dies auf den Einfluss und die Mitgliedschaft der Kirche in einer zunehmend polarisierten politischen Landschaft auswirken wird, beschäftigt indessen nicht nur Juristen und Funktionäre.