Politikwissenschaftlerin argumentiert, Kirche mache es sich bei Thema Migration „oft zu leicht“

Barbara Zehnpfennig
Screenshot von YouTube

Die Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig hat argumentiert, Kirchenvertreter machten es sich beim Thema Migration „oft zu leicht“. Die Mitherausgeberin der Zeitschrift Communio schrieb in einem Artikel zu den Wahlerfolgen von AfD und BSW am Freitag, diesbezügliche kirchliche Interventionen hätten „nichts“ ausgerichtet.

„Dass sich in der Bevölkerung Gefühle der Überforderung und auch der Entfremdung ausbreiten, hat objektive Gründe. Deshalb müsste hier ein rational geführter gesellschaftlicher Diskurs ansetzen: Was schuldet ein wirtschaftlich starkes, inzwischen allerdings angeschlagenes, Land Menschen, denen es schlechter geht als einem selbst?“, so Zehnpfennig.

Generell sei es aber „sehr schwierig“, über Migrationspolitik zu reden, „ohne generell Ressentiments gegen Zuwanderer oder Zuwanderung zu wecken“. Die gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass „mit der Zuwanderung auch die Zahl der Gewaltdelikte in statistisch relevantem Umfang zugenommen hat“.

Sie erklärte weiter: „Nachdem sich aber die Messerangriffe in der letzten Zeit gehäuft haben und sich in der Bevölkerung ein spürbarer Unmut über die Auswirkungen einer mangelhaften Einwanderungspolitik breitmacht, gelten manche früheren Tabus nicht mehr“.

Durch die einseitige Betrachtung der „moralische[n] Seite“ seitens der Kirche mache man es „sich hier sehr viel leichter“.

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Anfang des Jahres hatten die deutschen Bischöfe betont, Parteien wie die AfD seien für Christen nicht wählbar. Eine entsprechende vierseitige Erklärung sei „einstimmig“ verabschiedet worden, hieß es damals.

„Manche Äußerungen oder Verhaltensweisen seitens kirchlicher Vertreter zur Frage des Asyls und der Zuwanderung vermitteln den Eindruck, dass man den moralischen Rigorismus in der Einforderung von Nächstenliebe der Auseinandersetzung mit der Komplexität der Problemlage vorzieht“, betonte Zehnpfennig.

„Keine andere Institution“ schlage gegenüber den Bürgern „einen solch bevormundenden Ton“ an, gerade in Zeiten einer „immer geringeren Kirchenbindung“: „Es sind derart rigorose Verdammungsurteile, die den Betroffenen nur den noch engeren inneren Zusammenschluss übrig lassen.“

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Kleriker hätten kein „politisches Mandat“ und in erster Linie eine „geistig-geistliche“ Aufgabe. Zehnpfennig erklärte dazu: „Bloße Meinungsäußerungen zu konkreten politischen Fragen erfüllen dieses Kriterium nicht, zumal dann, wenn sie die Komplexität der Problemlage außer Acht lassen oder eine Kompetenz beanspruchen, die nicht gegeben ist. Ihren Bedeutungsverlust dadurch zu kompensieren, dass sie sich zum politischen Mitakteur macht, erscheint kein vielversprechender Weg für die Kirche zu sein.“

Die Politikwissenschaftlerin unterstrich dennoch, dass die Gläubigen eine Kirche brauchen, um „immer wieder an christliche Maßstäbe erinnert zu werden“. Die zentrale Botschaft des Christentums sei „Nächstenliebe, und der Nächste ist potenziell jeder, auch der uns ganz entfernt Erscheinende“.