Redaktion - Mittwoch, 2. Oktober 2024, 16:00 Uhr.
In einem Interview mit dem Portal Kirche+Leben hat der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck kurz vor seiner Abreise zur Weltsynode nach Rom zum Verhältnis von Evangelisierung und „kirchlicher Reform“ gesagt, Evangelisierung betreffe „alle Lebensbereiche“.
„Von daher ist die merkwürdige Ausklammerung bestimmter Lebensbereiche aus der Diskussion nicht richtig – auch dann nicht, wenn man meint, diese Themen seien für die Ewigkeit entschieden und daher nicht mehr diskutabel. Was ist, das ist“, betonte Overbeck.
Er gehört zu den fünf deutschen Diözesanbischöfen, die bei der letzten Sitzungsperiode der Weltsynode in Rom vertreten sind. Außerdem nehmen die Bischöfe Georg Bätzing (Limburg), Felix Genn (Münster), Bertram Meier (Augsburg) und Stefan Oster (Passau) an der Weltsynode teil.
In Deutschland hatte der Synodale Weg eine Diskussion über verschiedene Themen angestoßen, die in anderen Ländern teils sehr kritisch betrachtet wird. Zu diesen Spannungen sagte Overbeck: „Im Weltmaßstab wird oft geglaubt, das sei ein Problem einiger missgeleiteter Priester und Probleme einer nicht geistlich genug lebenden Kirche. Dem widersprechen wir aus guten Gründen.“
Dabei betonte er, dass die deutsche Kirche lange gebraucht habe, um diese Themen „offen zu machen“. Andere Ortskirchen würden diesen Prozess ebenfalls durchlaufen, doch es brauche Zeit: „Ich bin kein Prophet, aber es scheint mir doch sehr sicher zu sein, dass wir da weltkirchlich noch viel erleben werden.“
Overbeck wies darauf hin, dass die Gläubigen in Deutschland trotz dieser internationalen Unterschiede nicht einfach auf Reformen warten könnten, während Menschen sich von der Kirche abwenden.
„Das sind und bleiben Lebensthemen, die wir nicht wegdiskutieren oder nicht bearbeiten können, nur weil in anderen Ländern diese Frage nicht so drängen.“ Die Diskussion über diese Themen habe „Folgen für das Selbstverständnis der Kirche“.
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Bei einer Pressekonferenz zur Synode während der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda sagte Overbeck, die Kirche müsse sich „ehrlicher machen“: „Sich ehrlich zu machen, bezieht sich darauf, dass wir eine Lösung finden müssen für die besagte Ungleichzeitigkeit. Ich halte es für angeraten, ein großes Spektrum zu eröffnen und unterschiedliche regional-kulturelle Lösungen zuzulassen.“
Die Kirche müsse dafür sorgen, dass „Einheit durch Verschiedenheit und in Verschiedenheit möglich wird“. Ein Beispiel dafür sei der Ständige Diakonat, der von Papst Paul VI. ermöglicht wurde: „Er ist heute etwa im deutschsprachigen Raum selbstverständlich, in anderen Teilen der Weltkirche aber noch überhaupt nicht angekommen. Trotzdem leben wir gut damit“, erläuterte Overbeck, der darin ein Modell für weitere Reformen in der Kirche sieht.
Zur Bußvigil am Dienstagabend vor Beginn der Weltsynode sagte Overbeck: „Es ist wichtig, dass es diese Liturgie gibt. Das Thema wird jedoch ganz sicherlich ein Türöffner für die gesamte Thematik von Macht und Sexualität sein müssen.“
Mit Blick auf die möglichen Ergebnisse der Weltsynode sagte Overbeck, dass nach der Synode ein nachsynodales Schreiben des Papstes folgen werde. Was daraus in den einzelnen Ländern gemacht wird, liege jedoch in der Verantwortung der Ortskirchen, „zumal Franziskus sehr unterschiedlich mit den Ergebnissen der Synode umgeht, denken Sie an die Amazonas-Synode, bei der er auch Beschlüsse nicht übernommen hat“.
Letztlich stehe die Kirche vor der großen Herausforderung, das Verhältnis von Macht und Gemeinschaft, Hierarchie und Synodalität neu zu bestimmen: „Das ist so, und das ist nach wie vor nicht geklärt. Die Gemeinschaft der Kirche konnte nicht zuletzt durch das hierarchische Prinzip stark bleiben. Das galt insbesondere für herausfordernde Zeiten der Geschichte.“ Dennoch sei es gerade in der Gegenwart wichtig, dieses Verhältnis klug „zu bestimmen“.
Abschließend merkte Overbeck an, dass sich das kirchliche Leben in Westeuropa stark verändern werde. „Wir werden im normalen Alltag unserer Gesellschaft und Kirche derart hochdiverse Entwicklungen erleben, dass etwa das klassische Gemeinde- und Pfarreimodell in Westeuropa wahrscheinlich zu Ende gehen wird.“