Christenverfolgung hat weltweit zugenommen: Hilfswerk „Kirche in Not“ stellt neuen Bericht vor

Vorstellung des Berichts „Verfolgt und Vergessen?“: Regina Lynch, Geschäftsführende Präsidentin von „Kirche in Not“, und Bischof Gerald Mamman Musa von Katsina in Nigeria
Kirche in Not

Christen in zahlreichen Ländern weltweit leiden unter steigender Gewalt, Diskriminierung und weiteren Verletzungen der Menschenrechte. Das ist das Ergebnis des Berichts „Verfolgt und Vergessen?“, dessen Neuauflage das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) bei einer Pressekonferenz in Fulda vorgestellt hat.

 „Die Lage der Christen hat sich in vielen Ländern verschlechtert“, erklärte die Geschäftsführende Präsidentin von „Kirche in Not“ (ACN), Regina Lynch. Sie wies ausdrücklich darauf hin, dass die Verfolgung und Diskriminierung nicht nur Christen, sondern auch Angehörige anderer religiöser Minderheiten betreffe. „Kirche in Not“ mache sich auch für die generelle Einhaltung des Menschenrechts auf Religionsfreiheit stark. 

Der Bericht „Verfolgt und vergessen?“, den das Hilfswerk alle zwei Jahre herausgibt, liefert für den Zeitraum von Sommer 2022 bis Sommer 2024 globale und regionale Analysen von Christen in 18 Ländern. Der Bericht enthält Zeugenaussagen aus erster Hand von Überlebenden antichristlicher Angriffe sowie Details zu Vorfällen, die auf Informationen von Projektpartnern und Kontakten von „Kirche in Not“ beruhen.

„Afrika ist zum Epizentrum islamistischer Gewalt geworden“

Besonders besorgt blickt das Hilfswerk auf die Lage in Afrika. Dorthin habe sich vom Nahen Osten aus das „Epizentrum islamistischer Gewalt“ verlagert, erklärte Lynch. In den untersuchten afrikanischen Ländern wie Burkina Faso, Mosambik oder Nigeria lösten „islamistische Angriffe eine Massenmigration christlicher Gemeinschaften aus“, heißt es in dem Bericht. Diese Entwicklung werfe „Fragen zum langfristigen Überleben der Kirche in afrikanischen Schlüsselregionen auf“.

Lynch nannte China, Eritrea und den Iran als Beispiele für Länder, „in denen Christen als Feinde des Staates ins Visier genommen werden“. In anderen Ländern setzten staatliche und nichtstaatliche Akteure „Gesetze zunehmend als Waffe ein, um Christen und andere Minderheiten zu unterdrücken“. Wie „Verfolgt und vergessen?“ dokumentiert, wurden zum Beispiel in Indien im Berichtszeitraum mehr als 850 Christen inhaftiert.

Gewalt gegen christliche Frauen und Mädchen

Wiederholt finden sich im Bericht Schilderungen von Entführungen und Zwangskonversionen christlicher Frauen und Mädchen, zum Beispiel in Pakistan, oder abwertende Beiträge über Christen in Schulbüchern. Einzig in Vietnam seien leichte Verbesserungen für Christen festzustellen, bilanziert „Verfolgt und Vergessen?“. Das Land habe zum Beispiel diplomatische Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl aufgenommen.

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Neu in der 18-jährigen Geschichte von „Verfolgt und Vergessen?“ ist ein Bericht zur Lage in Nicaragua. Dort geht die Ortega-Regierung massiv gegen die Christen vor; zahlreiche kirchliche Mitarbeiter wurden verhaftet, Priester und Bischöfe ausgewiesen.

„Christen leiden unverhältnismäßig stark“

Aus erster Hand konnte bei der Pressekonferenz Bischof Gerald Mamman Musa aus Katsina im Nordwesten Nigerias berichten. Die Region sei zu einem Brennpunkt organisierter Kriminalität und des gewalttätigen Extremismus geworden. Neben dschihadistischen Gruppen wie „Boko Haram“ stellten Milizen aus dem Nomadenstamm der Fulani mittlerweile eine noch „größere Bedrohung“ dar. Die Gewalt treffe Muslime wie Christen, betonte der Bischof. Allerdings litten Christen „unverhältnismäßig stark“: So seien zwischen 2019 und 2023 über 16.000 Christen getötet worden.

Entführungen von Priestern und kirchlichen Mitarbeitern seien mittlerweile an der Tagesordnung. „Angriffe auf Kirchen, Entführungen und Morde sollen Angst schüren, das Gemeinschaftsleben stören und die Aufmerksamkeit auf die Anliegen dieser Gruppen lenken“, sagte der Bischof.

Christen seien am Arbeitsplatz, in der Politik oder in der Rechtsprechung diskriminiert, da in zahlreichen nigerianischen Bundesstaaten die Scharia gelte. Die Ursachen für Intoleranz seien vielfältig, beruhten häufig aber auch auf einer Unkenntnis der Lebensweise und Ansichten der Angehörigen der jeweils anderen Religion. Musa forderte deshalb umfassende Bildungsbemühungen und Initiativen für Religionsfreiheit und Frieden: „Wir Christen Nigerias danken ‚Kirche in Not‘ für die Unterstützung in Krisenzeiten.“

Der Bischof wies darauf hin, dass Verfolgung und Gewalt nicht zu einem Rückgang der religiösen Praxis geführt hätten. Das Gegenteil sei der Fall: „Die Christen, die getötet wurden, haben ihr Blut nicht umsonst vergossen. Viele Menschen werden angezogen vom Glauben.“

„Red Wednesday“ ruft zu Solidarität auf

Der Bericht „Verfolgt und Vergessen?“ wurde im Rahmen der Aktion „Red Wednesday“ vorgestellt, zu der „Kirche in Not“ rund um den 20. November einlädt. Kirchen und öffentliche Gebäude werden dabei rot beleuchtet, um auf das Schicksal verfolgter und bedrängter Christen hinzuweisen. Dieses Jahr gibt es Aktionen in 23 Ländern; in Deutschland machen rund 200 Pfarreien mit, darunter die Kathedralen in Paderborn, Fulda und Augsburg.

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