Die Offenbarung des Johannes spricht von dem Lamm, das würdig ist, die Siegel des Buches zu brechen, das niemand öffnen konnte. War die Heilige Schrift bis zum Kommen des Messias ein "Buch mit sieben Siegeln", dessen tiefste Wahrheiten nur durch den Sohn Gottes erkannt werden können, so steht die Bibel nun allen offen, die sie im Glauben an den Herrn – an den Auferstandenen – zu lesen wissen.

Schon den Jüngern von Emmaus zeigt Christus, nur wenige Stunden nach seiner Auferstehung, den ganzen Sinn der Schrift, die in allen ihren Büchern von ihm, seinem Leiden und seinem Sieg spricht. Er hört nicht auf, seiner Kirche Gottes Wort zu erklären, das sie der Welt verkünden soll. Er bricht alle Siegel, damit wir sein Werk der Erlösung verstehen und als frohe, österliche Menschen leben.

Wenn das letzte Siegel bricht...

Weil Jesus mit seinem Volk, das sich nicht mehr in den engen Grenzen von "Blut und Boden" definiert, sondern alle Menschen umschließen möchte, einen Neuen Bund geschlossen hat, liest die Kirche in der Feier der heiligen Messe während der Osterzeit nur aus den Büchern eben dieses Bundes, d.h. des Neuen Testamentes, ohne damit freilich Wert und Geltung aller anderen biblischen Schriften in Frage zu stellen.

7x7 Tage lang feiert das neue Volk Gottes Ostern. Das wahre Lamm Gottes, das geschlachtet worden ist, um die Menschheit zu erlösen, sprengt in seiner Auferstehung das Grab, das ihn nicht mehr gefangen halten kann. Die Siegel brechen, die Wächter stürzen nieder, der Fels bricht auf – Jesus lebt! Christi Sieg über den Tod ist das große Zeichen, das die Wahrheit seiner Predigt bezeugt. Indem er die Siegel des Grabes bricht, besiegelt er seine frohe Botschaft und öffnet den wahren Sinn der Schrift.

Und doch glauben die Menschen ihm nicht. Die Jünger Jesu werden immer wieder zweifeln, obwohl sie Jesus schauen durften, bis der Heilige Geist am Pfingsttag ihnen die innere Gewissheit gibt. Die römischen Soldaten – obwohl das Wunder der Auferstehung sie buchstäblich umwirft – lassen sich bestechen, um die Lüge zu verbreiten, der Leichnam Jesu sei gestohlen worden und keineswegs auferstanden.

Obwohl Christus Sünde, Tod und Teufel besiegt hat, wirkt das Geheimnis des Bösen bis zum Tage seiner Wiederkunft und fordert zur Entscheidung heraus: Glaube ich, dass Jesus der Herr ist, der aus dem Grab erstanden ist und auch mir Ewiges Leben schenken will? Oder halte ich mich an die so verständlich klingende Lüge, dass es keine Auferstehung und damit auch keine Hoffnung über den Tod hinaus gibt? Glaube ich an die Verheißungen Christi oder an die Unwahrheiten dieser Welt? Falle ich – wie die Soldaten – aus blinder Angst zu Boden oder knie ich nieder – wie die Jünger, denen der Auferstandene begegnet – um Gott anzubeten?

Vor dem Auferstandenen beugt sich jedes Knie

Jeder wird vor dem Herrn niederfallen, wenn er wiederkommen und seine Herrlichkeit allen Völkern offenbaren wird. Es fällt dem modernen Menschen schwer, sich klein zu machen. Selbst im Gottesdienst fällt auf, dass viele Christen immer seltener knien: Manche Theologen haben ihnen gesagt, dass das Stehen die Haltung eines österlichen Menschen sei, der um seine Erlösung wisse und sich daher vor Gott aufrichten dürfe.

Der Herr hat uns aus dem Sumpf der Sünde befreit und uns auf festen Boden gestellt, aber es ist auffallend, dass die Freunde Jesu vor ihm, dem auferstandenen Herrn, immer niederfallen. Die Bibel sagt uns, dass das Knien die österliche Haltung der Männer und Frauen ist, die ihm nach Ostern begegnet sind. Gibt es aus der Zeit der Wander- und Lehrjahre Jesu relativ wenige Stellen, die davon sprechen, dass Menschen vor ihm niederknien, so ist die Schrift voll von Berichten, wie die Erscheinung des auferstandenen Herrn eine wahrhaft "umwerfende" Erfahrung ist, die in die Knie "zwingt". Weil die Jünger Jesu aufrechte Männer und Frauen sind, die die Wahrheit bekennen, können sie ihren Verstand und ihre Knie beugen.

Diese Haltung – sowohl die innere der Demut, als auch die äußere der Ehrerbietung – ist die der österlichen Christen, die voller Hoffnung und Freude sind. Unter dem Kreuz standen Maria und Johannes; jetzt knien die Apostel und die Frauen, da ihnen der verklärte Herr begegnet. Auch wir sollen im Leiden standhaft bleiben, den Kopf erheben, uns nach oben ausstrecken und in der Versuchung nicht wanken, aber vor Gottes Gegenwart dürfen wir in die Knie gehen und auf die Größe kleiner Kinder schrumpfen, die strahlenden Auges glauben und vertrauen.

Er ist wahrhaft da!

Wer kniet, bekennt seinen Glauben an die Auferstehung Christi. Sein gebeugten Knie bezeugen die unsichtbare Gegenwart dessen, der mächtiger ist als der Tod. Die Gebetshaltung ist keine Nebensache, sondern – nehmen wir das biblische Beispiel der Apostel ernst – mächtiges Bekenntnis zu Jesus, dem Herrn.

Noch heute gibt es theologische "Schriftgelehrte", die gläubigen Menschen einreden wollen, man müsse vor Gott nicht knien, sondern könne ihm auf Augenhöhe begegnen. Er sei ja nicht vor uns auf dem Altar, sondern viel mehr in uns. Es gibt immer wieder den Versuch, sowohl wahrhafte Auferstehung Christi als auch seine bleibende Gegenwart im eucharistischen Sakrament zu relativieren, zu spritualisieren und damit zu banalisieren. Was bleibt, ist oft nur ein vages Gefühl, das vielleicht die Knie ein wenig schlottern lässt, sie aber nicht auf den Boden beugt.

Wer glaubt, dass das Grab wirklich leer ist, bekennt auch, dass jeder Tabernakel, vor dem das ewige Licht brennt, voll ist – voll von Christi Gegenwart. Wer glaubt, dass das Lamm gesiegt hat, dem bricht es auch das letzte Siegel zur Erkenntnis seines immerwährenden Opfers und seiner bleibenden Nähe im Sakrament der Eucharistie.

Es ist der auferstandene Herr, der unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig ist. Vor dem Auferstandenen und vor dem im Sakrament Gegenwärtigen können wir nur niederfallen und wie Thomas anbetend stammeln: "Mein Herr und mein Gott!". Ja, vor Ihm knien wir in frohem, österlichen Glauben. Halleluja!

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