Vatikan verbietet Veröffentlichung von Namenslisten bloß mutmaßlicher Missbrauchstäter

Die Flagge des Vatikanstaates weht vor der Fassade des Petersdoms.
CNA/Petrik Bohumil

Das Dikasterium für die Gesetzestexte hat verbindliche Richtlinien zur Veröffentlichung von Listen „glaubwürdig beschuldigter“ Geistlicher herausgegeben, wie The Pillar berichtete. In den Leitlinien wird ein explizites Verbot der Namensnennung durch Diözesen ohne rechtskräftiges Urteil ausgesprochen.

Die Richtlinien stammen aus einem Schreiben vom September 2024, mit dem das Dikasterium auf die Bitte eines nicht namentlich genannten Bischofs um Klärung antwortete, der seinerseits im Juli 2024 um Weisung gebeten hatte. Das Schreiben wurde erst jetzt öffentlich gemacht.

„In Kanon 220 des Kirchenrechts ist ein allgemeiner Grundsatz zum Verbot der Verleumdung und der üblen Nachrede festgelegt (vgl. auch Nr. 2477–2479 KKK), der besagt, dass ‚es niemandem erlaubt ist, den Ruf, den er genießt, unrechtmäßig zu verletzen‘“, hieß es in dem offiziellen Schreiben.

Die Verletzung des guten Rufs könne allerdings „in einigen Fällen legitim“ sein, beispielsweise „um eine Gefahr oder Bedrohung für Personen oder die Gemeinschaft zu vermeiden“, so das Schreiben weiter.

Folglich sei die Veröffentlichung von Namenslisten von Geistlichen „überhaupt nicht legitim“, wenn die mutmaßlichen Straftäter gestorben seien. Dann gebe es nämlich „weder einen legitimen noch verhältnismäßigen Grund für die Rufschädigung“.

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Außerdem betreffe dieses Thema mindestens zwei allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze. Zum einen den Grundsatz der Unschuldsvermutung bis zum gerichtlichen Gegenbeweis. Dazu gibt das Schreiben den Artikel 1321 §1 des Kirchenrechts an. Zum anderen den Grundsatz der Nichtrückwirkung der Straftat, wonach man nicht für ein Verhalten verurteilt und folglich auch nicht angeklagt werden kann, das zum Zeitpunkt seiner möglichen Begehung formal gesehen keine Straftat darstellte.

Die Strafnormen würden nur „pro futuro“ gelten und könnten nicht auf Handlungen und Verhaltensweisen angewendet werden, die zum Zeitpunkt ihrer Begehung weder eine unerlaubte Handlung noch ein Verbrechen oder Vergehen darstellen.

Außerdem habe Papst Franziskus gesagt, dass „die Veröffentlichung von Listen der Angeklagten, auch durch die Diözesen, vor einer vorherigen Untersuchung und endgültigen Verurteilung vermieden werden muss“, so das Schreiben.

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Ein Beispiel dafür ist die Veröffentlichung von Namen mutmaßlicher Missbrauchstäter im Bistum Aachen im Jahr 2023, wie CNA Deutsch berichtete. Das Bistum veröffentlichte damals die Namen von 53 Priestern, darunter auch der 1986 verstorbene Weihbischof August Peters.

Auf Anfrage von CNA Deutsch erklärte das Bistum Aachen nun: „Das Schreiben des Dikasteriums wurde erst am Wochenende veröffentlicht. Die Veröffentlichung wurde hier im Hause zur Kenntnis genommen. Im Folgenden werden die mit dieser Thematik befassten Gremien das Schreiben ausführlich lesen und im Anschluss den Inhalt beraten.“