„Liebe stirbt an Distanzlosigkeit“: Was man beim Ehe-Seminar in Marienfried lernt

Das christliche Eheverständnis ist einmalig und kommt von Jesus: Katholiken heiraten „nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss“; sie geloben einander zu lieben und achten, und sich die Treue zu halten, alle Tage ihres Lebens.
kgorz via Pixabay (Gemeinfrei)

„Liebe stirbt an Distanzlosigkeit“ – mit diesem klaren Satz bringt Pater Martin Ramm FSSP, ein Priester der Priesterbruderschaft St. Petrus, eine zentrale Einsicht des Ehe-Seminars in Marienfried auf den Punkt.

Seit über zehn Jahren begleitet Ramm im Rahmen eines Seminars Paare auf ihrem gemeinsamen Weg, um den Blick füreinander zu schärfen, echte Nähe zu vertiefen und die geistliche Dimension der Ehe neu zu entdecken. Teilnehmen können sowohl Brautpaare als auch bereits verheiratete Eheleute.

Ramm erklärte, das Anliegen sei es, Paaren Raum und Zeit zu geben, sich in ihrer Beziehung zu vertiefen. „Wenn man sich bewusst einige Tage Zeit füreinander nimmt, öffnet sich der Weg zu ganz neuen Tiefen in der partnerschaftlichen Beziehung“, so der Priester. Dies geschehe durch Vorträge, Gebet, Austausch und stille Zeiten zu zweit.

Ein zentrales Thema des Seminars ist die Unterscheidung zwischen Verliebtsein und wahrer Liebe: „Verliebtsein ist ein Zustand starker Gefühle, in dem der Verstand oft ausgeschaltet scheint. Alles erscheint rosarot verklärt, und mögliche Fehler, die für die Beziehung zur Herausforderung werden könnten, blendet man aus und will sie gar nicht sehen.“

Eine Ehe, die lediglich auf einem solchen Gefühl gründe, sei gefährdet, sobald die emotionale Hochphase vorbei sei: „Wahre Liebe blickt tiefer – auf das Innere der Person. In einer Haltung aufrichtigen Wohlwollens (benevolentia) bewährt sie sich gerade angesichts der Schwächen, die im gemeinsamen Alltag unausweichlich sichtbar werden.“

Nach Aussage von Ramm endet das gegenseitige Kennenlernen nie. Liebe bedeute, sich immer wieder neu aufeinander einzulassen. Ramm erläuterte: „Selbst nach Jahrzehnten, ja bis zur goldenen Hochzeit und darüber hinaus, kommt das Kennenlernen an kein Ende.“

Dies sei notwendig, weil die geliebte Person in ihrer Tiefe letztlich unergründlich bleibe: „Die Liebe weckt das Interesse füreinander – und gerade die Unergründlichkeit der geliebten Person macht es nötig, den anderen immer wieder neu zu studieren.“

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In schwierigen Beziehungssituationen könne sich der Blick auf den anderen verengen und einseitig werden. Ramm benutzte das Bild der „grauen Brille“, mit der man schließlich nur noch die Fehler des anderen sehe.

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Diese negative Sichtweise sei ebenfalls durch Emotionen geprägt – nur diesmal durch Enttäuschung oder Ärger. Um aus dieser Haltung herauszufinden, sei es notwendig, den liebenden Blick neu einzuüben.

Als Beispiel nannte Ramm ein Erlebnis aus einem früheren Seminar: „Mit großer Freude habe ich nach einem Eheseminar einen gestandenen Ehemann sagen hören: ‚Meine Frau und ich haben uns in diesen Tagen neu gefunden.‘“

Ein oft übersehener Aspekt sei die Bedeutung von Distanz für die Nähe. Ramm sagte: „Liebe stirbt an Distanzlosigkeit.“ Der Satz klingt auf den ersten Blick widersprüchlich, ist aber theologisch begründet. Liebe bringt eine tiefe Ehrfurcht vor dem anderen mit sich. In dieser Haltung werden bestimmte Grenzen nicht überschritten.

„Gerade in Momenten größter Nähe ist diese gegenseitige Hochachtung besonders wichtig. Sie schützt die Würde der Person, schafft Geborgenheit und wahrt das Geheimnis des Geliebten“, erläuterte Ramm.

Besondere Aufmerksamkeit widmet das Seminar auch dem Thema Zeit. „Wofür man Zeit hat, ist letztlich eine Frage der Prioritäten“, stellte er fest. Ein bewusst gesetzter Rahmen, etwa in Form einer wöchentlichen „Ehestunde“, könne verhindern, dass man sich im Alltag verliere.

„Ohne sich bewusst Zeit zu nehmen, gibt es weder ein geistliches Leben noch eine echte Freundschaft noch eine lebendige eheliche Partnerschaft“, betonte Ramm. Abschließend erinnerte Ramm an den ursprünglichen Sinn der Ehe: „Man hat geheiratet, um einander glücklich zu machen.“