Bischof Gerber mit „tiefer Scham“ erfüllt wegen neuer Missbrauchsstudie für Bistum Fulda

Bischof Michael Gerber
Deutsche Bischofskonferenz / Marko Orlovic

Bischof Michael Gerber hat im Zusammenhang mit der neuen Missbrauchsstudie für das Bistum Fulda Erschrecken über das Verhalten kirchlicher Amtsträger geäußert: „Das in der Studie geschilderte Verhalten von Klerikern erfüllt mich mit tiefer Scham, und zugleich bewegt mich, wie in vielen Fällen durch diese Taten ein lebenslanges Leiden ausgelöst wurde.“

Gerber äußerte sich am Donnerstag, nachdem er die Missbrauchsstudie wie alle anderen auch erst bei ihrer Veröffentlichung zu Gesicht bekam, nicht bereits vorher.

Laut der Studie wurden 37 Kleriker als Täter identifiziert, wie CNA Deutsch berichtete. Die Zahl der Betroffenen beträgt 120, davon 95 männlich und 25 weiblich. In der Mehrheit der Fälle waren die Opfer Kinder unter 14 Jahren. Insgesamt 73 Betroffene waren zum Zeitpunkt der ersten Tat höchstens 13 Jahre alt, 42 waren Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren.

Vier Opfer befanden sich im jungen Erwachsenenalter zwischen 18 und 21 Jahren, eines war älter als 21. In 40 Fällen dauerte der Missbrauch länger als ein Jahr an, bei 26 handelte es sich um einen einzelnen Vorfall.

Bei dem Pressegespräch in Fulda sagte Gerber am Donnerstag außerdem: „Was der Bericht dokumentiert, wirkt nach und wühlt auf. Er zeigt das Leid von Betroffenen und er zeigt, wie Vertreter der Kirche in vielen Fällen damit nicht angemessen umgegangen sind. Das erschüttert mich zutiefst.“

Die Studie belege deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle handle: „Die dokumentierten Taten und der institutionelle Umgang damit machen deutlich: Es handelt sich nicht einfach nur um bedauerliche Einzelfälle, sondern um systemisches Versagen. Das betrifft nicht nur die Täter, sondern eben auch Strukturen, die Missbrauch ermöglicht, begünstigt oder nicht verhindert haben.“

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Als besonders gravierend bezeichnete der Bischof die Versäumnisse bei der Priesterausbildung. Er berichtete, dass bei mindestens drei später auffällig gewordenen Klerikern bereits während der Ausbildungszeit deutliche Warnungen oder sogar negative Beurteilungen vorlagen.Trotzdem seien die Männer geweiht worden.

Gerber nannte das eine Entscheidung mit „fatalen Folgen“. Daraus ziehe er die Konsequenz, dass „menschliche Reife“ eine „unverzichtbare Voraussetzung“ für die Priesterweihe sein müsse.

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Er räumte ein, in seiner bisherigen Amtszeit im Bistum Fulda bereits mehrfach Konsequenzen gezogen zu haben. In knapp sechseinhalb Jahren habe er sechs Priester vorzeitig aus dem Dienst genommen – zwei wegen sexualisierter Gewalt und vier wegen gravierender Führungsprobleme. Unter Letzteren hätten sich auch Ordenspriester befunden. Dies sei, wie Gerber sagte, „relativ viel“.

Ein zentraler Befund der Studie betrifft aus Sicht des Bischofs den sogenannten Klerikalismus. „Der Bericht fragt nicht nur, was geschehen ist, sondern auch, welche Strukturen dieses Geschehen ermöglicht oder begünstigt haben. Dazu gehört der Klerikalismus, eine unzureichende Fehlerkultur und eine Führungspraxis, die zu oft auf Machterhalt als auf Verantwortung ausgerichtet war. Diese Strukturen müssen wir erkennen, benennen und verändern – als Bistum, als Leitung und ich persönlich als Bischof“, betonte Gerber.

Diese Verantwortung nehme er ausdrücklich an, so der Bischof: „Ich sehe es als meine persönliche Verantwortung, diese Strukturen zu hinterfragen und zu verändern. Das betrifft auch unsere Sprache, unsere Entscheidungswege und unser Selbstverständnis als Kirche.“