Vatikanstadt - Dienstag, 28. November 2017, 11:40 Uhr.
Nicht nur das Kreuz des Internationalen Eucharistischen Kongresses, der 2020 in Budapest stattfinden wird, hat Papst Franziskusvon den ungarischen Bischöfen erhalten, sondern auch ein Exemplar der Bibel auf Lovari-Romani, der von den Roma am meisten genutzten Sprache.
Diese Übersetzung der Bibel geht einer Übersetzung liturgischer Texte in die Sprache der früher als "Zigeuner" bezeichneten Gruppen voraus – die acht Prozent der ungarischen Bevölkerung ausmachen.
Darüber, über den nächsten Eucharistischen Kongress und über die Herausforderungen für Ungarn sprach Kardinal Peter Erdö, Erzbischof von Ezstergom-Budapest, mit CNA.
Wie ist das Treffen der ungarischen Bischöfe mit Papst Franziskus abgelaufen?
Wir haben unseren Ad-limina-Besuch mit der Begegnung mit dem Heiligen Vater begonnen. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch von zu Hause ein 3 Meter hohes Kreuz mitgebracht, das Missionskreuz, das auch die Reliquien der ungarischen Heiligen enthält - von antiken Heiligen, wie dem heiligen Stephan, aber vor allem von vielen Heiligen des 19. Jahrhunderts. Wir haben den Heiligen Vater gebeten, dieses Kreuz zu segnen, das durch ganz Ungarn ziehen wird, um den Internationalen Eucharistischen Kongress vorzubereiten, der vom 13. bis 20. September 2020 stattfinden wird.
Wie bereitet ihr euch auf dieses Ereignis vor?
Die Ankunft des Kreuzes wird in den verschiedenen Städten von Stunden des Gebetes begleitet, vor allem mit Stunden der eucharistischen Anbetung, und auch mit Ausstellungen, um das Zeugnis unserer Heiligen und die Werte, die in ihrem Leben aufstrahlen, zu vertiefen. Wir heben so die hauptsächlichen Werte des Christentums hervor. Das Kreuz ist uns heilig, weil Christus gekreuzigt worden ist. Aber er blieb nicht am Kreuz: Christus ist auferstanden! Das ist die frohe Botschaft, die wir der ganzen Welt bringen wollen.
Wie wichtig ist diese Organisation des Eucharistischen Kongresses für Budapest?
Es ist nicht das erste Mal, dass Budapest einen Internationalen Eucharistischen Kongress beherbergt. Es gab auch schon einmal einen im Jahr 1938, an den sich viele ältere Menschen noch erinnern. Bei diesem Kongress war Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII., zugegen und seine Anwesenheit hatte eine kathartische Wirkung: Man stand in den letzten Bemühungen, um die Völker vor dem Zweiten Weltkrieg zu versöhnen und dieser Internationale Eucharistische Kongress hatte wirklich großes Gewicht.
Jetzt setzten wir uns ein Programm geistlicher Erneuerung als Ziel, das im letzten Vers des Psalms 87 zusammengefasst ist: "Alle meine Quellen entspringen in dir." Ein Vers, der sich auf das himmlische Jerusalem bezieht, weil dort die Heimat aller ist und weil alle zur ewigen Glückseligkeit im Hause Gottes berufen sind. Das ist die Berufung, die uns verbindet.
Haben Sie mit Papst Franziskus darüber bei Ihrem Ad-limina-Besuch gesprochen?
Papst Franziskus hat bei dem Treffen mit uns über die Identität des Bischofs gesprochen, über das Gebet, über die Verkündigung des Wortes Gottes als wesentlichem Inhalt der Mission der Apostel und somit der Bischöfe. Es war eine wunderbare Begegnung, die durch ein sehr brüderliches Gespräch gekennzeichnet war und wir sind dem Heiligen Vater für diese herzliche Aufnahme sehr dankbar.
Worüber haben Sie - die Bischöfe - gesprochen?
Über viele Dinge. Wir haben auch über die Roma gesprochen, die acht Prozent der Bevölkerung darstellen. Wir haben über ihre Kultur und ihre Sprache gesprochen und daraus ergab sich dann auch ein Gespräch über die Bedeutsamkeit der kleinen und großen Völker in Europa. Der Heilige Vater hat uns geantwortet, dass die Kulturen der Länder echte Werte sind.
Europa ist, in christlicher Sicht, nicht ein graues oder gleichförmiges Europa, sondern ein Europa, das aus vielen Kulturen, Erfahrungen und Nationen zusammengesetzt ist, die untereinander versöhnt sind und gemeinsame Wurzeln haben – die zu einem sehr beträchtlichen Teil christliche Wurzeln sind.
Sie haben auch über die Möglichkeit einer Messe in der Sprache der Roma gesprochen?
Der Papst hat uns ermutigt, so eine Messe vorzubereiten. Die Roma in Ungarn sprechen verschiedene Sprachen. Obwohl die überwiegende Mehrheit Ungarisch versteht, haben doch viele mit unserer Sprache auch Schwierigkeiten. Im Allgemeinen ist die Sprache "Lovari-Romani" die in Zentraleuropa am meisten verbreitete Roma-Sprache. Sie hat viel mit Sanskrit zu tun. Wir haben die Herausforderung angenommen, die Übersetzung der gesamten Bibel in diese Sprache vorzubereiten – die katholische Kirche zusammen mit Intellektuellen der Roma. Diese Übersetzung wurde nach einer über zehnjährigen Arbeit fertiggestellt und dann von der Bischofskonferenz genehmigt. Ich habe diese Übersetzung der Bibel dem Heiligen Vater überreicht, der sie mit großer Freude entgegengenommen hat.
Die Erstellung eines Messbuchs ist also der nächste Schritt?
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Da es nun ja schon eine Terminologie für die gesamte Bibel gibt, ist die Übersetzung des Messbuches kein Ding der Unmöglichkeit mehr. Wir haben eine Kommission eingerichtet und wir arbeiten daran. Wir sind dem Heiligen Vater dankbar für seine Ermutigung, diese Arbeit weiterzuführen.
Was sind die Prioritäten der ungarischen Bischöfe?
Eine der größten Herausforderung betrifft die Erziehung in den Schulen und den Religionsunterricht. In Ungarn verwaltet die katholische Kirche 650 Schulen. Das Wachstum der katholischen Schulen in Ungarn hat zur Hälfte den zahlenmäßigen Rückgang der katholischen Schulen in ganz Europa kompensiert. Ein Teil dieser Schulen wurde der Kirche - nachdem sie während des sowjetischen Regimes konfisziert worden waren - zurückerstattet, ein anderer Teil kommt uns daraus zu, dass es auch möglich wurde, die Verwaltung öffentlicher Schulen zu übernehmen, wenn es die Mehrheit der Eltern fordert. Wir müssen mit sehr viel Geduld, mit sehr viel Verständnis vorgehen, um diesen Schulen eine katholische Identität zu geben - sei es in denen, die uns gehören, als auch in den öffentlichen Schulen, deren Lehrer wir übernehmen. Es darf keine aggressive Identität sein, aber es muss eine klare, wertvolle und auch für die Eltern attraktive Identität sein.
Arbeiten Sie nur in den Schulen, die der katholischen Kirche gehören?
Nein, und das bringt uns gleich zu unserer zweiten großen erzieherischen Herausforderung. Obwohl wir im Kontext einer säkularen Gesellschaft stehen, ist an den öffentliche Schulen eine wöchentliche Unterrichtsstunde in "Ethik" vorgesehen; ein Fach, das durch die Wahl von Religionsunterrichts ersetzt werden kann. Etwas mehr als die Hälfte der Eltern wählt die katholische Religion. Wir sind also aufgerufen, gute Religionslehrer auszubilden. Es gibt schon viele davon. Aber es ist auch eine große Herausforderung, denn die meisten dieser Kinder kommen aus nicht-praktizierenden Familien, daher müssen wir erst einmal ein bisschen die Atmosphäre des religiösen Lebens vermitteln.
Ungarn ist eines der aktivsten Länder im Kampf gegen die Christenverfolgung. Was tut die Kirche?
Was die Christenverfolgung betrifft: Es gibt bereits ein Staatssekretariat in der ungarischen Regierung, das sich für dieses Thema einsetzt. Es nimmt Kontakt mit den verfolgten Gruppen auf, es schickt finanzielle Hilfe, kümmert sich aber auch um Stipendien. Wir, als Kirche, beteiligen uns auf vielfältige Weise an diesem Einsatz. Wir haben zwei Spendensammlungen durchgeführt, zugunsten der verfolgten Menschen in Syrien und im Irak, und mit dem Erlös haben wir eine Schule im Norden des Irak gebaut. Ebenso arbeiten wir - aber da sind wir noch ganz am Anfang - am Wiederaufbau in Syrien. Unser Handeln reicht über den rein nationalen Bereich hinaus. Zusammen mit den Bischöfen aus Polen, Tschechien, der Slowakei und Kroatien unterstützen wir die Caritas im Libanon, um jenen zu helfen, die in den libanesisches Flüchtlingslagern leben und die aus Syrien, aber auch aus anderen Ländern kommen, und wirklich mit schweren Problemen zu kämpfen haben und große Not leiden. Darunter sind Christen und auch Nicht-Christen.
Sie sprachen vorher von einer säkularisierten Gesellschaft. Wie sehen Sie diese säkularisierte Gesellschaft?
Nach der sowjetischen Herrschaft leben wir nun seit mehr als zwei Jahrzehnten in einer Phase der schrittweisen Wiedergeburt. Es gibt eine, gleichsam verzweifelte, Suche nach menschlichen und gemeinschaftlichen Werten, da sich sonst die Gesellschaft in einer allgemeinen Kriminalität verliert, wie wir es in den vergangenen Jahrzehnten in der ehemaligen Sowjetunion gesehen haben. Auch in Ungarn spürt man natürlich die westliche Säkularisierung. Aber man lebt sie auch mit einer gewissen Überraschung und Traurigkeit - wie wenn, zum Beispiel, die Nachricht kommt, dass man in Frankreich fordert, das Kreuz von einem öffentlichen Standbild zu nehmen, das dem heiligen Johannes Paul II. gewidmet ist. Johannes Paul II. ohne Kreuz - das ist nicht vorstellbar, denn das Kreuz war für ihn das Zentrum des Lebens. Er war nicht nur ein Philanthrop, sondern ein Mann des Glaubens. Ohne die zentralen Überzeugungen des Glaubens gibt es auch keine christlichen Werke der Nächstenliebe.
Das ist das Risiko einer hedonistischen Gesellschaft...
Wenn der momentane Wohlstand der vorrangige Wert ist, dann gibt es keinen Grund, sich hinzugeben, schwierige Aufgaben für die Zukunft zu übernehmen. Und dieser Kult des augenblicklichen Wohlstandes und Wohlbefindens trägt auch zur Isolation der Menschen bei. Aber der Mensch ist für ein Leben in Gemeinschaft geboren, nicht dazu, allein und isoliert zu leben. Deshalb müssen wir, als Kirche, die Möglichkeit zu persönlichen Begegnungen pflegen und stärken. Auch, indem wir Internet und moderne Mittel nutzen, aber ohne uns auf sie zu beschränken.
Welche Hoffnung gibt es im Hinblick auf diesen Internationalen Eucharistischen Kongress?
Wir hoffen, dass das religiöse Leben intensiver wird. Bereits jetzt breitet sich die Bewegung der Eucharistischen Anbetung aus. Und das geschieht interessanterweise unter den Jugendlichen. Wir versuchen auch, auf die jungen Menschen zuzugehen und den täglichen Gepflogenheiten unserer Kirche ein anderes Gesicht zu geben, indem wir die Kirchenmusik, die liturgischen Gewänder und Geräte moderner gestalten. Wir versuchen, eine Kirche zu sein, die sich der Welt öffnet und einlädt, in die Kirche einzutreten und Jesus zu begegnen. Das ist eine konkrete Hoffnung: Wir möchten, dass alle, die an der Vorbereitung dieses Ereignisses teilnehmen, nicht nur die Erinnerung daran mitnehmen, sondern auch die Überzeugung, dass es notwendig ist, Christus zu begegnen.
Die Kirchen im Osten Europas, mit ihrem so stark gelebten Glauben, sind wirklich eine Hoffnung für Europa?
Ich hoffe ja.
Übersetzt aus dem Italienischen von Susanne Finner.
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