Vatikanstadt - Montag, 9. April 2018, 11:35 Uhr.
"Katholische Kirche, wohin gehst Du?" Mit dieser Frage haben sich an diesem Wochenende Kardinäle und weitere Würdenträger, besorgte Katholiken und Intellektuelle auf einer Tagung in Rom beschäftigt. Zum Abschluss veröffentlichten die Teilnehmer eine gemeinsame Erklärung mit sechs Punkten.
Brennpunkt der Konferenz sei das Papstschreiben Amoris Laetitia (AL), sowie dessen sich widersprechenden Interpretationen und weiteren Konsequenzen, wie die Veranstalter mitteilten. Der weitere Kontext war die Sorge über die Klarheit der Glaubenslehre sowie die Lehrautorität und Rolle des Papstes, hieß es.
Die Tagung war ein Wunsch des am 6. September 2017 verstorbenen Kardinals Carlo Caffara gewesen. Der Untertitel der Konferenz – "Nur eine Blinder würde leugnen, dass in der Kirche Verwirrung herrscht" – war ein Zitat aus einem seiner letzten Interviews.
Schlüsselredner der Konferenz waren neben zweier Kardinäle der deutschstämmige Bischof Athanasius Schneider, Weihbischof in Kasachstan, der Philosoph Marcello Pera, die Professoren Renzo Puccetti and Valerio Gigliotti sowie die Journalistin Francesca Romana Poleggi. Auch Kardinal Joseph Zen schaltete sich mit einer Videobotschaft an die Kongressteilnehmer.
"Authentischer Glaubenssinn"
In seinem Vortrag thematisierte Kardinal Walter Brandmüller den Glaubenssinn, sensus fidei. Aus der Geschichte der Kirche heraus und anhand der Arbeit "On Consulting" von John Henry Newman erarbeite der den Begriff und seine Rolle, der nicht als demokratische Größe zu verstehen sei, so der emeritierte Kurienkardinal. Dabei äußerte Brandmüller auch Kritik an der Vorgehensweise, vor Synoden mit Fragebögen zu arbeiten. Auch über die Auswahl der Fragen und deren Bearbeitung äußerte er Zweifel.
Authentischer drücke sich seines Erachtens der Glaubenssinn etwa in einer spontanen Kundgebung aus, so Kardinal Brandmüller.
"Schließlich haben nahezu eine Million Katholiken eine Petition an den Heiligen Vater bezüglich der durch Amoris Laetitia entstandenen Fragen gerichtet – gefolgt von mehr als 200 angesehenen Gelehrten aus aller Welt. Dies sind die Formen, in denen sich heute der sensus fidei, der Glaubensinstinkt des gläubigen Volkes manifestiert."
Es wäre an der Zeit, "dass diesem Glaubenszeugnis seitens des Lehramtes die ihm gebührende Aufmerksamkeit geschenkt" würde, sagte Kardinal Brandmüller.
Autorität des Papstes, Gehorsam zu Christus
Über das Lehramt sprach Kardinal Raymond Burke. Der amerikanische Würdenträger erinnerte in seinem Vortrag daran, was die Lehrautorität eines Papstes ausmacht - und wie diese begrenzt ist.
Burke, der ein selbst von Kritikern anerkannter Kirchenrechtler ist, legte dar, wie das Amt des Papstes als höchste Autorität in der Kirche begründet ist: seine Macht sei vom göttlichen Gesetz her abgeleitet. Weshalb die Gläubigen verpflichtet seien, seine Lehre abzulehnen, wenn sie außerhalb dieses göttlichen Gesetzes falle.
"Jede Äußerung einer Lehre oder Praxis, die nicht der göttlichen Offenbarung entspricht, wie sie in der Heiligen Schrift und in der Überlieferung der Kirche enthalten ist, kann deshalb keine authentische Ausübung des apostolischen oder petrinischen Amtes darstellen und muss von den Gläubigen abgelehnt werden".
Vor diesem Hintergrund sprach Kardinal Burke dann auch über die Frage einer Korrektur: Ein mutmaßlicher Fehler eines Papstes, oder eine mögliche Pflichtverletzung, sollte diesem direkt mitgeteilt werden. "Wenn er jedoch weiter irren sollte, oder nicht antworten, sollte eine öffentliche Erklärung abgegeben werden", so der Kardinal.
Erklärung über sechs Punkte
Die Kardinäle Walter Brandmüller und Raymond Leo Burke, waren wie Kardinal Caffara Autoren des Bittschreibens an Papst Franziskus, offene Fragen - Dubia - zu dem Schreiben klären.
Der vierte Unterzeichner des Schreibens, Kardinal Joachim Meisner, ist am 5. Juli 2017 verstorben.
Wie sie in der abschliessenden Erklärung betonen, habe der Papst die Klärungsbitte bis heute nicht beantwortet. Auch eine Bitte um eine Audienz zum Thema blieb ohne Antwort.
Angesicht der einander widersprechenden Auslegungen des Apostolischen Schreibens breite sich unter den Gläubigen jedoch "weltweit wachsende Ratlosigkeit und Verwirrung aus", stellen abschliessend die Teilnehmer der Tagung fest und veröffentlichen dazu, mit Verweis auf das Zweite Vatikanische Konzil (Lumen Gentium 33) und den seligen John Henry Newman eine Erklärung.
CNA dokumentiert die sechs Punkte der Erklärung, wie sie veröffentlicht wurden:
1) Die zwischen zwei getauften Partnern gültig geschlossene und vollzogene Ehe kann nur durch den Tod gelöst werden.
2) Aus diesem Grund begehen Christen, die ungeachtet ihrer bestehenden gültigen Ehe eine weitere Verbindung eingehen, die schwere Sünde des Ehebruchs.
3) Wir sind davon überzeugt, dass es absolute sittliche Gebote gibt, die immer und ohne Ausnahme verpflichten.
4) Wir sind auch davon überzeugt, dass kein subjektives Gewissensurteil eine in sich schlechte Handlung zu einer guten und erlaubten machen kann.
5) Wir halten fest, dass – unabhängig von der subjektiven Schuldhaftigkeit der begangenen Sünde – Lossprechung und Eucharistie nur empfangen kann, wer bereit ist, künftig dem Gebot Gottes entsprechend zu lebe
6) Wir sind darum auch überzeugt, dass zivil wiederverheiratete Geschiedene, die nicht bereit sind, enthaltsam zu leben, im Widerspruch zum Gesetz Gottes verharren und darum nicht zur eucharistischen Kommunion zugelassen werden können
Unser Herr Jesus Christus sagt: "Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaft meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch befreien" (Joh 8, 31-32).
In dieser Zuversicht bekennen wir unseren Glauben vor dem Obersten Hirten und Lehrer der Kirche samt den Bischöfen und bitten sie, uns im Glauben zu stärken.
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