Fulda - Dienstag, 25. September 2018, 9:03 Uhr.
Angesichts der Kirchenkrise über die Vertuschung sexuellen Missbrauchs hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, über sexuellen Missbrauch bei der heiligen Messe zur Eröffnung der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz gepredigt.
"Wir schauen in jeder Eucharistiefeier auf die Sünden der Kirche, nicht nur auf die Heiligen. Wir schauen auf unsere eigene Schwäche, auf die dunklen Seiten unseres Lebens und des Lebens der ganzen Kirche", so Kardinal Marx.
"Gerade heute tun wir das, wenn wir unsere Beratungen aufnehmen – Beratungen über Missbrauch, sexuelle Gewalt, Erniedrigung inmitten der Kirche, auch durch Amtsträger. Wir sind erschrocken und tief erschüttert über das, was möglich war im Volk Gottes, durch Priester, die den Auftrag des Evangeliums hatten, Menschen aufzurichten."
Kardinal Marx weiter: "Wir müssen das anschauen, auch wenn wir schon viel getan haben. Aber wir müssen noch mehr tun. Die Opfer, die Betroffenen haben ein Anrecht auf Recht und Gerechtigkeit. Wir müssen das Gespräch mit den Betroffenen suchen. Bei all dem Dunklen ist es unsere Verpflichtung hinzuschauen, zu verstehen und Konsequenzen zu ziehen."
Dazu brauche es auch das Gebet des ganzen Volkes Gottes. "Wir brauchen den Mut und die Kraft, einen neuen Anfang zu machen, neue Zeichen zu setzen, damit die Menschen uns wieder glauben! Denn viele glauben uns nicht mehr", so Kardinal Marx. "Ich bitte Sie alle, dass wir uns im Gebet gegenseitig stärken. Wir treten vor ihn, unsere Hoffnung und unser Leben und bekennen unsere Schuld."
In seiner Predigt fragte der westfälische Würdenträger, der als Erzbischof von München und Freising wirkt, wie ein gelingendes Leben aussehen könne. Für die Christen komme es darauf an, zu verstehen, was die Gemeinschaft des Gottesvolkes ausmache: "Was ist das Projekt der Kirche? Was ist das gute Leben der Kirche? Gerade in herausfordernden Zeiten wie jetzt, wo wir in der Diskussion um sexuellen Missbrauch die dunklen Realitäten des kirchlichen Lebens sehen, ist die Frage nach dem Kern dessen, was wir als Kirche tun wollen, umso wichtiger."
Kardinal Marx erinnerte an den Weg Jesu: Er habe zuerst zugehört, dann eine neue Lebenspraxis gezeigt und das Gebet gelehrt. "Diese drei Elemente machen die wesentliche Ausrichtung der Kirche aus, wenn sie gut werden will, wenn sie das Ziel Jesu verwirklicht. Nur wenn diese drei Elemente miteinander gelebt werden, kann die Kirche neue Glaubwürdigkeit gewinnen. Nicht die reine Lehre macht uns glaubwürdig, nicht der Katechismus allein, sondern das, was Jesus uns als Lebenspraxis und Gebet mitgibt." Die Verschränkung von Lehre, Praxis und Gebet zu erkennen, zeichne eine neue Epoche der Kirche aus.
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"Das Gebet verändert den Glauben, es bringt ihm neue Perspektiven hinzu. Wir sollen nicht nur hören und alles besser wissen, sondern wir haben den Auftrag zu bezeugen was es heißt, Christ zu sein. Dann werden wir das Evangelium wieder sichtbar machen können in unserer Gesellschaft", so Kardinal Marx.
"Bitten wir den Herrn in dieser herausfordernden Stunde der Kirche, dass wir neu mutig werden, den Weg der Kirche einzuschlagen, den Jesus von uns will. Er verlässt die Kirche nicht."
Während des Gottesdienstes wurde in den Fürbitten der Betroffenen sexuellen Missbrauchs gedacht. Der Wortlaut der Fürbitten:
- Für alle, die sexuell oder auf andere Weise missbraucht wurden, innerhalb und außerhalb der Kirche: Um deine besondere Nähe und um Heilung ihrer Wunden an Leib und Seele.
- Für alle, die anderen mit Rat und Tat helfend zur Seite stehen: Um ein hörendes Herz und die nötige Geduld im Umgang miteinander.
- Für unseren Papst Franziskus und das ganze Volk Gottes: Um Glaubensfreude, Mut und Zuversicht bei der Verkündigung deines Wortes.
- Für die hier versammelten Bischöfe: Um Frucht bringende Beratungen in den drängenden Fragen und Problemen unserer Tage.
- Für die Regierenden in unserem Land und für alle Machthaber dieser Erde: Um weise Entscheidungen und den Einsatz für Frieden in Gerechtigkeit.
- Für unsere verstorbenen Seelsorger, Angehörigen und Freunde – und für alle Toten: Um das ewige Leben in deiner Herrlichkeit.
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