Bischof Michael Gerber ruft zu Wertschätzung und Freundlichkeit mit "Fratelli Tutti" auf

Die Aggressivität habe in Deutschland spürbar zugenommen, so der Fuldaer Hirte.

Bischof Michael Gerber
Bistum Fulda

Zu mehr Freundlichkeit und Wertschätzung ruft der Bischof Michael Gerber von Fulda auf. Die Aggressivität habe in Deutschland spürbar zugenommen – "nicht nur durch die Coronakrise", so der Geistliche heute in einem Beitrag für die "Südthüringer Zeitung". 

Papst Franziskus empfehle in der neuen Enzyklika "Fratelli Tutti", sich gerade in schwierigen Momenten für Freundlichkeit zu entscheiden: "Es gibt Menschen, die dies tun und wie Sterne in der Dunkelheit leuchten." Es lohne sich, dieses Schreiben zu lesen – nicht nur für Katholiken. Papst Franziskus werbe bei "allen Menschen guten Willens" für die Fähigkeit, "dem Nächsten das Recht zuzugestehen, er selbst zu  sein und anders zu sein." Es gehe dabei "nicht um falsche Toleranz, sondern um echten Dialog!" Dieses Papst-Schreiben könne deshalb auch in Deutschland "wertvolle Impulse geben  und helfen, Freundlichkeit und Wertschätzung zurückzugewinnen." 

"Wir können täglich dazu beitragen: Machen Sie mit!"

Ziel sollte nach den Worten des Bischofs von Fulda sein, mehr Worte  der Ermutigung zu sagen, Kraft zu geben, zu trösten, anzuspornen und so "täglich einen Beitrag zu einem gesunden Zusammenleben zu leisten, das Missverständnisse überwindet und Konflikte verhindert." Freundlichkeit zu üben sei kein kleines Detail oder eine  oberflächliche spießige Haltung: "Da sie Wertschätzung und Respekt voraussetzt, verändert sie – wenn sie zur Kultur wird – in einer Gesellschaft tiefgreifend den Lebensstil." Im Zeitungsbeitrag heißt es wörtlich: "Wir können täglich dazu beitragen: Machen  Sie mit!"

Fratelli Tutti – die zweite, allein von Franziskus autorisierte Enzyklika – ist einerseits bei seiner Erscheinung stellenweise gelobt und begrüßt worden. Sein Traum einer sich liebevoll behandelnden Menschheit, in Friede und stetem Dialog, wurde von manchen Lesern enthusiastisch begrüßt.

Gleichzeitig stößt das Schreiben andererseits auf deutliche, vielfältige Kritik – unter anderem von Theologen, Wissenschaftlern, Wirtschaftsexperten und Frauenverbänden.

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Manche Leser haben kritisiert, dass der Papst ein Rundschreiben voller Längen und Wiederholungen produziert habe, in dem er zudem vor allem sich selber zitiere, um eine sehr populistische wie persönliche Vision von politischer Liebe zu postulieren, die nicht vor "religiösem Kitsch" (Ulrich Körtner) gefeit ist, und vor allem theologisch wie politisch viel zu kurz – oder gleich daneben – greift.

In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" wurde die Enzyklika sogar als intellektueller wie theologischer "Offenbarungseid" verurteilt.

Wirtschafts-Experten, darunter der "ifo"-Präsident Clemens Fuest, haben vor allem das darin gezeichnete Wirtschaftsbild kritisiert und Aussagen über die Marktwirtschaft in der Enzyklika schärfstens verurteilt. 

Mehrere katholische Frauenverbände warfen Franziskus zudem vor, keine Frau zitiert und überhaupt ein falsches Frauenbild zu haben. Nach früher Kritik am Titel Fratelli – Brüder – war die Enzyklika bereits bei ihrer Erscheinung als Schreiben über "Geschwisterlichkeit" vorgestellt worden, obwohl das Dokument den Begriff "Brüderlichkeit" verwendet und thematisiert – der Frauen und Männer gleichermaßen meint.

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