Washington, D.C. - Montag, 16. November 2020, 8:15 Uhr.
Wer meint, Religionsfreiheit sei auf dem Vormarsch, der irrt – so zumindest die neue Bilanz einer Studie des renommierten "Pew Resarch" Institutes, die seit dem Jahr 2007 die Entwicklung weltweit verfolgt und kontrolliert.
Betroffen sind Christen, Muslime und Juden, aber auch andere Religionsgemeinschaften.
Staatliche Restriktionen sind demnach seit 2007 auf einen neuen Höchststand gekletter, so das "Pew Research Center" in seinem neuen Bericht, der feststellt, dass 56 Länder im Jahr 2018 ein "hohes" oder "sehr hohes" Niveau an Religionsbeschränkungen erreicht haben.
"Im Jahr 2018 stieg der globale Medianwert der staatlichen Religionsbeschränkungen - d.h. Gesetze, Richtlinien und Handlungen von Beamten, die sich auf religiöse Überzeugungen und Praktiken auswirken - weiter an und erreichte ein Allzeithoch, seit das Pew Research Center 2007 begann, diese Trends zu verfolgen", stellte Pew in einer Mitteilung am 10. November fest. Während der Anstieg ab 2017 "relativ bescheiden" sei, setze sich der "erhebliche Anstieg" der Beschränkungen insgesamt fort.
Das Pew-Forschungszentrum hat zur Prüfung dieser Restriktionen einen Index erstellt: Dabei handelt es sich um eine 10-Punkte-Skala mit 20 Indikatoren. Pew hat auch einen Index zur Messung "sozialer Feindseligkeiten" gegen Religionen erstellt. Am schärfsten beschränkt sind Religionen laut Pew weiterhin im Nahen Osten und Nordafrika. Dort stieg der Restriktions-Faktor auf 6,2 gegenüber 6,0 im Jahr 2017. Achtzehn Länder, die 90 Prozent dieser Region ausmachen, haben hohe oder sehr hohe Restriktionen.
In Asien und im Pazifikraum war der größte Anstieg staatlicher Restriktionen zu verzeichnen. In 31 Ländern im asiatisch-pazifischen Raum beispielsweise kam es zu einem Anstieg staatlicher Gewaltanwendung im Zusammenhang mit Religion. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 waren es noch 26 Länder.
Beispiele dafür sind etwa die Inhaftierung eines Mitglieds der Baha'i-Glaubensgemeinschaft aufgrund seiner Religion in Armenien. Auf den Philippinen wurden drei Missionare der "United Methodists" gezwungen, das Land zu verlassen, nachdem sie versucht hatten, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. In Burma, das heute auch als Myanmar bekannt ist, flohen über 14.500 Rohingya-Muslime nach Pakistan, um Übergriffen zu entgehen, und weitere 4.500 wurden in einer Grenzregion festgesetzt und von Beamten schikaniert, bis sie nach Bangladesch ausreisen mussten. In Usbekistan werden weiterhin mindestens 1.500 Muslime unter dem Vorwurf des Extremismus oder der Mitgliedschaft in verbotenen Gruppen inhaftiert.
Auf dem Pew-Index der staatlichen Religionsbeschränkungen rangiert China mit 9,3 von 10 am schlechtesten. Zu den Beschränkungen der kommunistisch regierten Nation gehören das Verbot religiöser Gruppen wie Falun Gong und mehrerer christlicher Gruppen.
Katholiken werden – unter Berufung auf das Abkommen mit dem Vatikan – massiv schikaniert und unter Druck gesetzt, der von der Kommunistischen Partei kontrollieren "Patriotischen Staatskirche" beizutreten. Christliche Inhalte werden zensiert und unterdrückt, Geistliche inhaftiert.
(Der Vatikan bestreitet diese Verfolgung, während Papst Franziskus dazu ebenso schweigt wie zur Situation in Hong Kong, wo Katholiken maßgeblich in der Demokratie-Bewegung engagiert sind.)
China verbietet jedoch auch laut "Pew" zahlreiche religiöse Traditionen und Praktiken, zerstört Gotteshäuser, verhaftet und foltert Menschen. Die Behandlung von muslimischen Uiguren – einschließlich der Masseninhaftierung in Konzentrationslagern – wird von Wissenschaftlern als "schleichender Genozid" bezeichnet, wie CNA Deutsch berichtete.
Tadschikistan rangiert laut "Pew" mittlerweile auf dem Index der Regierungsbeschränkungen auf Platz 7,9, wobei neue gesetzliche Änderungen die Überwachung von Religionen verstärken werden. Für den Religionsunterricht gelten strengere Regeln, und religiöse Gruppen müssen ihre Aktivitäten den Behörden melden. Die Ernennung von Imamen bedarf der staatlichen Genehmigung. Den Zeugen Jehovas wird die offizielle Anerkennung verweigert, und mehr als ein Dutzend Mitglieder wurden verhört und unter Druck gesetzt, ihrer Religion abzuschwören.
Die algerischen Behörden nahmen laut Pew mehrere Christen wegen Verstoßes gegen ein Gesetz zum Verbot der Bekehrung von Nicht-Muslimen fest. Unter den weiteren bevölkerungsreichsten Ländern finden sich die schärfsten Religionsbeschränkungen in Indien, Ägypten, Indonesien, Pakistan und Russland.
Das Pew-Forschungszentrum misst auch die sozialen Feindseligkeiten, die "alles von religionsbezogenen bewaffneten Konflikten bis hin zu Schikanen wegen Kleidung umfassen". Diese Zahl erreichte in seinem Bericht 2017 ihren Höhepunkt und ging 2018 leicht zurück.
Indien rangierte auf dem Index der "sozialen Feindseligkeiten" mit 9,6 von 10 am schlechtesten, was auf die signifikante religionsbedingte Mob-Gewalt und Feindseligkeiten über religiöse Bekehrungen im Jahr 2018 zurückzuführen ist. Indiens Bewertung der Regierungsbeschränkungen erreichte 2018 mit 5,9 ebenfalls einen Höchststand. Die Polizei im Bundesstaat Uttar Pradesh beschuldigte 271 Christen, "Lügen über den Hinduismus zu verbreiten" und warf ihnen vor, Personen zu Jesus Christus zu bekehren, indem sie Menschen unter Drogen setzten.
Christen und Muslime, die die bevölkerungsreichsten und geografisch am weitesten verbreiteten Religionen der Welt darstellen, wurden am meisten schikaniert: Christen in 145 Ländern, und Muslime in 139 Nationen.
Juden machen nur 0,2% der Weltbevölkerung aus, wurden aber in 88 Ländern unter Druck gesetzt – und waren nach Christen und Muslimen die am dritthäufigsten belästigte religiöse Gruppe.
Atheisten, Agnostiker und diejenigen, die sich mit keiner Religion identifizieren, erlebten dagegen einen Rückgang an Schikanen und Belästigungen. Die Angehörigen dieser Gruppe wurden in 18 Ländern schikaniert, ein Rückgang gegenüber 23 Ländern im Vorjahr.
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Insgesamt schneiden autoritäre Regierungen im Schnitt schlechter ab als Demokratien, so Pew: "Kein Land, das als volle Demokratie eingestuft wurde, hatte 'sehr hohe' Beschränkungen oder Fälle 'soziale Feindseligk'", so die Forscher.
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