Bonn - Mittwoch, 28. Juli 2021, 16:00 Uhr.
Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke hat den umstrittenen "Synodalen Weg" als "Täuschung" der Gläubigen bezeichnet. In einem Interview mit der KNA erklärte der Theologe am Mittwoch, dass die teilnehmenden Laien zwar bei Abstimmungen mitmachen, diese Abstimmungen allerdings "in Wahrheit eine unverbindliche Meinungsäußerung, ein Stimmrechts-Placebo" sind.
Lüdecke bezieht sich dabei auf die Satzung des als "Reformprozess" von seinen Unterstüzern bezeichneten Prozesses, in der ganz klar festgelegt ist, dass die "Beschlüsse" der Synodalversammlung keinerlei Rechtswirkung haben.
Das bedeutet, dass die einzelnen Diözesanbischöfe nicht verpflichtet werden, die Ergebnisse von Abstimmungen der Debattenveranstaltung im eigenen Bistum umzusetzen (lesen Sie hierzu die Analyse der Satzung des "Synodalen Weges").
Beschlüsse ohne Rechtswirkung
Bereits im Herbst 2019 hatte es über die entsprechende Passage Diskussionen gegeben. Ursprünglich hieß es in der Satzung der damals noch von Reinhard Marx und ZdK-Präsident Thomas Sternberg als "verbindlich" angekündigten Veranstaltung.
"Sie (die Beschlüsse) erlangen Rechtswirkung durch die Inkraftsetzung durch die einzelnen Diözesanbischöfe."
Im September 2019 veröffentlichte der Vatikan daraufhin ein Gutachten, welches festgestellt, dass diese erste Fassung zum "Synodalen Weg" "ekklesiologisch ungültig" sei (CNA Deutsch hatte berichtet). Der Anspruch, dass ein Prozess, der nicht eine Synode ist, wurde vom Vatikan damit kassiert, musste die Satzung erneut überarbeitet werden, sodass nun eindeutig daraus hervorgeht, dass der "Synodale Weg" keinerlei Rechtswirkung besitzt. Wörtlich heißt es:
"Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtswirkung. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt."
Lüdecke: Machtübernahme ausgeschlossen
Im Interview mit der KNA sprach Norbert Lüdecke, der als Professor für Kirchenrecht an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn arbeitet, über seine Interpretation dieser Rechtslage der umstrittenen Debattenveranstaltung.
Der Experte vertritt die Ansicht, dass der "Synodale Weg" letztlich nur ein Mittel der Bischöfe ist, den "Kritik-Hochdruck durch Gesprächsarrangements abzuleiten, indem sich Laien irgendwie beteiligt fühlen sollen, ohne entscheiden zu können". Diese Laien dürften zwar abstimmen, "aber was ihnen als Beschlussfassung suggeriert wird, ist in Wahrheit eine unverbindliche Meinungsäußerung, ein Stimmrechts-Placebo", so Lüdecke wörtlich.
Er sei "erstaunt", so der Professor weiter, dass ständig "neue Kohorten (...) auf grundlegende Reformen hoffen", sich aber nicht darüber im Klaren sind, dass "ihre Vorgänger damit regelmäßig gescheitert sind". Eine "Machtübernahme durch Laien" sei von vorneherein in der Katholischen Kirche nicht möglich. Lüdecke verwendet dafür den Begriff "systemisch ausgeschlossen".
Auch das Zweite Vatikanische Konzil habe hierarchische Strukturen eher bestärkt und biete nicht das, was selbsternannte "Refomer" diesem Konzil unterstellten, so der Kirchenrechtler. Auf die Frage, ob der "Synodale Weg" in Hinblick auf die Sexualmoral oder die Rolle der Frau an der Kirchenlehre "rütteln" könne, legt sich Lüdecke fest:
"Bei all diesen Themen liegt die Entscheidungskompetenz tatsächlich in Rom. Der Synodale Weg bringt hier auch inhaltlich nichts Neues in die Debatte ein. Alle Argumente liegen seit Jahrzehnten auf dem Tisch. Spätestens nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie 2018 hätte es eine intensive Befassung mit Risikofaktoren für Kindesmissbrauch gebraucht. Das ist nicht wirklich geschehen. Es geht vielmehr darum, wie die Kirche wieder mehr Renommee gewinnen kann."
Weiter frage er sich, so der Professor, warum Laien überhaupt "kostbare Lebenszeit" beim "Synodalen Weg" verbringen. "Rauskommen können ja nur Bitten an die Bischöfe oder Bitten der Bischöfe an den Papst", betont Lüdecke.
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