Vatikanstadt - Mittwoch, 22. September 2021, 16:13 Uhr.
Papst Franziskus hat gesagt, dass der christliche Glaube in Europa durch Konsum und Ideologien verwässert wird. Deshalb sei das Gebet und das Zeugnis der demütigen Liebe heute besonders notwendig.
"Beten, denn das ist es, wozu das Volk Gottes vor allem berufen ist: anzubeten, zu beten, zu reisen, zu wandern, Buße zu tun und dabei den Frieden und die Freude zu spüren, die der Herr uns schenkt", sagte der Papst am 22. September in der Paul-VI-Halle des Vatikans.
"Und das ist besonders wichtig auf dem europäischen Kontinent, wo die Gegenwart Gottes ... durch das Konsumverhalten und die 'Dämpfe' eines Einheitsdenkens verdünnt wird, das die Frucht der Vermischung alter und neuer Ideologien ist", sagte er.
Der Papst widmete die per Livestream übertragene Generalaudienz in dieser Woche einer Betrachtung seiner jüngsten Reise nach Ungarn und in die Slowakei, die er "eine Pilgerreise des Gebets im Herzen Europas" nannte.
Papst Franziskus sagte, dass seine Reise vom 12. bis 15. September in Budapest mit der Anbetung der Eucharistie begann und mit der "Volksfrömmigkeit" in der Slowakei endete, als er das Nationalfest der Schmerzensmutter im Heiligtum der Jungfrau der sieben Schmerzen in Šaštín feierte.
Die Antwort auf den verwässerten Glauben in Europa sei die "Heilung, die aus dem Gebet, dem Zeugnis und der demütigen Liebe kommt".
"Das ist es, was ich bei der Begegnung mit dem heiligen Volk Gottes gesehen habe. Was habe ich gesehen? Ein gläubiges Volk, das unter atheistischer Verfolgung gelitten hat. Ich sah es auch in den Gesichtern unserer jüdischen Brüder und Schwestern, mit denen wir des Holocausts gedachten. Denn es gibt kein Gebet ohne Gedenken", sagte er.
Der Papst traf sich mit jüdischen Gemeinden in Ungarn und der Slowakei. Er erinnerte an ihr Leid während des Zweiten Weltkriegs und beklagte den heutigen Antisemitismus.
"Es gibt kein Gebet ohne Erinnerung. Das Gebet, die Erinnerung an das eigene Leben, an das Leben des eigenen Volkes, an die eigene Geschichte: Erinnerungen schaffen und sich erinnern. Das ist gut und hilft, zu beten", sagte er bei der Generalaudienz.
Papst Franziskus sagte, dass er bei seinen Begegnungen mit katholischen Bischöfen in Budapest und Bratislava direkt auf die dankbare Erinnerung an die tiefen Wurzeln des christlichen Glaubens in Mitteleuropa gestoßen sei.
"Ich habe oft darauf bestanden, dass diese Wurzeln immer lebendig sind, voller Lebenskraft, die der Heilige Geist ist, und als solche bewahrt werden müssen: nicht wie Museumsstücke, nicht ideologisiert und ausgebeutet um des Prestiges und der Macht willen, um eine geschlossene Identität zu festigen", sagte Franziskus.
"Nein, das würde bedeuten, sie zu verraten und unfruchtbar zu machen", fügte er hinzu.
Die Slowakei-Reise von Papst Franziskus begann mit einem siebenstündigen Abstecher nach Budapest, wo er sich mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán traf.
Auf einer Pressekonferenz auf dem Rückflug sagte der Papst, er habe mit Orbán über Ökologie und seine Besorgnis über einen "demografischen Winter" – den Kindermangel – in Europa gesprochen, nicht aber über die Einwanderung, ein Thema, bei dem die Meinungen der beiden stark auseinandergehen.
Demographie ist ein Thema, zu dem sich Franziskus wiederholt geäußert und auch politisch eingebracht hat. Den deutschen Katholiken schrieb er in seinem Brief vor zwei Jahren: Natürlich müsse sich die Kirche in Deutschland den Fakten stellen, etwa dem Kindermangel sowie der "Überalterung der Gemeinden", so der Papst im Jahr 2019.
"Während dieser Reise ins Herz Europas habe ich oft an die Väter der Europäischen Union gedacht, wie sie sie sich vorgestellt haben, nicht als eine Agentur zur Verteilung modischer ideologischer Kolonisationen ... So verstanden und erlebt, sind die Wurzeln eine Garantie für die Zukunft: Aus ihnen können blühende Zweige der Hoffnung wachsen", sagte der Papst wörtlich bei seiner Generalaudienz.
"Man kann in dem Maße wachsen, in dem man mit den Wurzeln verbunden ist: Von dort kommt die Kraft zu uns. Wenn man die Wurzeln mit allem Neuen, mit neuen Ideologien, abschneidet, wird das nichts bringen. Das wird euch nicht wachsen lassen. Ihr werdet schlecht enden", so Franziskus weiter.
Eine Gruppe von Flüchtlingen, die vom Centro Mondo Migliore ("Zentrum für eine bessere Welt") betreut werden, war bei der wöchentlichen Audienz des Papstes eingeladen. Man konnte sie jubeln und ihre Hüte in die Luft werfen sehen, als der Papst sie besonders begrüßte und ihnen seine Gebete zusicherte. In seiner Ansprache sagte Papst Franziskus, dass die heiligen Kyrill und Method, die Mitpatrone Europas, "keine Figuren sind, an die man erinnert, sondern Modelle, die man nachahmen sollte".
Er beschrieb die Heiligen aus dem neunten Jahrhundert, die das Evangelium in Osteuropa verbreiteten, als "Meister, von denen wir immer den Geist und die Methode der Evangelisierung sowie das zivile Engagement lernen können."
In Budapest besuchte Papst Franziskus den Internationalen Eucharistischen Kongress. Er würdigte eine "große Beteiligung" an der Abschlussmesse des einwöchigen Kongresses, an der nach Angaben der örtlichen Behörden schätzungsweise 100.000 Menschen teilnahmen.
"Das heilige Volk Gottes hat sich am Tag des Herrn vor dem Geheimnis der Eucharistie versammelt, durch das es immer wieder neu geschaffen und erneuert wird", so der Papst.
"Sie waren umarmt vom Kreuz, das über dem Altar stand und denselben Weg zeigte, den die Eucharistie weist, nämlich den Weg der demütigen und selbstlosen Liebe, der großzügigen und respektvollen Liebe zu allen, des Glaubens, der von der Weltlichkeit reinigt und zur Einfachheit führt."
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Übersetzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Schwesteragentur.