Warum eine Papier-Bibel im Digitalen Zeitalter sinnvoll ist – und sogar Preise gewinnt

Ein Gespräch mit Alexander von Lengerke, Designer der nun mit dem renommierten "Red Dot Award" ausgezeichneten Youcat-Bibel

Der Kölner Kommunikationsdesigner Alexander von Lengerke
Der Kölner Kommunikationsdesigner Alexander von Lengerke
www.Alexanderlengerke.de
Der markante Umschlag, entworfen von Alexander von Lengerke.
Der markante Umschlag, entworfen von Alexander von Lengerke.
Youcat Foundation
Blick in die Y-Bibel: Heilige Schrift fürs Digitale Zeitalter.
Blick in die Y-Bibel: Heilige Schrift fürs Digitale Zeitalter.
Youcat Foundation
Auch Karten gehören zur Youcat-Bibel.
Auch Karten gehören zur Youcat-Bibel.
Alexander von Lengerke

Die "Y"-wie "Youth" und "Youcat"–Jugendbibel – ist eine besondere Erfolgsgeschichte. Sie ist bereits vergangenes Jahr gleichzeitig beim Katholischen Bibelwerk und der Youcat Foundation erschienen – und jetzt schon in mehrfach neu aufgelegt worden. Auch außerhalb Deutschlands ist die Resonanz groß - innerhalb eines Jahres wurde die Y-Jugendbibel in 39 Sprachen lizensiert.  Und nun hat das Buch auch noch den Red Dot Design Award gewonnen, eine der renommiertesten Auszeichnungen für innovatives Design. CNA sprach mit seinem Designer, Alexander von Lengerke.

CNA : Herr  Erst einmal Gratulation zur Auszeichnung! In einer Mitteilung sagten Sie, Sie wären beinahe aus dem Sessel gekippt, als die Nachricht von der Preisverleihung bei Ihnen eintraf. Hätten Sie nicht damit gerechnet, den "Red Dot“ zu erhalten?

Von Lengerke : Vielen Dank! Nein, ich hatte tatsächlich nicht damit gerechnet. Ich habe die Bibel ohne große Erwartungen in den Wettbewerb geschickt. Die Jury ist total vielschichtig. Sie setzt sich zusammen aus Experten aus Kunst, Wirtschaft, Design und Kultur, kommen aus allen Ländern der Welt mit allem möglichen kulturellen Background. Dass es daher eine Bibel schafft, ein solches Gremium zu überzeugen, hat mich schon sehr überrascht und macht mich auch stolz. Gerade auch, weil religiöse Inhalte ja nicht unbedingt bequem oder mehrheitskonform sind.

Sie leiten in Köln eine Grafik- und Mediendesign-Agentur. Wie kamen Sie zur Möglichkeit, eine Bibel künstlerisch zu gestalten?

Ich bin selbstständig und arbeite ohne Mitarbeiter. An das Youcat-Projekt bin ich mehr oder weniger durch Zufall und einem Kontakt gekommen. Dann hatte ich die Chance, den Youcat zu gestalten, der jetzt ja so erfolgreich ist. Aus dieser Zusammenarbeit entstanden dann eine ganze Reihe Bücher und darunter auch die Bibel.

Können Sie kurz beschreiben, wie Sie den Inhalt der Bibel in der Neuen Einheitsübersetzung und das Design miteinander verbunden haben?

Die Bibel ist derzeit noch in der alten Einheitsübersetzung zu haben. Die neue kommt im Februar. Die Umbau-Arbeiten dafür stehen noch aus. Aber die Zusammenarbeit mit der Redaktion war sehr intensiv, denn Inhalt und Gestaltung mussten eine enge Symbiose eingehen, wenn das Buch verständlich bleiben sollte. Als erstes musste der Bibeltext passen, dabei genug Platz lassen für den illustrierten Mittelteil. Dann ging es an die Kommentare, Zitate und Impulse, die sehr genau ausgesucht, angepasst und ausgetauscht wurden, bis es auf jeder  einzelnen der 432 Seiten stimmte. Ich habe viel über die biblischen Texte gelernt im Zusammenhang mit dieser Arbeit.

Was hat der Jury bei der Preisverleihung besonders an der Bibel gefallen?

Mehr in Deutschland - Österreich - Schweiz

Das war dem Mitteilungs-Schreiben für die Sieger leider nicht zu entnehmen, aber ich glaube, ihnen gefiel die lockere Art, die Inhalte und Geschichten zu verdeutlichen ohne sie zu karikieren oder zu entfremden. Das Konzept gäbe einer solchen Beurteilung Recht. Wir wollten ja keinesfalls eine ausschließlich belehrende Bibel machen, sondern auch eine verkündigende, also inspirierende und zum Nachdenken, Sinnen und Beten anregende. Was ja der eigentliche Umgang mit der Bibel auch sein sollte. Mit den jungen Leuten wurden die Stellen meditiert, die ihnen besonders am Herzen lagen. Mit den Exegeten wurden knifflige Passagen aufgeklärt und mit den vielen Zitaten und Impulsen zum Weiterdenken eingeladen.

Sprachen Sie sich bei der Auswahl der Bilder und grafischen Darstellungen in der Bibel mit Vertretern der österreichischen Bischofskonferenz ab?

Ja, die Österreichische Bischofskonferenz ist die kirchliche Autorität, die unsere für die kirchliche Lehre relevanten Arbeiten approbiert. Sie bekommt alle gestalteten Seiten zu sehen, um sie einer letzten Prüfung zu unterziehen. Das geschieht dann ganz zum Schluss, wenn die inhaltlichen Absprachen zu großen Teilen abgeschlossen sind. Bislang gab es von dort jedoch keinerlei Einschränkungen oder Beschneidungen in Gestaltung oder Illustrationen.

Als Kommunikationsdesigner müssen Sie ja auch immer eine bestimmte Zielgruppe im Auge haben, welches Sie besonders ansprechen möchten. Gilt dies auch für die Jugendbibel?

Natürlich. Wir müssen uns eine große Gruppe glaubensferner junger Menschen vorstellen, die die Bibel nicht kennen. Eine Vollbibel überfordert viele, weil sie ist zu dick ist und aus kleinem, unübersichtlichen Text besteht. Mit der Y-Bibel begegnen wir unserer Zielgruppe auf verschiedenen Ebenen: Eine wesentliche Ebene in den Youcat-Medien ist die Haltung der Partizipation. Junge Menschen werden gezielt eingeladen, am Buch mitzuwirken, Fotos beizusteuern, bei der Erstellung der Texte mitzuwirken oder – wie jetzt in der Bibel – Zeugnisse über einige Bibelstellen abzulegen. Damit begegnen wir den jungen Leuten auf Augenhöhe. Wir treffen sie auch auf ihrem Level der Lesegewohnheiten, die übersichtlich und unterhaltsam sein sollen durch Design und Illustration. Auf diese Weise öffnen wir die Inhalte für den Betrachter und machen sie so transparent.

Warum sollen heranwachsende Menschen – insbesondere im digitalen Zeitalter – ausgerechnet die Y-Jugendbibel in die Hand nehmen?

Das Konzept dieser Bibel ist im Medium Buch noch am besten aufgehoben, weil eine digitalisierte Umsetzung dieser Gestaltung bedeuten müsste, dass unsere Bibel nur auf Geräten lesbar wären, die sich unsere Zielgruppe kaum leisten kann. Auf dem Handy könnte man die Bibel in dieser Form nicht darstellen und als E-Book lässt sie sich auch nicht umsetzen, dafür fehlen die gestalterischen technischen Möglichkeiten. Und diese Bibel lebt von ihrer Gestaltung. Aber wir arbeiten dran.

Frühgeschichtliche Funde belegen, dass der Mensch schon seit Jahrtausenden versucht, religiöse Erfahrungen und Überzeugungen irgendwie zu veranschaulichen. Warum ist es Ihrer Ansicht nach wichtig, auch das Wort der heiligen Schrift für Menschen von heute attraktiv zu präsentieren?

Die Vermittlung der Geschichten der Bibel durch Bilder ist beinahe so alt wie die Bibel selbst. Früher konnten ja nur die allerwenigsten Menschen lesen und schreiben und die Vermittlung fand daher nur über Bilder statt. In einer ähnlichen Situation sind wir heute auch. Es können zwar deutlich mehr Menschen lesen und schreiben, aber Bilder spielen durch die Möglichkeiten der neuen Medien eine viel größere Rolle als noch vor 20 Jahren. Das bietet natürlich auch Möglichkeiten, mithilfe von Bildern die Texte zu ergänzen, zu erweitern und zu vertiefen.

"Alles zur größeren Ehre Gottes“, lautet einer der Leitgedanken des katholischen Glaubens. Was können Form und Gestaltung einer Bibel dazu beitragen?

Zum Einen: Das ist tatsächlich so eine Sache. Die Herausforderung besteht jadarin, den Spirit, die persönliche Ansprache Gottes in Seinem Wort an den Leser zu transportieren. Und ich behaupte, dass das nicht so gut gelingt, wenn man selber dafür nicht empfänglich ist. Zum Anderen: Mein Credo ist: Wir haben eine höchst relevante und gehaltvolle Botschaft. Entsprechend müssen wir alles dransetzen, dass man ihr die Relevanz und Wichtigkeit auch in der äußeren Qualität ansieht. Das gilt für alle kirchlichen Medien und zuallererst für die Bibel.

Zur Zeit gibt es einen neuen Trend in der Welt der Grafik: Strichmännchen. Jeder kennt sie aus seiner eigenen Kindheit. Auch in ihrer Agentur spielen sie eine große Rolle. Welchen Grund hatte es, biblische Szenen – etwa die Bergpredigt, Missionsreisen des Paulus –durch Strichmännchen darzustellen?

Zum Einen folgen wir der bewährten Bildsprache des Youcat, in der die Strichmännchen ja auch schon vorkommen und ungemein beliebt sind, weil sie es schaffen, die bisweilen schwierigen Inhalte aufzulockern und den Einstieg in sie zu ermöglichen. Dasselbe Prinzip verfolgen wir damit in der Bibel. Die Strichmännchen erzählen die Bibel bildlich nach, auf jeder Seite. Sie sind unterhaltsam, merkfähig und charakterstark. Sie helfen dem Leser, sich schnell Szenen zu merken und somit die Geschichte, um die es geht, zu vertiefen. Unsere bibelferne Zielgruppe, die noch nie was vom Exodus oder der Bergpredigt gehört hat, bekommt hier einen unmittelbaren und schnellen Zugang mit der Chance, dranzubleiben. Und wenn das gelingt, dann ist ein solches Projekt ein Erfolg.

Die Strichmännchen stellen einen Tagestreff der Malteser vor: 

Die Y-Bibel ist erhältlich unter www.Youcat.org und im Buchhandel. Näheres zur ausgezeichneten Bibel bei Red Dot. Mehr zum Preisträger: www.alexanderlengerke.de

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