Kardinal Brandmüller fordert sachliche Auseinandersetzung zum Thema Liturgie

Kardinal Walter Brandmüller
CNA/Paul Badde

Der 94-jährige deutsche Kardinal Walter Brandmüller hat die „Tonart“ beklagt, mit der „die Auseinandersetzung über die jüngste – die Liturgie der heiligen Messe betreffende – Gesetzgebung da und dort geführt wird“.

In einem Beitrag für die katholische Wochenzeitung „Die Tagespost“ erklärte der einstige Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft: „Natürlich geht es dabei um ‚chirurgische Eingriffe am Herzen‘ der Kirche. Gerade deswegen aber sollte darüber nicht nur mit der notwendigen Sachkenntnis, sondern auch ruhig und unaufgeregt gesprochen und geschrieben werden.“

„Was nun wesentliche Gestalt und Form ihrer Feier betrifft, ist festzuhalten, dass Jesus selbst sie am Abend vor seinem Leiden vorgegeben hat“, betonte Brandmüller. „Was sich im Laufe der Jahrhunderte um dieses ‚Kerngeschehen‘ an Gebeten und kultischem Handeln gerankt hat, um der gläubigen Ehrfurcht vor dem „Geheimnis des Glaubens“ Ausdruck zu verleihen, hat sich in den verschiedenen Teilen der Christenheit in mannigfacher Weise entwickelt, wie die Liturgiegeschichte erweist.“

„In der Tat ist die Entwicklung der einzelnen ‚Liturgiefamilien‘ in Ost und West verschiedene Wege gegangen – immer in dem Bestreben, den Auftrag ‚Tut dies zu meinem Gedächtnis‘ zu erfüllen“, so der Kardinal. „Und eben jenes ‚Dies‘, was da getan werden soll, ist sehr schlicht und in allen Formen der Feier durch die Jahrhunderte gleichgeblieben: ‚Am Abend vor seinem Leiden nahm er Brot …‘ Das ist die ‚Messe aller Zeiten‘: Die aber kann mit keinem bestimmten Ritus gleichgesetzt werden, sie findet in allen legitimen liturgischen Formen ihren Ausdruck.“

„In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, dass selbst der im Auftrag des Konzils von Trient ausgearbeitete Ritus keineswegs sogleich und überall eingeführt wurde“, erläuterte Brandmüller. „In Frankreich etwa hielten sich überlieferte Formen – namentlich der Ritus von Lyon – bis in das späte 19. Jahrhundert. Vergessen wir auch nicht die Sonderriten, die mit ausdrücklicher Würdigung durch das Zweite Vatikanische Konzil weiterhin im Gebrauch sind.“

Ausdrücklich wandte sich der Kardinal gegen Ungehorsam in Fragen der Liturgie: „Wie viele Katholiken sind es nicht müde, im Gottesdienst von den neuesten Einfällen ‚kreativer‘ Priester oder Pastoralreferent:innen(!) überrascht zu werden!“

Derartiger Ungehorsam sei „einer der Gründe dafür, dass sich die Kirchen in den letzten Jahrzehnten immer mehr geleert haben – und weiter leeren. Es ist kaum begreiflich, dass der ‚kirchliche Apparat‘ dies nicht zur Kenntnis nimmt oder gar verdrängt. Ebenso wie vor diesem Exodus verschließt man auch die Augen vor der dramatischen Leere der Priesterseminare – besonders im deutschen Norden. Man nimmt auch nicht zur Kenntnis, dass im Gegenteil gerade jüngere Gemeinschaften, die sich der gewissenhaften und würdigen Feier der Liturgie – im neuen wie im alten Ritus – verpflichtet haben, erstaunlichen Zuwachs an jungen Männern meist mit abgeschlossener akademischer Bildung verzeichnen.“

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