Vatikanstadt - Montag, 24. April 2023, 17:00 Uhr.
Die Päpstliche Akademie für das Leben hat am Montag erklärt, ihr Präsident sei gegen den ärztlich assistierten Suizid, halte aber eine "Gesetzesinitiative" für möglich, die ihn in Italien unter "spezifischen und besonderen Bedingungen" entkriminalisieren würde.
Die Erklärung vom 24. April wurde veröffentlicht, nachdem Erzbischof Vincenzo Paglia in einer Rede die Legalisierung des ärztlich assistierten Suizids in Italien verteidigt hatte. Der italienische Kleriker behauptete, dies sei ein "gangbarer" Weg für die italienische Gesellschaft, obwohl die katholische Kirche sich klar dagegen ausspricht.
„Persönlich würde ich keine Beihilfe zum Suizid leisten, aber ich verstehe, dass die gesetzliche Vermittlung unter den Bedingungen, in denen wir uns befinden, der größtmögliche Beitrag zum Gemeinwohl sein kann“, sagte Paglia in einer Rede am 19. April während des Internationalen Journalismusfestivals im italienischen Perugia. Die Äußerungen des italienischen Erzbischofs waren Teil einer Präsentation, die einen Dokumentarfilm über einen italienischen Mann beinhaltete, der in die Schweiz fuhr, um durch assistierten Suizid zu sterben.
Die italienische Zeitung Il Riformista veröffentlichte am Samstag eine Abschrift von Paglias Rede.
Der Katechismus der Katholischen Kirche erklärt (KKK 2324): „Willentliche Euthanasie, gleich in welcher Form und aus welchen Beweggründen, ist Mord Sie ist ein schwerer Verstoß gegen die Wurde des Menschen und gegen die Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott seinem Schöpfer.“
In der Erklärung der Vatikanischen Akademie vom Montag zu den Auslassungen ihres Direktors heißt es, Paglia habe "in voller Übereinstimmung mit dem Lehramt sein 'Nein' zur Euthanasie und zum assistierten Suizid bekräftigt".
Gleichzeitig fügt der Presse-Text der Akademie hinzu, dass die Kommentare des Erzbischofs sich auf ein Urteil des italienischen Verfassungsgerichts und "die spezifische italienische Situation" bezogen hätten.
Paglia, heißt es weiter, habe seine Meinung zum Ausdruck gebracht, dass eine "juristische Vermittlung" möglich sei, aber "sicher keine moralische", um den assistierten Suizid in einigen Fällen als Straftat beizubehalten, während er unter bestimmten Bedingungen entkriminalisiert werde.
Sowohl der assistierte Suizid als auch die Euthanasie sind derzeit in Italien illegal.
Das Strafgesetzbuch sieht vor, dass "jeder, der den Tod eines Menschen mit dessen Zustimmung herbeiführt, mit einer Freiheitsstrafe von sechs bis fünfzehn Jahren bestraft wird".
Ein Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung des assistierten Suizids, der in der italienischen Gesetzgebung als "Tötung auf Verlangen" bekannt ist, wurde im vergangenen Jahr von der Abgeordnetenkammer, dem Unterhaus des italienischen Parlaments, angenommen. Die Verabschiedung durch den italienischen Senat steht noch aus.
Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.
Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Das vorgeschlagene Gesetz, das auf ein Urteil des italienischen Verfassungsgerichts von 2019 zurückgeht, sieht vor, dass ärztlich assistierter Suizid nur dann straffrei ist, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind: "Die Person muss 'durch lebenserhaltende Maßnahmen am Leben erhalten werden und an einer irreversiblen Krankheit leiden, die ihr unerträgliches physisches oder psychisches Leiden verursacht, aber sie muss in der Lage sein, eine freie und bewusste Entscheidung zu treffen.'"
In der Erklärung der Päpstlichen Akademie für das Leben vom Montag heißt es: "Für Erzbischof Paglia ist es wichtig, dass das Urteil klarstellt, dass das Verbrechen [des assistierten Suizids] als solches bestehen bleibt und nicht abgeschafft wird. Alles andere ist irreführend".
"Auf wissenschaftlicher und kultureller Ebene hat sich Erzbischof Paglia immer für eine Begleitung der Kranken am Lebensende eingesetzt, die auf Palliativmedizin und Nähe beruht, damit niemand mit Krankheit und Leiden und den damit verbundenen schwierigen Entscheidungen allein gelassen wird", heißt es in der Erklärung.
Das italienische Verfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr ein Referendum zur Entkriminalisierung des ärztlich assistierten Suizids in Italien gestoppt. Es erklärte, dass eine Aufhebung des bestehenden Strafgesetzes das Land ohne den "verfassungsmäßig notwendigen Mindestschutz des menschlichen Lebens im Allgemeinen und mit besonderem Bezug auf schwache und verletzliche Personen" lassen würde.
Es ist nicht das erste Mal, dass Paglia mit Kontroversen zu Themen der biomedizinischen Ethik für Irritationen sorgt.
Im Jahr 2019 antwortete er auf eine Frage, ob ein Katholik oder ein katholischer Priester beim Tod eines Menschen durch Sterbehilfe anwesend sein könne, dass er dazu bereit wäre, weil der Herr „niemanden im Stich“ lasse.
„In diesem Sinne ist das Begleiten, das Halten der Hand eines Sterbenden, meiner Meinung nach eine große Pflicht, die jeder Gläubige fördern sollte“, sagte er damals und fügte hinzu, die Gläubigen sollten auch einen Kontrast zur Kultur der Sterbehilfe bilden.
Im August 2022 wurde Paglia von Ethikern und Lebensschützern scharf kritisiert, weil er in einem italienischen Fernsehinterview das Gesetz 194 – das Gesetz aus dem Jahr 1978, wodurch Abtreibung in Italien legalisiert wurde – als „Pfeiler der Gesellschaft“ bezeichnete.
In einer später veröffentlichten Erklärung ließ die Päpstliche Akademie für das Leben mitteilen, die Bemerkung ihres Direktors sei aus dem Zusammenhang gerissen worden.
Der 1945 in Italien geborene Paglia ist Mitbegründer der 1968 ins Leben gerufenen Gemeinschaft Sant'Egidio und wurde 1970 in Rom zum Priester, im Jahr 2000 zum Bischof geweiht. Seit 2016 ist er Direktor der Päpstlichen Akademie für das Leben.
Übersetzt, ergänzt und redigiert aus dem Original der CNA Deutsch-Schwesteragentur.