90 Jahre Reichskonkordat: Ein historischer Vertrag im modernen Kontext

Am 20. Juli 1933 wurde zwischen dem Deutschen Reich und dem Heiligen Stuhl in Rom das Reichskonkordat unterzeichnet, durch das zum erstenmal in der Geschichte für das ganze deutsche Reich die Beziehungen der katholischen Kirche zum Staat geregelt werden. Die Unterzeichnung vollzog für Deutschland der Vizekanzler Franz von Papen, für den Heiligen Stuhl der Kardinal Staatssekretär Eugenio Pacelli. Von links nach rechts: Vizekanzler Franz von Papen, (2.v.l.) Kardinal Staatssekretär Eugenio Pacelli und Ministerialdirektor Dr. Buttmann während des Unterzeichnungsaktes.
Bundesarchiv, Bild 183-R24391 (CC BY-SA 3.0)

Am heutigen Donnerstag, den 20. Juli, begeht die katholische Kirche den 90. Jahrestag eines Abkommens, das an einem heißen Sommertag des Jahres 1933 in Rom zwischen Hitlerdeutschland und dem Heiligen Stuhl geschlossen wurde: Das Reichskonkordat, ein Vertrag, der sowohl historisch bedeutsam als auch heute noch relevant ist, weil er nie aufgehoben wurde.

Erzbischof Nikola Eterovic, der Apostolische Nuntius in Deutschland, sprach den Jahrestag des Reichskonkordats in einem Grußwort im Juni deutlich an: Der päpstliche "Botschafter" verteidigte den Vertrag, räumte aber auch die komplexe Geschichte ein.

"Der Heilige Stuhl schaut heute auf das Bestehen dieses Konkordats mit Zufriedenheit zurück, obwohl seine Entstehung in die frühe Epoche der nationalsozialistischen Gleichschaltung des kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Lebens in Deutschland fiel", erklärte Eterovic.

Der Prälat warnte am 14. Juni davor, das Reichskonkordat durch die Brille der sowjetischen und nationalsozialistischen Propaganda falsch zu interpretieren. Der Vertrag sei nicht der erste außenpolitische Erfolg Adolf Hitlers oder gar eine Art Erfolg der Nazis gewesen — einer von Hitlers Versuchen, den Heiligen Stuhl zu diskreditieren. 

Vielmehr, so der Prälat, hatte Nazi-Deutschland bereits am 5. Mai 1933 die Verlängerung eines Freundschaftsvertrages mit der Sowjetunion aus dem Jahr 1926 ratifiziert. Somit war das am 20. Juli 1933 unterzeichnete Reichskonkordat der zweite außenpolitische Vertrag der Hitler-Regierung.

Darüber hinaus, so Eterovic, trug der Vertrag dazu bei, das kirchliche Leben in Deutschland zu sichern, auch wenn er den nationalsozialistischen Kirchenkampf nicht verhindert habe.

"Aus diesem Grund betonte ich am Anfang: 'Der Heilige Stuhl blickt heute mit Zufriedenheit auf das Bestehen dieses Konkordats zurück!'", sagte Eterovic und hob das anhaltende Engagement der Kirche für aufrichtige bilaterale Vereinbarungen in Freiheit und Verantwortung hervor.

Der Historiker Jan Wille schlägt in einem heute auf “katholisch.de” veröffentlichten Beitrag vor, dass die gegenwärtige Transformation der Kirche und die Fragen der Europäisierung des Kirchenstaatsrechts es ratsam machen, zumindest eine Reform des Vertrags in Betracht zu ziehen.

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Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt Papst Pius XII. das Reichskonkordat gegen die Einwände vieler Beobachter aufrecht. Der Papst argumentierte, dass der Vertrag immer noch gültig und für die Kirche nützlich sei, aber einige Historiker stellen seine Motive und Handlungen während und nach dem Krieg in Frage.

Das Reichskonkordat ist heute noch in Kraft, da es von keiner der beiden Parteien formell aufgehoben wurde. Einige seiner Bestimmungen wurden jedoch durch spätere Vereinbarungen oder Gesetze geändert, wie z.B. durch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und Konkordate mit einzelnen Staaten.

Nuntius Eterovic stellte fest, der der Heilige Stuhl habe 241 gültige Konkordatsverträge mit 74 Staaten abgeschlossen. In der Bundesrepublik Deutschland sei das Reichskonkordat aufgrund der föderalen Struktur dieses Staates nur einer von insgesamt 15 gültigen Konkordatsverträgen.

 

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