Papst Franziskus bei Weltjugendtag: „In Gottes Augen sind wir wertvolle Kinder“

Papst Franziskus am 3. August 2023 beim Weltjugendtag in Lissabon
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch

Am frühen Donnerstagabend wurde Papst Franziskus offiziell beim Weltjugendtag in Lissabon willkommen geheißen, nachdem er bereits am Vortag in Portugal angekommen war. In seiner ersten direkt an die jungen Menschen gerichteten Ansprache betonte das Kirchenoberhaupt: „In Gottes Augen sind wir wertvolle Kinder, die er jeden Tag ruft, um sie zu umarmen und zu ermutigen; um aus jedem von uns ein einzigartiges und originelles Meisterwerk zu machen, dessen Schönheit wir bloß erahnen können.“

„Helfen wir uns auf diesem Weltjugendtag gegenseitig, diese grundlegende Wirklichkeit zu erkennen“, rief der Pontifex die Jugend auf. „Mögen diese Tage ein lebendiges Echo von Gottes Liebesruf sein, weil wir in seinen Augen wertvoll sind, ungeachtet dessen, was unsere Augen manchmal sehen, die durch Negatives getrübt und durch so viele Ablenkungen geblendet sind. Mögen es Tage sein, in denen dein Name durch Brüder und Schwestern so vieler Sprachen und Nationen, die ihn in Freundschaft aussprechen, als einzigartige Nachricht in der Geschichte erklingt, denn Gottes Herzschlag ist einzigartig für dich. Mögen es Tage sein, in denen wir in unseren Herzen einprägen, dass wir so geliebt sind, wie wir sind.“

Der Papst unterstrich vor einer halben Million Menschen die Bedeutung der Aussage der Heiligen Schrift, dass jeder Einzelne von Gott beim Namen gerufen sei, und kontrastierte dies mit der virtuellen Welt, die er bereits in mehreren Ansprachen in Portugal kritisiert hatte.

„Lieber Freund, liebe Freundin, wenn Gott dich beim Namen ruft, bedeutet das, dass du für ihn keine Nummer bist, sondern ein Gesicht“, sagte Franziskus. „Ich möchte dich auf etwas hinweisen: Viele kennen heute deinen Namen, aber sie rufen dich nicht beim Namen. Tatsächlich ist dein Name bekannt, er taucht in sozialen Netzwerken auf, er wird von Algorithmen verarbeitet, die mit ihm Geschmäcker und Vorlieben verknüpfen.“

„Bei all dem geht es allerdings nicht um deine Einzigartigkeit ein, sondern um deine Nützlichkeit für Marktanalysen“, warnte er. „Wie viele Wölfe verstecken sich hinter einem Lächeln falscher Güte; sie behaupten, zu wissen, wer du bist, aber sie wollen dir nichts Gutes; sie erwecken den Eindruck, dass sie an dich glauben und versprechen dir, dass aus dir jemand wird, um dich dann allein zu lassen, sobald du nicht mehr von Interesse bist. Das sind die Illusionen des Virtuellen, und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht täuschen lassen, denn viele Wirklichkeiten, die uns anziehen und Glück versprechen, entpuppen sich dann als das, was sie sind: vergängliche, überflüssige Dinge, Surrogate, die im Inneren eine Leere hinterlassen. Jesus tut das nicht: Er vertraut auf dich, für ihn zählst du.“

Die Kirche umfasse die Gerufenen, nicht die Besten, stellte der Papst klar: „Wir sind die Gemeinschaft der Brüder und Schwestern Jesu, Söhne und Töchter desselben Vaters.“ Es gebe in der Kirche Platz für alle, und wenn es keinen gebe, „dann sehen wir bitte zu, ihn zu schaffen, auch für die, die Fehler machen, die fallen, die Mühe haben“, forderte er.

Der Pontifex lud die Teilnehmer des Weltjugendtags ein, „die wichtigen Fragen, die ihr in euch tragt, die eure Träume, eure Gefühle, eure größten Wünsche, eure Hoffnung und den Sinn des Lebens betreffen, nicht für euch“ zu behalten, sondern „an Jesus“ zu richten. „Tragt ihm eure Fragen vor und vertraut ihm eure Geheimnisse an, das Leben der Personen, die euch am Herzen liegen, die Freuden und Sorgen und auch die Probleme eurer Länder und der Welt.“

„Dann werdet ihr etwas Neues, Überraschendes entdecken“, versprach Papst Franziskus. „Wenn man sich den Herrn mit einer Bitte wendet, wenn man ihm jeden Tag das Herz öffnet, wenn man wirklich betet, dann findet eine innere Umwälzung statt. Es geschieht, dass Gott dich im Dialog des Gebets überrumpelt: Du stellst Fragen und er gibt dir keine einfachen Antworten, denn er ist keine Suchmaschine, sondern der wahre Freund. Vielmehr richtet auch er Bitten an dich: Du bittest ihn um das, was du brauchst, und fängst an, in dir andere Anfragen wahrzunehmen, nämlich die seinen, welche die wunden Punkte der Seele berühren und zum Guten anregen, die dich zu einer größeren Liebe hinziehen und das Herz aufgehen lassen. So tritt Gott in einen Dialog mit uns ein und lässt uns in dem reifen, worauf es wirklich ankommt: die Hingabe des Lebens.“

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„Wir alle haben unsere Ängste, darum geht es nicht“, sagte der Papst. „Wir sind menschlich. Es geht darum, wie wir mit der Furcht, die wir haben, umgehen. Gott ruft uns gerade in unseren Ängsten, in unserer Verschlossenheit und Einsamkeit. Er ruft nicht diejenigen, die sich fähig fühlen, sondern er befähigt diejenigen, die er ruft.“

So habe Gott „Wunderbares mit Abraham gewirkt, der alt war und sich am Ziel angekommen wähnte, mit Mose, der Angst hatte zu sprechen, weil er stotterte, mit Petrus, der impulsiv war und oft Fehler machte, mit Paulus, der sich großer Missetaten schuldig gemacht hatte. Keiner von ihnen war vollkommen, aber sie alle haben sich an den Herrn gebunden. Sie waren mit ihm ‚verbunden‘. Dies ist das Geheimnis: mit dem Herrn verbunden bleiben.“

Die Muttergottes sei dabei „eine große Hilfe“, denn sie ist „großartigste Geschöpf der Geschichte“, schloss der Pontifex seine Ansprache. „Sie lehrt uns, wie man im Leben wandelt, aber darüber werden wir am Samstagabend sprechen“, kündigte er mit Blick auf die Vigil vor der großen Abschlussmesse am Sonntagmorgen an.

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