Vor 87 Jahren schrieb Pius XI. Enzyklika „Mit brennender Sorge“ gegen Nationalsozialismus

Papst Pius XI. in einer Aufnahme um das Jahr 1922
Nicola Perscheid / Museum für Kunst / Wikimedia (CC0)

Heute vor 87 Jahren hat Papst Pius XI. die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ unterzeichnet. Aktualität gewinnt das Dokument durch die jüngst veröffentlichte Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), in der die deutschen Bischöfe erneut vor dem Erstarken einer völkisch-nationalistischen Ideologie warnen.

Pius XI. richtete sich 1937 – in den deutschen Kirchen verlesen wurde „Mit brennender Sorge“ erst am 21. März, dem Palmsonntag – mit seiner Enzyklika vor allem gegen die – materialistisch und heidnisch geprägte – Ideologie der Nationalsozialisten, die 1933 in Deutschland an die Macht gekommen waren. Er zeigte theologisch und philosophisch klar auf, warum diese Ideologie mit dem christlichen Glauben unvereinbar ist.

„Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche […] inmitten des Landes und des Volkes, dem St. Bonifatius einst die Licht- und Frohbotschaft von Christus und dem Reiche Gottes gebracht hat“, lauten die einleitenden Worte des Papstes. Die Machenschaften der Nazis hätten „von Anfang an kein anderes Ziel […] als den Vernichtungskampf“ gehabt.

Die Enzyklika geht am Anfang auch kurz auf das Reichskonkordat ein, welches in Rom im Jahr 1933 zwischen Hitler-Deutschland und dem Heiligen Stuhl geschlossen wurde.

„Trotz mancher schwerer Bedenken haben Wir daher Uns damals den Entschluß abgerungen, Unsere Zustimmung nicht zu versagen. Wir wollten Unsern treuen Söhnen und Töchtern in Deutschland […] die Spannungen und Leiden ersparen, die andernfalls […] mit Gewissheit zu erwarten gewesen wären“, heißt es dazu in der Enzyklika.

Laut Erzbischof Nikola Eterović, der gegenwärtig als Apostolischer Nuntius, also als Papstbotschafter, in Deutschland dient, trug das Reichskonkordat dazu bei, „das kirchliche Leben in Deutschland zu sichern, auch wenn er den nationalsozialistischen Kirchenkampf nicht verhindert hat“.

Pius XI. räumt mit Irrtümern der Nationalsozialisten auf

Pius XI. geht in der Enzyklika auf den „reinen Gottesglauben“ ein. Die Nationalsozialisten missbrauchten in ihren Reden und ihrer Propaganda den Begriff Gott, um auch christliche Unterstützer zu gewinnen.

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Dazu sagt der Papst: „Gottgläubig ist nicht, wer das Wort Gottes rednerisch gebraucht, sondern nur, wer mit diesem hehren Wort den wahren und würdigen Gottesbegriff verbindet.“

Wer „in pantheistischer Verschwommenheit Gott mit dem Weltall gleich setzt, Gott in der Welt verweltlicht und die Welt in Gott vergöttlicht“, der gehöre „nicht zu den Gottgläubigen“, so der Papst.

Der Nationalsozialismus habe nach „angeblich altgermanisch-vorchristlicher Vorstellung“ das „düstere unpersönliche Schicksal an die Stelle des persönlichen Gottes“ gerückt und leugne damit Gottes Weisheit und Vorsehung.

Alle menschlichen Ideologien, die den Staat, das Volk oder die Rasse, die Träger der Staatsgewalt oder andere Prinzipien „zur höchsten Norm aller“ erklären, der „verkehrt und fälscht die von Gott geschaffene und von Gott befohlene Ordnung der Dinge“. Papst Pius XI. setzt diese Ideologien mit einem „Götzenkult“ gleich.

„Dieser Gott hat in souveräner Fassung seine Gebote gegeben. Sie gelten unabhängig von Zeit und Raum, von Land und Rasse“, so der Papst wörtlich.

Es könnten nur „oberflächliche Geister“ einer solchen „Irrlehre“ verfallen, die von einem „nationalen Gott“ oder einer „nationalen Religion“ sprechen.

Offenbarung und Naturrecht

„Die Bischöfe der Kirche Christi, aufgestellt für das, was sich auf Gott bezieht, müssen darüber wachen, daß solche verderblichen Irrtümer, denen noch verderblichere Praktiken auf dem Fuße zu folgen pflegen, innerhalb der Gläubigen nicht Boden fassen“, erklärte Pius XI.

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Jesus Christus sei der „erreichte Höhepunkt der Offenbarung“ und damit „endgültig“. Die Offenbarung kenne „keine Nachträge durch Menschenhand“: „Die göttliche Sendung der Kirche, die unter Menschen wirkt und durch Menschen wirken muß, mag schmerzlich verdunkelt werden durch das Menschlich-Allzumenschliche, das zu zeiten immer und immer wieder als Unkraut unter dem Weizen des Gottesreiches durchwuchert.“

Keine Zeitepoche, kein Einzelner, keine Gemeinschaft sei „frei von der Pflicht ehrlicher Gewissenserforschung, unerbittlicher Läuterung, durchgreifender Erneuerung in Gesinnung und Tat“.

Es genüge nicht nur zur Kirche Christi zu zählen, man müsse auch „lebendiges Glied dieser Kirche sein – im Geiste und in der Wahrheit“.

Zur Erneuerung der Kirche heißt es: „Jede wahre und dauernde Reform ging letzten Endes vom Heiligtum aus“. Und weiter: „Wo der Reformeifer nicht aus dem reinen Schoß persönlicher Lauterkeit geboren wurde, sondern Ausdruck und Ausbruch leidenschaftlicher Anwandlungen war, hat er verwirrt, statt zu klären; niedergerissen, statt aufzubauen; ist er nicht selten der Ausgangspunkt für Irrwege gewesen, die verhängnisvoller waren als die Schäden, die man zu bessern beabsichtigte oder vorgab.“

Papst Pius XI. klagt auch die Umdeutung vieler christlicher Begriffe durch die Nationalsozialisten an. Beispielsweise erwähnt er das Wort „Unsterblichkeit“, welches gerne für Propaganda – wie die „Unsterblichkeit des deutschen Volkes“ – gebraucht wurde.

Darauf antwortet der Papst: „Unsterblichkeit im christlichen Sinn ist das Fortleben des Menschen nach dem irdischen Tode als persönliches Einzelwesen – zum ewigen Lohn oder zur ewigen Strafe. Wer mit dem Worte Unsterblichkeit nichts anderes bezeichnen will als das kollektive Mitfortleben im Weiterbestand seines Volkes für eine unbestimmt lange Zukunft im Diesseits, der verkehrt und verfälscht eine der Grundwahrheiten des christlichen Glaubens […]“

Auch zur verkehrten Sittenlehre der Nationalsozialisten schreibt er: „Auf dem wahren und rein bewahrten Gottesglauben ruht die Sittlichkeit der Menschheit. Alle Versuche, die Sittenlehre und sittliche Ordnung vom Felsenboden des Glaubens abzuheben und auf dem wehenden Flugsand menschlicher Normen aufzubauen, führen früher oder später Einzelne und Gemeinschaften in moralischen Niedergang.“

Der Papst weiter: „Wir denken hier besonders an das sogenannte Naturrecht, das vom Finger des Schöpfers selbst in die Tafeln des Menschenherzens geschrieben wurde und von der gesunden, durch Sünde und Leidenschaft nicht verblendeten Vernunft von diesen Tafeln abgelesen werden kann.“

An den Geboten des Naturrechts könne jedes positive Recht „auf seinen sittlichen Gehalt […] nachgeprüft werden“, betont der Pontifex, der 1939 wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs starb.