Theologe Nass: „Gut, dass die CDU das Christliche nicht ganz abstreift“

Elmar Nass
screenshot / YouTube / K-TV Katholisches Fernsehen

Der Priester und Theologe Elmar Nass hat das neue Grundsatzprogramm der CDU gewürdigt: Als Volkspartei müsse die CDU „sicher“ offen sein für andere religiöse Ansätze sowie für das Erbe der Aufklärung, „aber ich finde es gut, dass die CDU das Christliche nicht ganz abstreift“.

Nass, der an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie den Lehrstuhl für christliche Sozialwissenschaften und gesellschaftlichen Dialog innehat, sprach am Montag im Kölner Domradio noch über den Entwurf des neuen Grundsatzprogramms. Am Dienstagabend verabschiedete der Parteitag der CDU das neue Programm. Der Parteitag geht am Mittwochnachmittag zu Ende.

„Das Christliche bleibt der Grund für die Werte der CDU und der Kompass für die christliche Begründung“, erläuterte Nass. Aus dem Christlichen könne ein bestimmtes Menschenbild mit den entsprechenden Menschenrechten, allen voran die Unantastbarkeit der Menschenwürde, abgeleitet werden.

„Menschen mit anderen Weltanschauungen bleiben eingeladen, in der CDU mitzumachen, wenn sie trotz eventuell anderer Begründung zu gleichen Ergebnissen kommen“, betonte er. „Die CDU versucht Menschen mit unterschiedlichen Weltanschauungen, aber gleichen Werten zu gewinnen. Die Begründung kann eine andere sein. Doch für die CDU ist es nach wie vor das christliche Menschenbild. Das finde ich gut und positiv.“

Am Sonntag hatte Erzbischof Stefan Heße, der Sonderbeauftrage der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für Flüchtlingsfragen, sich in einem gemeinsam mit dem protestantischen Bischof Christian Stäblein für die „Welt am Sonntag“ verfassten Beitrag an dem Satz gestoßen: „Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen.“

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

Sollte die CDU beim gegenwärtig laufenden Bundesparteitag den Satz beschließen, so Heße und Stäblein, „würde die CDU einen radikalen Bruch mit ihrem humanitären Erbe im Flüchtlingsschutz vollziehen. Dass auch in der FDP der Ruf nach der Auslagerung von Asylverfahren laut geworden ist, macht die Sache nicht besser.“

Mit dem CDU-Programm gelte, zeigten sich Heße und Stäblein überzeugt: „Deutschland und die EU würden sich aus der gemeinsamen internationalen Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen verabschieden. Die Genfer Flüchtlingskonvention würde an entscheidender Stelle geschwächt. Das individuelle Recht auf Asyl, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und im Grundgesetz festgeschrieben ist, würde in Deutschland de facto abgeschafft, da hier keine Prüfung der Schutzbedürftigkeit mehr stattfände.“

„Das Konzept der ‚sicheren Drittstaaten‘ im CDU-Entwurf unterscheidet sich fundamental vom Prinzip im geltenden Recht, das eine belastbare Verbindung des Schutzsuchenden zum sicheren Drittstaat fordert“, argumentierten Heße und Stäblein. „Eine derartige Verbindung fehlt aber fast immer, wenn man den Flüchtlingsschutz nach dem ‚Ruanda-Modell‘ auslagert. Ein Land wird nicht sicher, nur weil man es aufgrund der eigenen Interessenlage dazu erklärt.“

Mehr in Deutschland - Österreich - Schweiz

Nass betonte demgegenüber: „Was mich irritiert und ich nicht angemessen finde, ist, in welcher Schärfe die Kritik geäußert wird. Der CDU vorzuwerfen, dass sie unchristlich wäre und eine Politik des Nationalismus und ethnischer Arroganz vertreten würde, geht zu weit. Wir müssen gut aufpassen, dass wir nicht die gute Dialogkultur verlassen und an die Stelle eine neue Arroganz einer kleinen Gruppe setzen, die behauptet, sie wisse allein, was christlich ist und was nicht.“

„Ich glaube, man kann der CDU deswegen nicht unterstellen, dass sie das Christliche aufgibt“, zeigte sich Nass überzeugt. „Gleichwohl man den Drittstaaten-Vorschlag kritisch diskutieren muss. Man kann aber nicht pauschal behaupten, das sei unchristlich. Eine solche Form der Kritik verlässt den demokratischen Stil einer Diskussion.“